Der Schwarze Orden
Polizeiaufgebot schärfstens bewacht wird.«
»Das halte ich für sehr unklug. Überall Polizisten in Uniform. Tun Sie das nicht.«
»Alle meine Männer werden in Zivil sein. Sie werden sich unter die Zuhörer mischen.
Ich habe bereits die nötige Anzahl an Eintrittskarten besorgt. Daran können Sie mich nicht hindern.«
»Zivilbeamte, das hört sich schon etwas besser an. Trotzdem halte ich es für überflüssig.«
»Ich nicht. Sie könnten das nächste Opfer sein. Ich habe auch einige meiner Männer im Baur au Lac postiert. Sie werden Sie diskret zum Kongreßhaus begleiten. Keine Widerrede, Mr. Lodge.«
»Wenn Sie meinen«, knurrte Lodge und knallte den Hörer auf die Gabel.
Anton machte sich Sorgen, als er mit Tina die kurvenreiche Straße auf den Mont Saleve hinauffuhr. Sie hatten die französische Grenzstation passiert, und nun fühlte sich Anton schon etwas besser.
»Kannst du nicht schneller fahren?« fragte Tina in ihrem fordernden Ton. »Ich würde da in einem ganz anderen Tempo hochbrausen.«
»Daran zweifle ich nicht im geringsten.«
Anton schwieg wieder. In der Bar des Hotel des Bergues hatte er den Fehler gemacht, beim Trinken kräftig mitzuhalten mit der Frau, die er unter dem Namen Lisa Vane kannte. In seinem Kopf drehte sich alles, und er wollte in seiner momentanen Verfassung auf keinen Fall schneller fahren. Lisa schien Unmengen von Champagner trinken zu können, ohne daß der Alkohol eine Wirkung bei ihr zeigte.
»Du kriechst ja dahin wie eine Schnecke«, stichelte sie.
Innerlich kochend, behielt er sein vorsichtiges Tempo bis auf den Gipfel des Berges bei und begann dann auf der anderen Seite wieder nach unten zu fahren. Jedesmal wenn er sie ansah, blickte sie mit frustrierter Miene geradeaus nach vorn. Als sie in einer einsamen Gegend in die Zufahrt des Chateau d’Avignon bogen, schlug ihre Stimmung abrupt um.
»Anton, was für ein schönes Hotel. Und wie rücksichtsvoll von dir, so vorsichtig zu fahren.«
Er merkte, daß das nicht sarkastisch gemeint war, sondern daß sie wieder einmal einen ihrer Stimmungsumschwünge hatte. Bevor sie ausstieg, legte sie ihm eine Hand auf den Arm, beugte sich zu ihm hinüber und drückte ihm einen Kuß auf die Wange. Er war sichtlich verwirrt, als sie ihn mit einem verträumten Blick und einem einladenden Lächeln ansah, bevor sie aus dem Wagen sprang.
Das Chateau d’Avignon war ein alter, liebevoll renovierter Bau. Sie stiegen eine breite Treppe hinauf und gingen durch die große Eingangshalle in das Lokal dahinter. Zwei mächtige Türflügel öffneten sich auf eine Terrasse, auf der mehrere Paare an geschmackvoll gedeckten Tischen saßen. Der Blick raubte Tina den Atem.
Sanft fiel direkt vor ihnen eine Landschaft aus saftig grünen Wiesen ab, und in der Ferne wurde das Panorama von mehreren Bergketten eingefaßt, die rötliche Abendsonne tauchte die atemberaubende Szenerie in ein sanftes Licht. In die Täler zwischen den Bergketten schmiegten sich kleine Dörfer, deren Häuser wie Spielzeug aussahen. Auf der linken Seite glitzerte in der untergehenden Sonne das tiefe Blau eines fernen Sees.
»Man könnte meinen, ein Gemälde vor sich zu haben«, bemerkte Anton. Tina hörte ihn nicht. Sie blickte wie gebannt auf einen gutaussehenden, sonnengebräunten Mann, der mit einer Frau an einem der Tische saß. Er erwiderte ihren Blick mit unübersehbarem Interesse. Tina spürte ein leichtes Prickeln. Es gab nichts Schöneres für sie als die Bewunderung gutaussehender Männer – und Geld.
»Tolle Aussicht, nicht?« sagte der Mann. »Ich bin Sam West.«
»Schön, mal wieder einen Landsmann zu treffen«, gurrte Tina, die die bewundernden Blicke des Mannes förmlich aufsog.
Erst jetzt bemerkte West ihren Begleiter. Er nickte und wandte den Blick von ihr ab.
Die Frau, die mit ihm am Tisch saß, schien belustigt. Laut genug, daß Anton es hören konnte, sagte sie:
»Amüsierst du dich gut, Sam?«
»Ist doch ein bezaubernder Abend, oder nicht?« erwiderte er lächelnd.
Neben West und seiner Begleiterin war ein Tisch frei. Es gab jedoch auch eine ganze Reihe freier Tische, die weiter weg standen. Als Anton auf einen davon zusteuerte, sagte Tina scharf:
»Ich würde mich gern an diesen Tisch setzen, Anton. Von hier hat man den besten Blick.«
»Wenn du möchtest.«
»Das möchte ich.« Sie setzte sich ganz dicht neben West. Als ein Kellner auf ihren Tisch zukam, fuchtelte sie mit beiden Armen durch die Luft und rief: »Wir möchten Champagner.
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