Der Schwarze Orden
»Oder haben Sie schon vergessen, was passiert ist, als Paula nach Wien flog und von diesem Gangster – wie hieß er noch – in die Slowakei gebracht wurde? Und dann mußten Butler und Nield mit diesem Baggerführer fertig werden. Für Hassan ist das mehr oder weniger ein Heimspiel.«
»Nichtsdestotrotz müssen wir ihn früher oder später dort packen«, entgegnete Tweed.
»Hassan ist mit den dortigen Gegebenheiten bestens vertraut«, fuhr Newman fort. »Er ist eindeutig im Vorteil. Selbst Wien könnte für uns gefährlich werden. Ich kann nur wieder an Paula erinnern – Teufel auch, sie wurde dort um ein Haar auf offener Straße entführt.«
»Paula kann auf sich selbst aufpassen«, bemerkte Paula verärgert.
»Wenn Sie beide einen Moment still wären, könnte ich nachdenken«, sagte Tweed.
»Wir stehen vor einer wichtigen Entscheidung. Vermutlich hängt jetzt alles davon ab, welchen Weg wir einschlagen. Mein Entschluß steht bereits fest. Marler, fahren Sie uns zum Flughafen raus. Ich möchte sehen, ob Tina Langley nach Wien fliegt. Beck hat mir erzählt, einer seiner Leute – Windlin, glaube ich – hat Tina aus dem Dolder Grand abreisen sehen. Und als sie ins Taxi stieg, steckte sie einen Flugschein in ihre Handtasche. Bringen Sie uns auf schnellstem Weg zum Flughafen, Marler.«
Als Willie mit dem Auto in Folkstone eintraf, setzte sich die Wagenschlange, die auf den Autozug wartete, der sie durch den Tunnel nach Calais bringen sollte, gerade in Bewegung. Um besser beobachten zu können, was passierte, ordnete sich Willie jedoch ganz bewußt nicht in die Reihe ein.
Statt dessen stellte er den Wagen auf einem Parkplatz ab und machte sich auf die Suche nach einer Telefonzelle. Er wußte nicht, wo Hassan gerade war, aber er versuchte es zuerst im Dolder Grand. Er hatte richtig geraten, merkte aber rasch, daß Hassan sehr gereizt war.
»Wo stecken Sie?« wollte Hassan wissen. »Warum rufen Sie an? Haben Sie nichts Besseres zu tun?«
»Wenn das so ist, will ich Sie nicht länger stören. Dann fahre ich eben nach London zurück. Ich habe genügend anderes zu tun.«
»Nach London?« stieß Hassan bestürzt hervor. »Ich dachte, Sie wären mit der Probe längst auf dem Festland. Wären Sie also endlich mal so gut, mir zu sagen, was eigentlich los ist.«
»Ich warte in Folkestone.«
»Dürfte ich vielleicht fragen, warum Sie warten?« fragte Hassan höflich.
»Es ist zu einer Verzögerung gekommen.« Willie wählte seine Worte mit Bedacht. »Der Autozug hat Verspätung. Angeblich, weil die Zollfahndung nach einer größeren Lieferung Rauschgift sucht.«
»Verstehe. Aber dadurch verzögert sich doch hoffentlich Ihre Ankunft in Wien nicht?«
»Zumindest nicht viel, würde ich sagen.«
»Halten Sie mich bitte über den weiteren Fortgang auf dem laufenden. Wir müssen den Zeitplan unbedingt einhalten. Wenn Sie mich hier nicht mehr erreichen können, versuchen Sie es im Hotel. Sacher in Wien.«
»Gut. Ich habe beschlossen, über die Schweiz zu fahren.«
»Sie kommen durch Deutschland. Das geht wesentlich schneller.«
»Ich sagte Ihnen doch, ich fahre über die Schweiz. Überlegen Sie doch mal. Mir ist von meinen Kontakten auf dem Festland verschiedenes zu Ohren gekommen. Aber am Telefon kann ich Ihnen das unmöglich sagen. Wiederhören.«
Bevor Hassan ihn fragen konnte, was ihm zu Ohren gekommen war, hatte Willie bereits aufgelegt. Er verließ die Zelle, kehrte zu seinem Wagen zurück, stieg ein und beobachtete, wie die lange Autoschlange im Schneckentempo auf den Autozug fuhr.
Am Flughafen hielt Marler an einer Stelle, wo er parken durfte. Tweed sprang aus dem Wagen und eilte, gefolgt von Paula und Newman, in das Flughafengebäude.
Paula stand dicht neben ihm, als er den Blick über die Menge wandern ließ. Als sein Kopf abrupt innehielt, sah sie in dieselbe Richtung wie er. Tina Langley saß vor einem Imbißstand an einem Tisch und trank eine Tasse Kaffee.
Sie unterhielt sich mit einem gutgekleideten Mann Mitte vierzig. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, war ihr Begleiter völlig hingerissen von ihr. Sie ist ja auch zum Anbeißen angezogen, dachte Paula. Und sogar hier setzt sie ihre Reize ein, um sich einen reichen Mann zu angeln. Paula machte sich keine Gedanken, daß Tina Langley sie erkennen könnte. Auf der Fahrt zum Flughafen hatte sie ihre Haare streng nach hinten gebunden und die Hornbrille mit den falschen Gläsern aufgesetzt, die sie immer bei sich hatte. Diese zwei simplen
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