Der Schwarze Orden
er an einem Automaten eine Fahrkarte löste und in die erste Straßenbahn stieg.
»Du übertreibst es mit deiner Vorsicht«, hatte Vitorelli einmal spöttisch bemerkt.
»Ich weiß, was ich tue«, hatte Mario entgegnet.
Am Ende der Bahnhofstraße, fast am See, stieg Mario aus der blauen Trambahn, ging ins Baur au Lac und nahm sich dort ein Zimmer. Bevor er mit dem Lift nach oben fuhr, fragte er den Portier:
»Könnten Sie mir bitte Emilio Vitorellis Zimmernummer geben? Er wohnt hier im Hotel. Ich habe eine dringende Nachricht für ihn.«
»Bedaure, Sir«, erwiderte der Portier, »das geht leider nicht. Aber falls ein Herr dieses Namens bei uns wohnt, kann ich ihm gern eine Nachricht übermitteln.«
Mario konnte seine Ungeduld nur mit Mühe im Zaum halten, als der Portier in Vitorellis Zimmer anrief und ihm den neuen Hotelgast beschrieb. Aber schließlich wandte er sich lächelnd wieder Mario zu und nannte ihm die Zimmernummer.
Während ein Hoteldiener seinen Koffer auf sein Zimmer brachte, eilte Mario zum Lift und fuhr nach oben. Vitorelli stand bereits in der offenen Tür seines Zimmers. Er begrüßte Mario mit erhobener Hand, zog ihn herein und schloß die Tür hinter ihm wieder ab.
»Im Flugzeug wollte ich nicht an dich herantreten«, begann Mario, »obwohl ich eine wichtige Mitteilung erhalten habe.«
»Von einem deiner Informanten?«
»Ja.«
»Und von wem genau?«
»Das darf ich leider nicht sagen, nicht einmal dir. Das ist Teil unserer Abmachung.
Eine Hand wäscht die andere. Jedenfalls ist es jemand mit guten Beziehungen zur Unterwelt. Es sind Gerüchte in Umlauf, daß sich die Organisation, die für die acht Morde verantwortlich ist, ›Schwarzer Orden‹ nennt.«
7
Tweed blieb zwei Tage lang in der SIS-Zentrale – meistens in seinem Büro. Monica hatte ihm das Feldbett gemacht, das er für solche Fälle in einem Schrank aufbewahrte, und er hatte es tatsächlich geschafft, ein paar Stunden zu schlafen.
»Und? Tut sich heute etwas?« fragte Monica, nachdem er aufgestanden war.
»Wir befinden uns gerade in einer schwierigen Phase«, antwortete Tweed ausweichend.
Dann machte er sich sofort wieder an die Arbeit. Er setzte sich mit Keith Kent, der in der City stationiert war, in Verbindung. Es gab niemanden, der schneller als Kent herausfand, woher größere Geldbeträge kamen, die auf verschlungenen Wegen ihren Besitzer wechselten. Die Anweisungen, die Tweed ihm telefonisch erteilte, waren ganz einfach.
»Keith, da sind zwei Leute, über die ich nähere Auskünfte brauche – das heißt, woher ihr Geld kommt. Einer ist Captain William Wellesley Carrington, er lebt in Dorset in…«
Er gab Kent alle Daten, die er hatte, dann nannte er ihm den zweiten Namen.
»Ganz in der Nähe lebt auch ein anscheinend nicht ganz so begüterter Mann. Arnos Lodge, der bekannte Experte für strategische Fragen. Er lebt in… Und dann noch ein letztes. Wie es scheint, gehört das Dorf Shrimpton einem einzigen Mann. Wenn dem so ist, wer ist dieser Mann? Ich brauchte diese Informationen möglichst gestern.«
»Ganz was Neues«, antwortete Kent lachend. »Halten sich diese Männer öfter im Ausland auf?«
»Auf diesen Punkt wollte ich gerade kommen. Willie – das heißt Carrington – unternimmt häufig Reisen in den Nahen Osten. Auch Lodge hält sich gelegentlich im Ausland auf. Allerdings weiß ich nicht, wo und wie oft. Von einem Freund weiß ich, daß Kuriere jemandem in dieser Gegend große Mengen Bargeld gebracht haben. Wir wissen, daß erst vor kurzem eine größere Summe geliefert wurde – allerdings wissen wir nicht, wohin das Geld in Dorset ging oder wer der Empfänger war. Von der Beantwortung dieser Frage könnte das Leben einer ganzen Reihe von Leuten abhängen. Um so mehr tut es mir leid, daß ich nicht mehr Daten habe, die ich Ihnen geben kann.«
»Dann werde ich mich gleich an die Arbeit machen. Aber das wird Sie einiges kosten.«
»Ganz was Neues«, erwiderte Tweed nun seinerseits.
Newman hatte das Gespräch mitgehört. Er kannte Kent. Sobald Tweed aufgelegt hatte, fragte er:
»Glauben Sie, einer der beiden – Lodge oder Willie – hat etwas mit den Attentaten zu tun?«
»Keine Ahnung. Es könnte jemand Dritter in Dorset sein, von dem wir bisher noch nichts wissen.«
»Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, daß Sie Willie fragen, was aus seiner alten Freundin Tina Langley geworden ist. Sie haben es aber nicht getan.«
»Ganz bewußt. Ich wollte auf keinen Fall seinen Argwohn wecken.
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