Der Schwarze Orden
früh, um auf ein so teures Stück zu spekulieren.
»Sehr schön«, bemerkte sie, »aber auch sündhaft teuer.«
»Gefällt es dir?« fragte Anton.
Am liebsten hätte er sich, kaum daß er das gesagt hatte, die Zunge abgebissen. Das Collier kostete ein kleines Vermögen. Sie sah ihn mit einem langen, verschleierten Blick von der Seite an.
»Jede Frau, die so etwas trägt, kann sich nur noch mit einem Leibwächter auf die Straße wagen. Mit so einem Schmuckstück handelt man sich nur Scherereien ein.«
Sie machte einen Schritt zur Seite und betrachtete eine Perlenkette. Ebenfalls sehr teuer, aber nur ein Bruchteil dessen, was das Collier kostete.
»Wie findest du das?« fragte er.
»Ein Schmuckstück ganz nach meinem Geschmack.«
Anton, ein großer, gutaussehender Mann Mitte vierzig, konnte es kaum erwarten, in ihr Zimmer zu kommen. Er führte sie in den Laden, und der Geschäftsführer, der die Tür für sie aufgeschlossen hatte, schloß sie hinter ihnen wieder ab, bevor er die Perlen aus dem Schaufenster holte und Tina um den schlanken Hals legte. Sie betrachtete sich eine Weile im Spiegel.
»Wie für mich geschaffen«, bemerkte sie schließlich.
Anton holte seine Kreditkarte heraus. Während er mit dem Geschäftsführer zahlen ging, holte Tina ein Kopftuch aus ihrer Gucci-Handtasche und legte es an, um ihr kastanienbraunes Haar darunter zu verbergen. Entlang der Rhone herrschte starker Wind, aber ihr ging es vor allem darum, ihr Aussehen zu ändern.
»Der Wind bringt mir sonst die Frisur durcheinander«, lautete ihre Begründung für Anton.
»Dein Haar ist wundervoll.«
Sie gab keine Antwort. Es war ihr erster Besuch in Genf, und sie fand die Stadt schön.
Links von ihr lag die Rhone, die unter der Pont du Rhone hindurch aus dem Genfer See floß. Weiter vorne teilte sich der Fluß, und die Inseln in seiner Mitte waren durch ein kompliziertes Netz von Fußgängerbrücken mit den Ufern verbunden. Am anderen Flußufer waren die Fassaden alter, mehrstöckiger Bürogebäude zu sehen. Dahinter erhob sich eine Felswand, steil und fast wie ein Berg.
»Genf ist eine sehr kosmopolitische Stadt«, führte Anton aus. »Hier wohnen viele reiche Ausländer, die für internationale Großkonzerne arbeiten.«
Sie spitzte die Ohren. Das hörte sich an, als wäre hier einiges zu holen. Sie konnte nur nicht recht verstehen, warum sie ausgerechnet in Genf ›aufs Abstellgleis‹ geschoben worden war. Hatte es mit dieser Stadt etwas auf sich, wovon sie nichts wußte? Ohne sich dessen bewußt zu sein, hatte sie eben einen wichtigen Punkt angerührt.
»Vom Gipfel dieses Bergzugs muß man einen phantastischen Blick haben.«
»Auf jeden Fall. Das ist der Mont Saleve. Allerdings gehört er nicht mehr zur Schweiz.
Er liegt in Frankreich.«
Als in Jules Monceaus winzigem Hotelzimmer das Telefon läutete, ließ er es eine Weile klingeln, bevor er abnahm. Es war taktisch unklug, jemandem den Eindruck zu vermitteln, er habe nur auf seinen Anruf gewartet.
»Ja«, meldete er sich schließlich.
»Sie wissen, wer dran ist«, kam Hassans glatte Stimme aus dem Hörer. »Sicher.«
»Ich habe gehört, Tweed will heute abend im Ermitage, einem Restaurant außerhalb Zürichs, mit einer Frau essen gehen. Sie haben einen Tisch mit Seeblick reserviert und werden gegen neun Uhr abends eintreffen. Alles Weitere bleibt Ihnen überlassen.«
Als Monceau auflegte, lag ein gemeines Grinsen auf seinen Lippen. Er nahm einen Stadtplan, auf dem auch der Zürichsee eingezeichnet war. Die genaue Adresse würde er im Telefonbuch finden. Es gab noch einiges vorzubereiten. Diesmal würde ihm Tweed nicht entkommen. Er wäre zu sehr mit seiner Begleiterin beschäftigt, zu voll vom Wein, um mitzubekommen, was auf ihn zukam. Er würde es erst merken, wenn es zu spät war.
13
Tina Langley hieß nicht ohne Grund der Schmetterling. Sie war bekannt für ihre abrupten Stimmungsumschwünge, ihr Bedürfnis, ständig den Ort zu wechseln. Willie hätte dies sicher bestätigen können. Und ihr Bankiersfreund Anton sollte diesen Charakterzug gerade kennenlernen.
»Ich möchte nach Frankreich«, verkündete sie plötzlich.
»Nach Frankreich?« fragte Anton überrascht. »Dafür ist es aber schon ein bißchen spät.«
»Wie lange würde es dauern, auf den Mont Saleve zu fahren?« fragte sie mit einem leichten Schmollen. »Hast du nicht gesagt, dein Wagen steht irgendwo ganz in der Nähe.«
Sie saßen in der Bar des Hotel des Bergues, das in einer Seitenstraße
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