Der Schwarze Papst
Teil des Essens für den Abend kochten.«
»Sehr gut, Carissimi. Nächste Woche bringe ich Euch bei, mich mit Bier im Mund zu verstehen.« Forli lachte, dass der Schreibtisch bebte, und ein Käsekrümel schnellte quer durch den Raum. »Ach ja, eins habe ich noch vergessen zu erwähnen. Keiner von ihnen hat Johannes von Donaustauf in der Stunde vor der Messe gesehen.«
Sandro schnippte einen weiteren Käsekrümel, der auf seiner Soutane gelandet war, mit der Fingerspitze weg und dachte laut nach: »Mal außer Acht gelassen, dass die Poleiminze im Essen oder in den Getränken gewesen sein könnte - sollte Johannes das Gift bereits vor der Messe zu sich genommen haben, würden Königsteiner und Rodrigues sowie Birnbaum und der jüngere Bruder ausscheiden, da sie die ganze Zeit zu zweit waren.«
»Es sei denn, die Tat wurde zu zweit begangen.«
»Einverstanden. Aber das ist doch sehr unwahrscheinlich. Sowohl Königsteiner und Rodrigues wie auch Birnbaum und Gisbert von Donaustauf kennen sich erst kurze Zeit, aber eine Verschwörung zum Mord wird ja nicht über Nacht geboren. Wir dürfen diese Theorie vorerst vernachlässigen.«
Forli hob abwehrend die Hände, um klarzumachen, dass er anderer Meinung war. »Wie Ihr meint.«
»Der Schüler Ried war in der Stadt unterwegs?«
»Er sagt, er habe ein Bier im Trastevere getrunken. Klingt plausibel, bei der Hitze. Da Euer ehrwürdiger Oberjesuit und der Quacksalber Duré angeben, spazieren gewesen zu sein, wäre Luis de Soto der Einzige, der sich im Wohn- und Schlafbereich des Collegiums aufgehalten hat. Nicht unverdächtig. Wenn wir jetzt noch wüssten, ob Johannes auch dort war …«
»Dann wäre der Fall schnell abgeschlossen, wie?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Gesagt nicht, Forli. Aber gemeint.« Sie tauschten einen langen Blick.
»Ich würde es ihm gönnen. Er ist ein …«
»Ein Lehrer des Collegiums, alles andere tut nichts zur Sache.«
»Ihr verteidigt ihn?«
Sandro wich aus. »Noch ist nicht gesagt, dass das Verbrechen vor der Messe begangen wurde. Wir denken nur laut.«
Forli nickte, und bevor er sich das verbliebene Stück Käse in den Mund schob, sagte er: »Dann ist es ja gut.«
Bruder Xaver Birnbaum hatte sichtlich große Mühe, von seiner Bratensoße zu kosten. Da sein Bauch die Form jener Frucht hatte, die er in seinem Namen trug, stieß er jedes Mal, wenn er sich über den Topf auf der Feuerstelle beugte, gegen das heiße Eisen. Blieb er jedoch einen Schritt entfernt stehen, kam er
mit seinen kurzen Armen nicht nah genug an den Topf heran. Schließlich behalf er sich mit einer langen Schöpfkelle, die er mit einer gewissen Vorfreude in die blubbernde Flüssigkeit tauchte, nach mehrmaligem Umrühren herauszog und den erbeuteten Inhalt in einem einzigen Schluck trank, als handele es sich um frisches Quellwasser. Dann schleckte er die Kelle langsam ab, wobei seine Zunge sich genussvoll an das Holz schmiegte.
Als er damit fertig war, schloss Birnbaum die Augen und grinste, so als täten sich die Pforten des Paradieses vor ihm auf.
»Köstlich.« Er drückte Sandro die Kelle in die Hand. »Probiert selbst.«
Birnbaum wandte sich einigen Küchenkräutern zu, die er kleinzuhacken beabsichtigte, und Sandro blieb mit der abgeschleckten Kelle in der Hand ratlos neben dem Topf stehen.
»Und, wie ist sie?« Birnbaum wandte sich ihm wieder zu.
Sandro leckte sich die Lippen wie eine Katze nach dem Mahl. »Ausgezeichnet, ganz ausgezeichnet.« Er hatte nicht einen Tropfen probiert.
»Bekannter Geschmack?« Birnbaum zog erwartungsvoll die Augenbrauen nach oben.
»N-nun ja, ein wenig. Und doch auch wieder nicht«, wich Sandro aus.
»Das Geheimnis ist Meerrettich.«
»Meer…«
»… rettich. Spricht sich schwer für Italiener. Kennt ihr hier nicht. Ist von dort, wo ich herkomme. Innsbruck.« Sandro meinte, ein wenig Traurigkeit in seiner Stimme zu hören. »Jeden Sonntag gab es im dortigen Jesuitenhaus kalte Ochsenbrust mit Meerrettichsoße.«
»Heute ist Mittwoch«, gab Sandro zu bedenken. »Ist da nicht Giovanna mit Kochen dran?«
»Ich weiß. Aber ich habe sonst nichts zu tun. Meerrettich
sieht aus wie Kren, ist aber viel schärfer. Aber das wisst Ihr ja.«
»Woher sollte ich?« Sandro biss sich sofort im Geiste auf die Lippen.
»Na, Ihr habt doch eben probiert«, sagte Birnbaum.
»Oh, das - das war …«, stammelte Sandro, »gar nicht so sehr scharf.«
»So? Und ich dachte, ich sei mit der Menge schon an der Grenze des Erträglichen.
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