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Der Schwarze Phoenix

Titel: Der Schwarze Phoenix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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grinste.
    »Selbstverständlich dürfen Sie. Sobald Sie mich bezahlt haben.«
    Sie machte ein langes Gesicht und kramte in ihrer Geldbörse.
    »Oh, natürlich … Es war nicht meine Absicht …«
    Jonathan warf dem Wermenschen einen vorwurfsvollen Blick zu, worauf dieser eilig fortfuhr.
    »Es ist nicht so, dass ich Ihnen misstraue, Miss Haverwell. Ich hatte nur in der Vergangenheit Probleme mit einigen Klienten und bin deshalb der Meinung, dass es am besten ist, wenn wir uns an die vereinbarten Regeln halten. Ihr Ring ist unversehrt, sehen Sie?«
    Er streckte ihr seine lange, schwarz behaarte Hand entgegen. Der Ring lag funkelnd in der Mitte seiner Handfläche. Bei seinem Anblick hellte sich Miss Haverwells Miene auf. Sie griff vorsichtig nach ihm, streifte ihn über ihren Finger und seufzte erleichtert.
    »Oh, vielen Dank, Mister Carnegie. Ich dachte, ich würde ihn nie wieder sehen. Sie müssen wissen, er bedeutet mir so viel …«
    »Gewiss«, entgegnete er gelangweilt.
    »Er ist der Schlüssel zu meinem Glück …«
    »Zweifelsohne.«
    »Wie sollte ich bloß dies ohne ihn tun?«
    Sie drückte auf den Diamant und ein feiner Sprühnebel entwich aus der Mitte des Juwels. Die Luft war schlagartig von Tausenden kleiner, schillernder Bläschen erfüllt. Jonathan starrte sie verwundert an und spürte, wie sie sanft an seiner Haut vorbeistrichen, während sie zu Boden sanken. Er dachte gerade, dass der Ring das faszinierendste Spielzeug war, das er je gesehenhatte, als um ihn herum plötzlich alles schwarz wurde.

    Wie durch einen Nebel nahm er die Hand wahr, die ihn an seinem T-Shirt packte und schüttelte.
    »Kommen Sie, Sir. Stehen Sie auf«, forderte ihn eine Stimme auf.
    Jonathan befand sich mitten in einem tiefen, geheimnisvollen Traum, der sich um seine Familie drehte, und er schien kurz davor, alles zu begreifen. Er wollte auf keinen Fall aufwachen, aber die Stimme ließ nicht locker. Widerwillig gab Jonathan nach und stöhnte.
    Er befand sich noch in der Ecke von Carnegies Büro, wo er zusammengesackt war. Der Wermensch lag mit dem Gesicht nach unten auf seinem Schreibtisch und schnarchte sanft vor sich hin. Während sie ohnmächtig gewesen waren, hatte jemand das Büro durchwühlt, Möbel umgestoßen, Schubladen herausgerissen und Papiere auf dem Boden verteilt. Ein kleiner Junge beugte sich mit sorgenvoll geweiteten Augen über Jonathan.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    »Bin mir nicht ganz sicher. Wer bist du?«
    »Jimmy Dancer. Arthur Blake vom ›Darkside-Kurier‹ schickt mich mit einer Nachricht für einen Elias Carnegie.« Er warf einen unsicheren Blick auf den schnarchenden Detektiv. »Isser das?«
    Jonathan nickte und die Bewegung bereitete ihm Kopfschmerzen. Mühsam raffte er sich auf und schleppte sich zum Schreibtisch.
    »Hab alles versucht, um ihn zu wecken«, erklärte Jimmy. »Hab ihm sogar ins Ohr geschrien.«
    »Zum Glück hast du das nicht bei mir versucht. Warte mal.«
    Jonathan rieb sich energisch das Gesicht und bemühte sich, einen klaren Gedanken zu fassen. Er wusste, dass es nur eine Möglichkeit gab, Carnegie aus seiner Benommenheit zu wecken.
    »Such nach einer schmutzigen braunen Flasche. Sie muss irgendwo auf dem Fußboden liegen.«
    Nachdem sie einige Minuten auf dem Boden herumgekrabbelt waren, entdeckte Jonathan die Flasche unter einem zerbrochenen Stuhl. Auf das zerrissene und verblasste Etikett hatte jemand Carnegies Spezialmischung gekritzelt. Er wusste nicht genau, welche Zutaten diese Mischung enthielt, und das war gut so. Er wusste allerdings, dass das Gebräu als hoch explosiver Sprengstoff zu gebrauchen war, und er hatte das ungute Gefühl, dass Carnegie es ab und zu auch trank.
    Er bedeutete Jimmy zurückzutreten, hielt sich die Nase fest zu, entkorkte die Flasche und schwenkte sie unter Carnegies Nase. Der Wermensch schoss brüllend in die Höhe und schlug mit seinen Klauen um sich. Jimmy schrie vor Angst.
    »Alles in Ordnung, Carnegie! Ich bin’s!«, rief Jonathan.
    Der Wermensch blinzelte überrascht.
    »Was … was ist passiert?«
    »Diese Frau – Miss Haverwell. In ihrem Ring muss eine Art Betäubungsspray gewesen sein. Es hat uns beide umgehauen. Sie hat deine ganzen Sachen durchwühlt. Vermutlich hat sie alles Wertvolle mitgenommen.«
    Carnegie fluchte und richtete sich ungelenk auf.
    »Was hab ich dir gesagt? Goldene Regel, Junge. Gib ihnen nie, was sie wollen, bevor sie bezahlt haben. Egal ob sie fünf oder fünfundneunzig Jahre alt sind. Also, los geht’s.

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