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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Dann muss ich nachlegen.« Er putzte eine Knolle. »Seht Ihr, sieht fast so aus wie Kren, nur kleiner und feiner. Kren ist auch so etwas, das Italiener nicht kennen.«
    »Ich hatte gestern das Vergnügen.«
    Birnbaum hielt mit dem Putzen inne. »Ach ja, gestern … Kren mit Kümmel. Johannes mochte Kren. Alle Bayern mögen Kren. Meine Meerrettichsoße hätte er mit Genuss verschlungen. Nun kann er das nicht mehr. Armer Kerl, der Johannes.«
    So wie Birnbaum es ausdrückte, hörte es sich an, als sei die Meerrettichsoße, die ihm entgangen war, das eigentliche Schicksal von Johannes. Aber es mochte auch daran liegen, dass man in einer fremden Sprache, selbst wenn man sie leidlich beherrscht, immer ein wenig umständliche Wege geht, um zum Ziel zu kommen.
    »Sprechen wir über ihn«, sagte Sandro, eröffnete damit das Verhör und löste bei Birnbaum fahrige Bewegungen und einen leichten Schweißausbruch aus. Sandro spürte die Beklemmung, die über dem Haus und seinen Bewohnern lag. Das war normal. Der Tod hatte Einzug gehalten. Doch in den Augen der Mitbrüder hatte er, als er vorhin das Collegium betreten hatte, auch tiefe Verunsicherung gesehen. Das war Forlis Werk. Sandro hatte geahnt, dass der Hauptmann wenig zimperlich mit den Jesuiten umspringen und sie verängstigen würde. Dieser Effekt war sogar erwünscht. Er selbst konnte gegenüber sei - nen Mitbrüdern aus mehreren Gründen nicht so auftreten, wie
er es für nötig hielt, um eine Stimmung der Furcht zu erzeugen. Sollte der Täter in diesem Haus zu finden sein - worauf derzeit alles hindeutete -, musste er das Gefühl bekommen, gejagt zu werden, damit er früher oder später einen Fehler beging. Damit, dass der Herzanfall schnell als Giftanschlag enttarnt worden war, war ein Anfang gemacht, und hinzu kam nun die Tatsache, dass ein päpstlicher Gesandter und ein äußerst robuster Hauptmann die Ermittlungen führten. Das hatte der Mörder sicherlich nicht vorausgesehen, denn wäre Sandro nicht von Ignatius von Loyola eingeladen worden, würde Johannes von Donaustauf heute lediglich das betrauerte Opfer seiner vernachlässigten Gesundheit sein.
    Forli hatte ganze Arbeit geleistet. Sein Auftritt hatte die Brüder erschüttert.
    »Der Pater General sagte, Ihr wärt für die Betreuung der Schüler zuständig. Also habt Ihr ihn von allen Lehrern am besten gekannt.«
    Birnbaum begann mit der Zerstörung des Meerrettichs. »So kann man das nicht sagen. Ich koche den Jungens halt ihre Leibspeisen, halte gerne einen Schwatz mit ihnen. Auf Deutsch natürlich. Der Gisbert von Donaustauf und der Tilman Ried sind nette Burschen, die mag ich. Gisbert macht viele Witze, und der Tilman ist ruhig und anhänglich. An den Johannes bin ich von allen am schlechtesten rangekommen.«
    »Lag es an ihm?«
    »Er war halt arg steif und korrekt - und ein wenig verrückt.«
    »Inwiefern?«
    »Zu hochtrabend. Hat nicht normal geredet. Nur gestelztes Zeug. Zwischendrin Latein und vor allem Griechisch, damit man schön dumm dastand. Und dann seine fixe Idee.«
    »Die da war?«
    »Heiden wollte er bekehren. Tausend Heiden, erzählte er
mir ständig. Faselte von China. Da wollte er eines Tages hin, das sei seine Bestimmung. Es wäre ihm so befohlen worden.«
    »Und mit befohlen meinte er …?«
    Birnbaum blickte kurz nach oben, und Sandro verstand, dass nicht der Raum über ihnen gemeint war, sondern der Himmel.
    In dem Dunkel, in das jeder Ermittler eintaucht, wenn er sich mit einem ihm unbekannten Opfer befasst, zeigte sich eine erste vage Kontur: ein junger Mann mit guter Bildung sowie einer Vision ausgestattet, die er beide gerne vor sich hertrug wie Sakralgefäße. Das passte zu dem stolzen Habitus, mit dem er gestern Abend zum Pult geschritten war, und zu der salbungsvollen Stimme, mit der er vorgetragen hatte. Ein Musterschüler mit Allüren.
    »Hört sich nach einem Außenseiter an.«
    Birnbaum arbeitete an der Knolle weiter, die zusehends schrumpfte und sich in einen Meerrettichhügel verwandelte. »Für die anderen Schüler hatte er nix übrig.«
    »Einer davon ist sein Bruder.«
    »Brüder sind bessere Feinde, weiß doch jeder.« Birnbaum erschrak über seine eigenen Worte. »Damit meine ich natürlich nicht die Brüder im Geiste, die Mitbrüder, sondern …«
    »Ich verstehe schon«, beruhigte Sandro ihn.
    Birnbaum griff mit beiden Händen in den Meerrettichhügel und warf die Schnipsel in den Topf. Birnbaums Mund verzog sich ein wenig, als er die Soße umrührte, so als halte

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