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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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heraus.
      Er ist erblaßt. Seine feisten Backen hängen plötzlich herunter, seine Schultern hängen, seine Lippen, seine Locken, ja selbst sein Bauch hängt. Er ist im Handumdrehen eine fette Trauerweide geworden.
      Der Mann, der das alles verursacht hat, heißt Valentin Busch. Er ist neben Georg und mir die dritte Pest in Eduards Dasein, und nicht nur das – er ist Pest, Cholera und Paratyphus zusammen. «Du siehst blühend aus, mein Junge», erklärt Valentin Busch herzlich.
      Eduard lacht hohl. «Aussehen macht es nicht. Man wird aufgefressen von Steuern, Zinsen und Dieben –»
      Er lügt. Steuern und Zinsen bedeuten im Zeitalter der Inflation überhaupt nichts; man zahlt sie nach einem Jahr, das heißt, so gut wie überhaupt nicht. Sie sind dann längst entwertet. Und der einzige Dieb, den Eduard kennt, ist er selbst.
      «An dir ist wenigstens was dran zu fressen», erwidert Valentin lächelnd und erbarmungslos. «Das dachten die Würmer in Flandern auch, als sie schon auszogen, dich zu holen.»
      Eduard windet sich. «Was soll es sein, Valentin?» fragt er. «Ein Bier? Bier ist das beste gegen die Hitze.»
      «Mir ist es nicht zu heiß. Aber das Beste ist gerade gut genug, um zu feiern, daß du noch lebst, da hast du recht. Gib mir eine Flasche Johannisberger Langenberg, Wachstum Mumm, Eduard.»
      «Der ist ausverkauf.»
      «Er ist nicht ausverkauf. Ich habe mich bei deinem Kellermeister erkundigt. Du hast noch über hundert Flaschen davon. Welch ein Glück, daß es meine Lieblingsmarke ist!»
      Ich lache. «Was lachst du?» schreit Eduard wütend. «Gerade du hast keinen Grund dazu. Blutegel! Blutegel seid ihr alle! Blutet mich weiß! Du, dein Bonvivant von Grabsteinhändler und du, Valentin! Blutet mich weiß! Ein Kleeblatt von Schmarotzern!»
      Valentin blinzelt mir zu und bleibt ernst. «So, das ist also der Dank, Eduard! Und so hältst du dein Wort! Hätte ich das gewußt, damals –»
      Er krempelt seinen Ärmel hoch und betrachtet eine lange, zackige Narbe. Er hat Eduard 97 im Kriege das Leben gerettet. Eduard, der Küchenunteroffizier gewesen war, war damals plötzlich abgelöst und an die Front geschickt worden. Schon in den ersten Tagen erwischte der Elefant auf einer Patrouille im Niemandsland einen Schuß durch die Wade und gleich darauf einen zweiten, bei dem er viel Blut verlor. Valentin fand ihn, band ihn ab und schleppte ihn in den Graben zurück. Dabei erhielt er selbst einen Splitter in den Arm. Aber er rettete Eduards Leben, der sonst sicher verblutet wäre. Eduard, in überströmender Dankbarkeit, bot Valentin damals an, er könne sein Leben lang im «Walhalla» essen und trinken, was er wolle. Valentin schlug mit der linken, unverwundeten Hand ein. Georg Kroll und ich waren Zeugen.
      Das alles sah 97 noch harmlos aus. Werdenbrück war weit, der Krieg nah, und wer wußte schon, ob Valentin und Eduard jemals wieder zum «Walhalla» zurückkommen würden? Sie kamen; Valentin, nachdem er noch zweimal verwundet worden war, Eduard fett und rund, als wiedereingesetzter Küchenbulle. Im Anfang war Eduard tatsächlich dankbar und spendierte, wenn Valentin zu Besuch kam, ab und zu sogar deutschen Sekt, der nicht mehr schäumte. Doch die Jahre begannen zu zehren. Valentin etablierte sich nämlich in Werdenbrück. Er hatte vorher in einer anderen Stadt gelebt; jetzt zog er in eine kleine Bude nahe beim «Walhalla» und erschien pünktlich zum Frühstück, zum Mittagessen und zum Abendbrot bei Eduard, der bald sein leichtfertiges Versprechen bitter bereute. Valentin war ein guter Esser, besonders deshalb, weil er ja keine Sorgen mehr hatte. Eduard hätte sich vielleicht noch halbwegs über das Futter hinweggetröstet; doch Valentin trank auch, und allmählich entwickelte er Kennerschaf und feinen Geschmack für Wein. Vorher hatte er Bier getrunken; jetzt trank er nur noch Kellerabzüge und brachte Eduard dadurch natürlich ganz anders zur Verzweiflung als wir mit unseren armseligen Eßmarken.
      «Also schön», sagt Eduard trostlos, als Valentin ihm seine Narbe entgegenhält. «Aber Essen und Trinken heißt Trinken zum Essen, nicht zwischendurch. Trinken zwischendurch habe ich nicht versprochen.»
      «Sieh dir diesen erbärmlichen Krämer an», erwidert Valentin und stößt mich an. «97 hat er nicht so gedacht. Da hieß es: Valentin, liebster Valentin, rette mich, ich gebe dir auch alles, was ich habe!»
      «Das ist nicht wahr! Das

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