Der Schwarze Orden
also irgendwas?«
»Möglicherweise«, sagte Tweed vage.
»Dann verdrücke ich mich lieber mal und ziehe mir irgendein anständiges Tropenoutfit an, bevor sie mich aus dem Baur au Lac werfen.« An der Tür blieb er noch einmal stehen. »Ach, übrigens, auch Butler und Nield waren nicht untätig. Mit den Einzelheiten will ich Sie nicht langweilen. Carrington wohnt jetzt im Gotthard am anderen Ende der Bahnhof Straße.«
»Wie haben Sie das rausgefunden?« fragte Tweed.
»Ich hab ihnen eine Beschreibung von Carrington gegeben. Ist ja auch schwerlich zu übersehen, der Mann. Pete Nield hat ihn mit seinem Gepäck an der Rezeption des Hotels gesehen, in dem er und Harry wohnen. Bis dann.«
Als er weg war, stand Paula auf und begann, unruhig auf und ab zu gehen. Als sie aus dem Fenster auf die Hotelauffahrt hinunterblickte, sah sie Marler, mittlerweile in einem eleganten weißen Leinenanzug, zu seinem Mietwagen eilen. Butler stieg auf der Beifahrerseite ein. Marler fuhr los. Paula teilte Tweed mit, was sie gesehen hatte.
»Marler ist eine Marke für sich«, bemerkte Tweed. »Er hat irgend etwas vor. Warum gehen Sie wie ich ständig auf und ab, als könnten Sie nicht stillsitzen? Ich überlege gerade, ob ich Sie bitten soll, nach Genf zu fahren. Sie könnten dieses Foto mitnehmen – ich selbst werde Tina Langley mit Sicherheit erkennen, falls ich sie zu Gesicht bekommen sollte.«
»Marler hat mir eingeschärft, unbedingt hierzubleiben.«
»Und ich dachte, hier bestimme ich«, entgegnete Tweed lächelnd.
»Sie haben sich eben einverstanden erklärt, daß Marler auf eigene Faust handelt. Auch Newman ist verschwunden. Warum, glauben Sie, ist Willie vom Dolder Grand ins Gotthard umgezogen? Sollte er es mit der Angst zu tun bekommen haben?«
»Das würde mich bei Willie sehr wundern. Sicher gibt es dafür einen anderen Grund.«
»Wie zum Beispiel?«
»Das Gotthard liegt näher am Hauptbahnhof und am Flugplatz. Nur so ein Gedanke.
Mich würde eher interessieren, was Jules Monceau im Schilde führt.«
Mario Parcelli, Vitorellis Vertrauter, hatte vom vielen Herumlaufen wunde Füße. Die Sonne brannte vom Himmel, und das Thermometer kletterte unaufhaltsam in die Höhe. Mario hatte sich in jedem größeren Genfer Hotel erkundigt, allerdings ohne Erfolg. Er hatte sich sein Vorgehen gut überlegt und sich in jedem Hotel an den Portier gewandt.
»Ich versuche, meine Schwester Tina Langley zu finden. Sie hat mir kurz vor ihrer Abreise nach Genf ein Fax geschickt, auf dem der Name des Hotels leider nicht leserlich war. Vielleicht möchten Sie meine Karte sehen?«
Daraufhin hatte er eine der Visitenkarten, die er sich in Zürich noch rasch hatte drucken lassen, auf den Schalter gelegt.
RUTLAND & WARWICKSHIRE BANK
Mark Langley. Direktor.
Er wußte, in der Schweiz genossen Bankdirektoren hohes Ansehen. Zugleich wußte er, kein Portier eines größeren Hotels wäre bereit, einem Fremden den Namen eines Hotelgasts zu nennen. Aber er hatte noch einen Trumpf im Ärmel. Bevor der jeweilige Portier protestieren konnte, hatte er das Foto von Tina Langley auf den Schalter gelegt.
»Das ist meine Schwester.«
Auch in diesem Fall rechnete er mit der Diskretion seitens des Portiers. Doch Mario Parcelli war ein guter Beobachter. Sobald ein Portier auf das Foto sah, taxierte er ihn mit Habichtsaugen und hielt nach einem kurzen Aufflackern von Erkennen im dem ansonsten ausdruckslosen Gesicht Ausschau. Inzwischen war er zu der Überzeugung gelangt, daß Tina in keinem der Hotels wohnte, die er aufgesucht hatte.
Eben hatte er das Hotel des Bergues verlassen. Dummerweise war er an den Aushilfsportier geraten, der für den Hauptportier einsprang. Keine Reaktion.
Er nahm Visitenkarte und Foto, verließ das Foyer und warf einen Blick in das in einem Pavillon gelegene Restaurant, das zum Bergues gehörte und dessen Fenster sich auf die Promenade öffneten. Keine Spur von ihr. Er ging die Promenade entlang, und dann entdeckte er sie in einer kleinen Seitenstraße.
Sie sah gerade in ein Schaufenster, als er auf der anderen Straßenseite langsam vorüberschlenderte. Um ganz sicherzugehen, daß er sich nicht täuschte, blickte er noch einmal auf das Foto in seiner Hand – und das war ein Fehler.
Tina sah den wie einen Bankier gekleideten Mann auf etwas in seiner Hand hinabblicken. Sie schaltete blitzschnell. Das konnte nur ein Foto sein. Sie zuckte innerlich zusammen, spazierte dann aber weiter die Straße hinunter, als wäre nichts
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