Der Schwarze Orden
CNN mit einem Kamerateam vertreten sein wird. Irgendwie gefällt mir das nicht. Monica, verbinden Sie mich bitte mit Arthur Beck.«
Monica wählte, wieder aus dem Gedächtnis, die Privatnummer des Chefs der Schweizer Bundespolizei in Bern. Er war ein alter Freund Tweeds. Ein paar Minuten später nickte Monica und signalisierte Tweed, daß sie ihn am Apparat hatte.
»Hier Tweed…«
»Ah, der große Meister persönlich«, erwiderte Beck in seinem perfekten Englisch.
»Gibt es irgendwelche Probleme?«
»Ich bin gerade in der Zentrale in London. Pierre Dumont hält in zwei Tagen im Züricher Kongreßhaus eine wichtige Rede.«
»Ich weiß. Die Medien haben ja schon ausführlich darüber berichtet.«
»Ich glaube, er könnte das Opfer des nächsten Attentats sein.«
»Bitte nicht. Wir hatten bereits in Genf eins.«
»Ich finde, Sie sollten alles tun, was zu seinem Schutz möglich ist. Wenn er die Rede hält, gibt er ein hervorragendes Ziel ab. Aber das sind natürlich nur Vermutungen.«
»Ihre Befürchtungen machen mir Sorgen. Normalerweise treffen Ihre Prognosen immer ins Schwarze. Ich rufe den Polizeichef von Zürich an und sage ihm, er soll umgehend etwas unternehmen. Irgendwelche Hinweise, wer hinter diesen Morden steckt? Übrigens, vielleicht habe auch ich etwas, das Sie interessieren könnte. Einer meiner Leute hat Emilio Vitorelli auf dem Flughafen Kloten ankommen sehen und ist ihm von dort ins Baur du Lac gefolgt, wo er sich auf unbestimmte Zeit eine Suite genommen hat.«
»Das macht Emilio immer – dann weiß niemand, wann er abzureisen gedenkt.«
»Wenn er irgendwo auftaucht, heißt das in der Regel, daß irgend etwas im Busch ist.«
»Lassen Sie ihn observieren. Der führende Kopf der Gegenseite könnte ein gewisser Assam sein. Ich buchstabiere…«
»Assam ist ein indischer Bundesstaat. Ich glaube nicht, daß Indien etwas mit der Sache zu tun hat .«
»Ich auch nicht. Wir hören voneinander.«
Tweed begann etwas auf einen Block zu kritzeln und murmelte dabei vor sich hin:
»Assam? Assam? Assam?« Hatte Paula vielleicht nicht richtig verstanden, was ihr der Fahrer der Entführer gesagt hatte?
Dann erzählte er Newman von Vitorellis Eintreffen in Zürich. Newman machte ein finsteres Gesicht.
»Es wird gemunkelt, daß er auf der ganzen Welt in alle möglichen dubiosen Geschäfte verwickelt ist. Wenn er auftaucht, ist etwas faul im Staate Dänemark.« »Das meinte auch Beck.«
Wenige Minuten später erhielt Tweed einen Anruf von Arthur Beck aus Bern. Zu seiner Beruhigung teilte ihm der tüchtige Chef der Schweizer Bundespolizei mit:
»Ich habe Zürich alarmiert. Niemand wird sich von hinten an Pierre Dumont heranschleichen und ihn in den Hinterkopf schießen – nicht vor den Augen einer großen Zuhörerschaft. Emilio Vitorelli hat im Baur au Lac zu Abend gegessen und ist anschließend schlafen gegangen.«
»Danke, daß Sie mich so ausführlich auf dem laufenden halten.«
Becks Bemerkung sollte Tweed nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Mario Parcelli, der in die Rolle eines typischen Gigolo geschlüpft war, war an den Polizeibeobachtern im Züricher Flughafen Kloten vorbeigekommen, ohne deren Aufmerksamkeit zu erregen. Der gepflegte, kleine Mann in dem leichten blauen Anzug aus der Londoner Savile Row war in Wirklichkeit Vitorellis rechte Hand. Er hatte das Flugzeug in einigem Abstand von seinem Boß verlassen.
Vorsichtshalber nahm er nicht gleich das erste Taxi, sondern erst das dritte. Jetzt hatte er Gewißheit, daß niemand ihm folgen würde. Er stellte seinen Louis Vuitton-Koffer neben sich, schlug seine in marineblauen Ferragamo-Slippern endenden Beine übereinander und sah aus dem Rückfenster. Er konnte dem Drang, sich umzublicken, nicht widerstehen.
Als er sich wieder nach vorne wandte, blickte er an sich hinab. Sein elegantes Äußeres war nur Tarnung. Seine Aufgabe bestand vor allem darin, das weitgespannte Netz von Informanten zu koordinieren, die ihn über die neuesten wirtschaftlichen Entwicklungen auf dem laufenden hielten. Auf diese Weise hatte Vitorelli schon einige höchst profitable Coups landen können. Diesmal war Marios Aufgabe etwas schwieriger, aber er glaubte, eine interessante Entdeckung gemacht zu haben.
»Zum Hotel Schweizerhof«, sagte er dem Taxifahrer.
Als er vor dem Hotel, das gegenüber dem Züricher Hauptbahnhof lag, ausgestiegen war, wartete er, bis das Taxi weggefahren war. Dann ging er nicht in das Hotel, sondern bog um die Ecke in die Bahnhofstraße, wo
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