Der Schwarze Orden
würde mich aber sehr wundern«, entgegnete Paula amüsiert.
»Kane sah keineswegs müde aus«, bemerkte sie den anderen gegenüber, nachdem sie in der Hotelhalle Platz genommen hatten.
»Das ist er auch nicht«, bestätigte ihr Tweed. »Er hat sich bestimmt auf sein Zimmer zurückgezogen, um zu arbeiten. Wie ich kann er sich vermutlich um diese Zeit am besten konzentrieren. Wahrscheinlich arbeitet er an irgendeiner Methode, wie sich ein Angriff mit bakteriologischen Kampfstoffen am besten abwehren läßt.«
Sobald er in seinem Zimmer war, schloß Christopher Kane die Tür ab und zog sein Jackett aus. Dann setzte er sich auf die Bettkante, griff nach dem Telefon und begann zu wählen. Die Person, die er erreichen wollte, meldete sich auf der Stelle.
»Hier Christopher. Ich brauche ausführliche Informationen, die nur Sie mir geben können. Deshalb, machen Sie es sich schon mal bequem, mein Bester. Es wird ein Weilchen dauern…«
Er telefonierte eine Viertelstunde. Er stellte Fragen. Er machte Vorschläge, erteilte Anweisungen. Betonte immer wieder, wie ernst die Sache war. Kane fiel ein Stein vom Herzen, als ihm die Person am anderen Ende der Leitung schließlich beipflichtete. Er bedankte sich und betonte noch einmal den Ernst der Lage.
Nachdem er aufgelegt hatte, köpfte er eine Flasche Champagner, die er auf dem Weg nach oben von der Bar mitgenommen hatte. Dann schlug er ein Notizbuch auf und begann, alle möglichen Berechnungen anzustellen. Seine Lippen bewegten sich kaum, als er dabei seine Gedanken laut artikulierte.
Tweed hätte alles darum gegeben, dieses Gespräch mithören zu können, aber ich glaube, er wird Verständnis dafür haben. Er weiß, ich bin ein Einzelgänger. Und von diesem Gespräch könnte das Schicksal der westlichen Welt abhängen…
Als Paula gegangen war, um die Anrufe zu erledigen, wirkte Tweed, wenn das überhaupt möglich war, noch energiegeladener. Von Newman, der für seine unerschöpfliche Ausdauer bekannt war, fiel die Anspannung etwas ab, denn er spürte, daß Tweed eine Idee gekommen war.
»Ich werde auch noch zwei Anrufe tätigen.«
»Mit wem wollen Sie so spät noch telefonieren?«
»Zuerst mit Arnos Lodge. Ich werde ihn bitten, morgen früh umgehend nach Genf zu fliegen. Wenn er dazu bereit ist, schicken wir ihm einen Wagen zum Flughafen, der ihn hierher bringt.«
»Wen noch?«
»Willie im Dolder Grand. Ihn werde ich dasselbe bitten.«
»Dorset geht Ihnen wohl nicht mehr aus dem Kopf, wie?«
»Es wäre ein verhängnisvoller Fehler, Dorset außer acht zu lassen. Vergessen Sie nicht, daß Vitorelli mir von einem Kurier erzählt hat, der einen Koffer voll Geld nach Dorset brachte.«
»Sie sind also sicher, das Geld war für Lodge oder Willie bestimmt?«
»Sicher ist im Moment noch gar nichts. Aber wenn Sie wollen, können Sie gerne so lange hier warten, bis ich oben auf meinem Zimmer die Anrufe gemacht habe.
Dann komme ich noch mal nach unten und sage Ihnen, wie die beiden reagiert haben…«
Newman hatte sich eine Zigarette angezündet und eine weitere Tasse Kaffee bringen lassen, als Marler hereinkam. Er setzte sich zu Newman und erzählte ihm von der Begegnung mit dem Schweizer Soldaten und daß das Tor des Chateau d’Avignon nachts geschlossen war.
»Die Sache mit diesem Schweizer Soldaten gefällt mir gar nicht«, bemerkte Newman.
»Als wir in Genf aus dem Zug gestiegen sind, hat einer auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig gewartet.«
»Vielleicht führen die Schweizer gerade ein Manöver durch«, entgegnete Marler und erläuterte ihm seine Theorie.
»In Frankreich? Das kann ich mir nicht vorstellen. Wenn ihn eine französische Polizeistreife entdeckt, würden sie ihn sofort verhören, vermutlich sogar in Gewahrsam nehmen.«
»Ganz genau. Das würde die Übung erschweren. Noch mehr Wachsamkeit von ihm erfordern. Ich sagte Ihnen doch, wie er sich plötzlich in Luft aufgelöst hatte, als ich umkehrte, um nach ihm zu suchen.«
»Sie könnten natürlich recht haben. Aber mit diesem Chateau d’Avignon stimmt irgend etwas nicht. Möglicherweise sitzen Butler und Nield dort in der Falle.«
»Haben Sie schon mal gehört, daß Butler und Nield sich von jemandem in eine Falle haben locken lassen? Nehmen Sie doch nur mal ihr kleines Abenteuer mit diesem Bagger in Osterreich. Und das, obwohl keiner von ihnen bewaffnet war – bis Nield sich die Maschinenpistole des Baggerführers schnappen konnte.«
»Stimmt schon. Aber wenn sie morgen früh nicht
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