Der schwarze Prinz
geschlagen, und so erhob sie sich eines Nachts mit ihren neun Töchtern zu einer gewaltigen Sturmflut und riss Vineta zu sich hinab in die Tiefe. Dort zerstörte sie die goldenen Tempel für Odin und Thor und hielt Einzug in ihren eigenen - wo sie fortan lange, lange residierte ... und auch Wittich großzog. Es sieht so aus, als sei er dorthin zurückgekehrt.«
»Das, meintet Ihr, hättet Ihr wissen müssen«, ahnte Svenya.
»Ja«, bestätigte der König. »Zumal die Legende besagt, dass Wittich nach seinem Sprung von den Klippen von Meerjungfrauen gerettet wurde.«
»Also wisst Ihr, wo Vineta liegt.«
»Jenseits der weißen Klippen von Rügen«, sagte er. »Sie selbst sind auch heute noch das Zeichen für das von der See geraubte Land und den buchstäblichen Untergang Vinetas.« Er machte eine kurze Geste und hielt sogleich ein altes Pergament in der Hand. Als er es ausrollte, sah Svenya, dass es ein Stadtplan war. Alberich betrachtete ihn, wie um sich zu erinnern, und deutete anschließend auf einen Platz in der Mitte des Ortes. »Hier findest du den Tempel. Komm!«
Er ging eilig los, und Svenya und Hagen folgten ihm.
7
Dresden - Residenzschloss
Zusammen mit einem mitternachtsschwarzen Helikopter fuhren Svenya, König Alberich und General Hagen auf einer Liftplattform in Richtung Erdoberfläche.
»Warum fliege ich nicht mit Loga?«, fragte Svenya. »Er kann es locker mit der Geschwindigkeit des Helikopters aufnehmen.«
»Aus dem gleichen Grund, aus dem Yrr, Wargo oder Raik dich nicht nach Vineta begleiten können: Je weniger von der Existenz des Schwertes wissen und von seinem alten und neuen Versteck, umso besser.«
»Sie alle haben mein volles Vertrauen«, protestierte Svenya. Der Lift hatte das obere Ende des Schachtes erreicht, und über ihnen klappte automatisch die Decke auf. Die Plattform fuhr weiter hoch, bis sie schließlich im Innenhof des Dresdner Residenzschlosses zum Halten kam.
»Und auch das meine«, sagte der König. »Doch es geht nicht darum, was sie freiwillig verraten würden.«
Svenya begriff, was er damit sagen wollte. »Ihr meint, falls man sie gefangen nehmen und foltern würde.«
Alberich nickte und öffnete mit einer Geste die Tür des Hubschraubers. Svenya kletterte hinein und begann damit, die Systeme zu checken, wie Yrr es ihr in den vergangenen Wochen gezeigt hatte.
»Sei auf der Hut vor den Ranen, Kind«, sagte Alberich. »Rän selbst ist schon lange verschwunden. Aber ihre Töchter leben noch dort in
den Gewässern. Sie sind uns Elben nicht besonders freundlich gesonnen - auch wenn wir nicht gerade echte Feinde sind. Sie werden das Schwert vermutlich nicht freiwillig herausrücken. Also, am besten bringst du es heimlich an dich und vermeidest jede Auseinandersetzung. Aber falls sie sich nicht vermeiden lässt, sei auf der Hut vor ihrem Gesang.«
Er drückte ihre Hand und setzte ein zuversichtliches Lächeln auf. Es konnte Svenya nicht über die Trauer hinwegtäuschen, die die Erinnerung an den Tod des geliebten Bruders hervorgebracht hatte.
Dann trat der König zurück und löste sich mithilfe seiner Tarnkappe in Luft auf.
Hagen wartete ein paar Sekunden, bis er sicher war, dass sein Vater wirklich verschwunden war, und kam dann ein Stück näher. »Ich würde mit dir kommen, das weißt du.«
»Ja«, antwortete Svenya. »Aber es besteht die Gefahr, dass das alles nur ein Ablenkungsmanöver Laurins ist und er in Wahrheit einen Angriff auf die Festung plant, um das Albbrü-Tor unter seine Kontrolle zu bringen. Dein Platz ist hier.«
Sie sah, wie froh er war, dass sie ihn verstand, hätte ihm aber dennoch gerne gestanden, dass sie wünschte, er würde mit ihr kommen. Doch sie war nun einmal die Hüterin Midgards, und es war Teil ihrer Aufgabe, solche Missionen auch alleine durchzuführen. Und sie wusste: Alberich würde sie der Gefahr nicht aussetzen, wenn er nicht überzeugt wäre, dass sie ihr gewachsen war.
Svenya schaltete den Motor im Stealth-Modus ein, und die Rotorblätter setzten sich langsam und lautlos in Bewegung. Aus der Armatur zog sie ein Kabel und verknüpfte es mit der Tarnvorrichtung ihrer Rüstung. Der Helikopter begann um sie herum unsichtbar zu werden. Falls Laurins Spione hier in der Nähe waren, war es damit ziemlich unwahrscheinlich, dass sie sie entdecken oder ihr gar folgen konnten.
»Pass auf dich auf«, sagte Hagen und schaute sie lange an, ehe er zurücktrat. Svenya fühlte, dass er noch mehr sagen wollte, doch ihr war auch klar,
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