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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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sie einen Hai gefangen.
      «Niemand behauptet, Sie hätten nichts bezahlt», sagt Georg. «Wir haben nur gesagt, es liege ebensowenig etwas Schrifliches darüber vor wie über die Bestellung.»
      Ralph erholt sich. «Na also.»
      «Im übrigen», erklärt Georg, «sind wir bereit, das Denkmal zurückzunehmen, wenn Sie es nicht haben wollen.»
      «Na also», wiederholt Ralph. Frau Niebuhr nickt eifrig. Ich starre Georg an. Das Mausoleum wird ein zweiter Ladenhüter werden; ein Bruder des Obelisken.
      «Und die Anzahlung?» fragt Ralph.
      «Die Anzahlung verfällt natürlich», sage ich. «Das ist immer so.»
      «Was?» Ralph zieht die Weste herunter und straf sich. Ich sehe, daß auch seine Hosen zu kurz und zu eng sind. «Das wäre ja gelacht!» sagt er. «So wird bei uns nicht geschossen.»
      «Bei uns auch nicht. Gewöhnlich haben wir Kunden, die abnehmen, was sie bestellen.»
      «Wir haben ja gar nichts bestellt», mischt sich Emilie mit neuem Mut ein. Die Kirschen auf ihrem Hut wippen. «Außerdem war der Preis viel zu hoch.»
      «Ruhe, Emilie!» schnauzt Ralph. Sie duckt sich, erschreckt und selig über so viel Männlichkeit. «Es gibt noch Gerichte», fügt Ralph drohend hinzu.
      «Das hoffen wir.»
      «Führen Sie Ihre Bäckerei auch nach Ihrer Ehe weiter?» fragt Georg Emilie.
      Die ist so erschrocken, daß sie wortlos ihren Verlobten anblickt.
      «Klar», erwidert Ralph. «Neben unseren Industriegeschäfen natürlich. Warum?»
      «Die Brötchen und der Kuchen waren immer besonders gut.»
      «Danke», sagt Emilie geziert. «Und wie ist es mit der Anzahlung?»
      «Ich mache Ihnen einen Vorschlag», erklärt Georg und läßt plötzlich seinen Charme spielen. «Liefern Sie uns einen Monat lang jeden Morgen zwölf Brötchen und jeden Nachmittag sechs Stücke Obstkuchen gratis – dann zahlen wir Ihnen am Ende des Monats die Anzahlung zurück, und Sie brauchen das Mausoleum nicht zu nehmen.»
      «Gemacht», sagt Frau Niebuhr sofort.
      «Ruhe, Emilie!» Ralph knuf sie in die Rippen. «Das möchten Sie wohl», sagt er gifig zu Georg. «In einem Monat zurückzahlen! Und was ist dann das Geld noch wert?»
      «Nehmen Sie das Denkmal», erwidere ich. «Uns soll es recht sein.»
      Der Kampf dauert noch eine Viertelstunde. Dann schließen wir einen Vergleich. Wir zahlen die Hälfe der Anzahlung sofort zurück. Den Rest in zwei Wochen. Die Lieferung in Naturalien bleibt bestehen. Ralph kann nichts gegen uns machen. Die Inflation ist für einmal auf unserer Seite. Zahlen sind Zahlen vor Gericht, immer noch, ganz gleich, was sie bedeuten. Wollte er auf Rückzahlung klagen, so würde Emilie ihr Geld vielleicht in einem Jahr zugesprochen bekommen – immer noch dieselbe, dann völlig wertlose Summe. Ich verstehe Georg jetzt – wir kommen gut bei dem Geschäf weg. Die Anzahlung gilt nur noch ein Bruchteil von dem, was sie wert war, als wir sie erhielten.
      «Was machen wir aber mit dem Mausoleum?» frage ich ihn, nachdem die Verlobten fort sind. «Wollen wir es als Privatkapelle benutzen?»
      «Wir ändern das Dach etwas. Kurt Bach kann einen trauernden Löwen draufsetzen oder einen marschierenden Soldaten – zur Not auch einen Engel oder die weinende Germania –, zwei der Fenster nehmen wir raus und ersetzen sie durch Marmorplatten, auf die Namen eingemeißelt werden können – und damit ist das Mausoleum –»
      Er hält inne. «Ein kleineres Kriegerdenkmal», ergänze ich. «Aber Kurt Bach kann keine frei stehenden Engel modellieren – auch keine Soldaten und keine Germania. Er kann sie höchstens im Relief. Wir müssen bei unserem alten Löwen bleiben. Dafür ist aber das Dach zu schmal. Ein Adler wäre besser.»
      «Wozu? Der Löwe kann eine Pfote über das Postament herunterhängen lassen. Dann geht es.»
      «Wie wäre es mit einem Bronzelöwen? Die Metallwarenfabriken liefern Bronzetiere in allen Größen.»
      «Eine Kanone», sagt Georg sinnend. «Eine zerschossene Kanone wäre mal was Neues.»
      «Nur für ein Dorf, in dem nichts anderes als Artilleristen gefallen sind.»
      «Hör zu», sagt Georg. «Laß deine Phantasie spielen. Mach ein paar Zeichnungen, möglichst groß und am besten farbig. Wir werden dann sehen!»
      «Wie wäre es, wenn wir den Obelisken in das Arrangement hineinarbeiten könnten? Dann schlügen wir zwei Fliegen mit einer Klappe.»
      Georg lacht. «Wenn du das fertigbringst, bestelle ich für dich als

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