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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Heimat.»
      Wir finden Bambuss, wie er sich an einer Brücke über den Bach festhält und den Fischen predigt.
      «Ist dir schlecht, Franziskus?» fragt Hungermann.
      «Jawohl», erwidert Bambuss und kichert, als wäre das irrsinnig komisch. Dann klappert er mit den Zähnen.
      «Kalt», stammelt er. «Ich bin kein Freilufmensch.»
      Willy zieht eine Flasche Kümmel aus der Tasche. «Wer rettet euch mal wieder? Onkel Willy, der Umsichtige. Rettet euch vor Lungenentzündung und kühlem Tod.»
      «Schade, daß wir Eduard nicht dabei haben», sagt Hungermann. «Sie könnten ihn dann auch retten und mit Herrn Valentin Busch ein Kompaniegeschäf aufmachen. Die Retter Eduards. Das würde ihn töten.»
      «Lassen Sie die faulen Witze», sagt Valentin, der hinter ihm steht. «Kapital sollte Ihnen heilig sein, oder sind Sie Kommunist? Ich teile mit niemandem. Eduard gehört mir.»
      Wir trinken alle. Der Kümmel funkelt wie ein gelber Diamant im Mondlicht. «Wolltest du noch irgendwohin?» frage ich Willy.
      «Zu Bodo Ledderhoses Gesangverein. Kommt mit. Ihr könnt euch da trocknen.»
      «Großartig», sagt Hungermann.
      Es kommt keinem in den Sinn, daß es einfacher wäre, nach Hause zu gehen. Nicht einmal dem Dichter des Todes. Flüssigkeit scheint heute abend eine mächtige Anziehungskraf zu haben.
      Wir gehen weiter, den Bach entlang. Der Mond schimmert im Wasser. Man kann ihn trinken – wer hat das noch irgendwann einmal gesagt?

    XV

    Der späte Sommer hängt schwül über der Stadt, der Dollar ist um weitere zweihunderttausend Mark gestiegen, der Hunger hat sich gemehrt, die Preise haben sich erhöht, und das Ganze ist sehr einfach: Die Preise steigen schneller als die Löhne – also versinkt der Teil des Volkes, der von Löhnen, Gehältern, Einkommen, Renten lebt, mehr und mehr in hoffnungsloser Armut, und der andere erstickt in Ungewissem Reichtum. Die Regierung sieht zu. Sie wird durch die Inflation ihre Schulden los; daß sie gleichzeitig das Volk verliert, sieht niemand.
    Das Mausoleum für Frau Niebuhr ist fertig. Es ist scheußlich,
    eine Steinbude mit farbigem Glas, Bronzeketten und Kieswegen, obschon keine der Bildhauerarbeiten gemacht worden ist, die ich ihr geschildert habe; aber jetzt will sie es plötzlich nicht abnehmen. Sie steht im Hof, einen bunten Sonnenschirm in der Hand, einen Strohhut mit lackierten Kirschen auf dem Kopf und eine Kette von falschen Perlen um den Hals. Neben ihr steht ein Individuum in einem etwas zu engen karierten Anzug, das Gamaschen über den Schuhen trägt. Der Blitz hat eingeschlagen, die Trauer ist vorbei, Frau Niebuhr hat sich verlobt. Niebuhr ist ihr mit einem Schlage gleichgültig geworden. Das Individuum heißt Ralph Lehmann und nennt sich Industrieberater. Für den eleganten Vornamen und den Beruf ist der Anzug ziemlich stark abgetragen. Die Krawatte ist neu; ebenso die orangefarbenen Strümpfe – wahrscheinlich sind es die ersten Geschenke der glücklichen Braut.
      Der Kampf wogt hin und her. Frau Niebuhr behauptet anfangs, das Mausoleum überhaupt nicht bestellt zu haben. «Haben Sie etwas Schrifliches?» fragt sie triumphierend.
      Wir haben nichts Schrifliches. Georg erklärt milde, das sei nicht nötig in unserem Beruf. Beim Tode sei Treu und Glauben noch gültig. Wir hätten außerdem ein Dutzend Zeugen. Frau Niebuhr habe unsere Steinmetzen, unseren Bildhauer und uns selbst verrückt genug gemacht mit all ihren Ansprüchen. Außerdem habe sie ja eine Anzahlung geleistet.
      «Das ist es ja gerade», erklärt Frau Niebuhr mit schöner Logik. «Die Anzahlung wollen wir zurückhaben.»
      «Sie haben das Mausoleum also bestellt?»
      «Ich habe es nicht bestellt. Ich habe es nur anbezahlt.»
      «Was sagen Sie zu dieser Erklärung, Herr Lehmann?» frage ich. «In Ihrer Eigenschaf als Industrieberater.»
      «Das gibt’s», erwidert Ralph als Kavalier und will uns den Un terschied erklären. Georg unterbricht ihn. Er erklärt, daß über die Vorauszahlung auch nichts Schrifliches vorliege. «Was?» Ralph wendet sich an Frau Niebuhr. «Emilie! Du hast keine Quittung?»
      «Ich weiß nicht», stottert Frau Niebuhr. «Wer kann denn wissen, daß die hier auf einmal behaupten, ich hätte nichts bezahlt! Solche Betrüger!»
      «So eine Dämlichkeit!»
      Emilie verkleinert sich. Ralph starrt sie wütend an. Er ist plötzlich kein Kavalier mehr. Lieber Gott, denke ich, vorher hatte sie einen Walfisch – jetzt hat

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