Der Schwarze Orden
verlassen.«
»Setz dich erst mal. Trink was.« Hassan schenkte ihr ein Glas fast bis zum Rand mit Wein voll. »Wir müssen heute nacht unbedingt hierbleiben. Morgen früh wird dich dann ein Wagen aus Wien wegbringen.«
»Na, Gott sei Dank.«
Tina setzte sich. Ohne einen Tropfen zu verschütten, hob sie das Glas hoch und nahm einen kräftigen Schluck. Hassan war klug genug, fürs erste nichts zu sagen. Tina nahm noch einen Schluck, stellte das Glas ab. Er schenkte ihr nach.
»Ich brauche Geld«, erklärte sie schließlich in forderndem Ton.
»Ich habe im Moment keines mehr. Aber ich gebe dir morgen vor der Abreise welches.
Laß dir alles, was du brauchst, vom Zimmerservice bringen und auf meine Rechnung setzen.«
»Wie großzügig.«
»Morgen früh kann ich großzügig sein.«
»Ich gehe auf mein Zimmer zurück. Für heute abend habe ich genug von Menschen.«
»Sieh zu, daß du deine Sachen gepackt hast und in aller Frühe abreisen kannst.«
»Es kann mir gar nicht früh genug sein.«
Nachdem sie gegangen war, saß Hassan eine Weile nachdenklich da. Dann griff er nach dem Telefon und rief in einem anderen Zimmer des Hotels an. Sein Ton war barsch.
»Carl, du kennst Tina Langleys Zimmernummer. Behalte sie im Auge. Sie darf das Hotel heute abend auf keinen Fall verlassen.«
Hassan trommelte mit seinen dicken Fingern auf die gläserne Tischplatte. Er war sehr nervös. Wenn Tina die Nerven verlor, war ihr durchaus zuzutrauen, daß sie zur Polizei ging. Zumindest würde Carl schon mal bis zum nächsten Morgen auf sie aufpassen.
Hassan brauchte noch etwas Zeit, um mit Big Ben die Falle für Tweed auszutüfteln.
Hassan fluchte. Tweed. Immer wieder Tweed. Tweed beschäftigte ihn inzwischen so sehr, daß er kaum mehr in der Lage war, einen klaren Gedanken zu fassen. Er griff noch einmal nach dem Hörer, diesmal, um Big Ben anzurufen.
Hassan war nicht der einzige, der sich über Tina Gedanken machte. In der Roten Bar war es inzwischen ziemlich leer geworden. Tweed und Paula konnten sich also ungestört unterhalten. Paula trank ihr erstes und einziges Glas Wein aus.
»Ich könnte mir vorstellen, daß Tina schon heute nacht das Sacher verläßt.«
»Falls dem so ist, wird jemand ihr folgen. Nield wartet vor dem Eingang in einem Wagen. Er hat ein Foto von ihr. Newman löst ihn ab.«
»Dann brauche ich mir ja keine Sorgen mehr zu machen.«
»Da bin ich anderer Meinung. Morgen kann alles mögliche passieren – und vermutlich wird auch etwas passieren. Wir müssen uns alle bereithalten, notfalls schon im Morgengrauen abzureisen.«
43
Ein paar Stunden zuvor war Vitorelli mit seinem Hubschrauber in einem abgelegenen Teil des Wiener Flughafens Schwechat gelandet. Mario hatte dem Fahrer eines Transporters, der ihn zum Hubschrauber gefahren hatte, ein großzügiges Trinkgeld gegeben. Trotz des langen Flugs war Vitorelli auffallend frisch und gutgelaunt.
»Was gibt es Neues, Mario?« fragte er, nachdem sie den Fahrer des Transporters gebeten hatten, in einigem Abstand zu warten.
»Sie sind alle im Sacher. Warum steigen sie eigentlich immer im Sacher ab?«
»Weil es das beste Hotel ist. Außerdem liegt es strategisch günstig im Zentrum Wiens.
Aber jetzt wieder zu den Neuigkeiten.«
»Von meinem Kontaktmann hier in Wien weiß ich, daß Tina Langley im Sacher ist. Des weiteren Tweed und seine Assistentin Paula Grey. Am Flughafen gab es einen kleinen Zwischenfall…«
Mario erzählte Vitorelli von den Kroaten, von ihrem überstürzten Aufbruch, von den Zivilbeamten, die plötzlich in der Ankunfthalle aufgetaucht waren. Vitorelli stand mit dem Helm unterm Arm neben dem Hubschrauber und hörte aufmerksam zu. Als Mario ihm erzählte, daß Tina unmittelbar nach ihrer Ankunft von einer Limousine abgeholt worden war, lächelte er finster.
»Hast du ein Auto, Mario?«
»Ja. Ich habe einen Wagen gemietet. Ist mit dem Zeug, das du im Hubschrauber mitgebracht hast, alles in Ordnung?«
»Ja. Wir lassen es, wo es ist. Aber jetzt laß uns zum Sacher fahren. Wenn wir dort ankommen, gehst du als erster rein. Du vergewisserst dich, daß Tina nirgendwo in der Nähe ist. Dann komme ich nach. Ich muß dringend etwas essen. Du sicher auch. Mir ist der große Speisesaal lieber als die Rote Bar. Aber sieh erst nach, ob die Luft rein ist.
Und jetzt los…«
Sie hatten gerade im Speisesaal des Hotels Platz genommen, als Tweed durch die Tür spähte. Vitorelli sah ihn und gab ihm ein Zeichen, sich doch zu ihnen zu setzen. Tweed
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