Der Schwarze Orden
hatte sie bereits ins Visier genommen, als ein Engländer, »der eine attraktive Frau suchte, die sich ein paar hunderttausend Dollar verdienen wollte«, in der Agentur aufgetaucht war und sie gebeten hatte, ihn nach Dorset zu begleiten.
Das war die Gelegenheit gewesen, sich aus Frankreich abzusetzen. Nach einer Weile war sie in die Slowakei geflogen. Als ihr klargeworden war, was sie tun sollte, hatte sie das seltsame Angebot sofort angenommen. Simone brauchte Geld – viel Geld.
Ein Jahr zuvor hatte sie ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann angefangen. Daß er gebunden war, hatte sie in keiner Weise gestört.
»Schließlich«, vertraute sie einer Freundin an, »ist er reich und großzügig. Und du kennst ja die Männer – sie mögen Abwechslung.«
Doch dann, nach ein paar Monaten, teilte ihr Liebhaber ihr eines Tages mit, es sei aus, er wolle zu seiner Frau zurückkehren. Simone war außer sich. Hätte sie ihm den Laufpaß gegeben, hätte die Sache ganz anders ausgesehen. Aber das konnte sie nicht auf sich sitzen lassen. Am selben Abend ging sie in eine Bar und trank ausnahmsweise extrem viel. Irgendwann wurde ihr klar, was sie tun würde. Um ihr rotes Haar zu verbergen, hatte sie die Bar, die einen etwas zweifelhaften Ruf hatte, mit einer Perücke aufgesucht. Es waren Gerüchte in Umlauf, daß man vom Barmann dort so ziemlich jede Waffe kaufen konnte.
Obwohl sie Unmengen Wein getrunken hatte, war sie im Kopf immer noch vollkommen klar. Sie wartete, bis die Bar fast leer war. Dann sprach sie den Barmann beiläufig an. »Ich muß mich vor jemandem schützen. Können Sie mir eine Waffe und etwas Munition besorgen?«
Dabei hielt sie bereits ein Bündel Geldscheine in ihrer langen, schmalen Hand. Der Barmann hörte nicht auf, Gläser zu polieren, während er sie eindringlich musterte. Sie war klug genug, sonst weiter nichts zu sagen, sondern ihm nur unverwandt in die Augen zu sehen.
»Sie brauchen eine Beretta«, antwortete der Mann schließlich. »Schieben Sie die Hand über den Tresen und lassen Sie das Geld auf meiner Seite los.«
Sie verließ die Bar mit einer geladenen Schußwaffe. Er hatte eine 6.35 mm Beretta ausgesucht, weil es die ideale Waffe für eine Frau war. Leer nur knapp dreihundert Gramm schwer, war sie etwas weniger als zwölf Zentimeter lang und paßte problemlos in jede Handtasche.
Es war schon spät nachts, als sie nicht weit von der Wohnung ihres Geliebten auf der Kellertreppe Stellung bezog. Geld hatte er sich auch noch von ihr geliehen, er schuldete ihr einen hohen Betrag. Als er schließlich auftauchte, sah sie, daß er sich in Begleitung einer anderen Frau befand, bei der es sich jedoch nicht um seine Ehefrau handelte. Bis zu diesem Punkt war sie sich bezüglich ihres Vorgehens noch unschlüssig gewesen.
Doch ihre Zweifel waren verflogen, als das Paar über der Treppe stehenblieb, unter der sie sich versteckt hatte. Der Gutenachtkuß war leidenschaftlich. Ihr Geliebter betatschte seine neue Flamme von oben bis unten. Er winkte einem vorbeifahrenden Taxi, war ihr beim Einsteigen behilflich. Simone wartete, bis das Taxi weggefahren war und Paul die Treppe zu seiner Wohnung hinaufstieg. Sie rannte die Kellertreppe hinauf.
»Paul«, flüsterte sie, »ich finde, wir sollten uns wenigstens noch auf Wiedersehen sagen.«
»Auf Wiedersehen, Simone«, antwortete er mit einem anzüglichen Grinsen.
Die Gummisohlen ihrer Schuhe machten kein Geräusch, als sie ihm die Treppe hinauf folgte. Er fummelte gerade an seinen Schlüsseln herum, als sie ihm den Lauf der Beretta an den Hinterkopf hielt und abdrückte. Als er gegen die Tür sank und zu Boden glitt, feuerte sie weiter, schoß das ganze Magazin leer, bevor sie die Treppe wieder hinunterlief.
Niemand war in der Nähe, als sie die Waffe in ihre Handtasche steckte und davonging.
Zurück in ihrer Wohnung, schenkte sie sich einen Drink ein, dann noch einen. Was sie am meisten überraschte, war, wie leicht es gewesen war. Sie spürte keine Gefühlsreaktion außer Genugtuung.
Es bestand keinerlei Gefahr, daß sie der Tat überführt würde. Wegen seiner Frau hatte sich Paul in anderen Vierteln mit ihr getroffen, vorwiegend in diskreten Cafes, wo niemand sie beide kannte. Ihren amourösen Aktivitäten waren sie in seinem Wagen nachgegangen, außerdem waren sie dazu meistens aufs Land gefahren. Kein Verdacht würde auf sie fallen.
Ähnlich einfach fand sie das Töten auch im Ausbildungsraum in dem Haus in der Slowakei. Sie merkte, daß
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