Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der schwarze Prinz

Titel: Der schwarze Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Netty
Vom Netzwerk:
leicht heilen können, doch ich entschied mich dagegen; der Verlust sollte mich für den Rest meines Lebens daran erinnern, wie hoch der Preis sein kann für Leichtfertigkeit und Selbstüberschätzung.
    Am Ende aber war es mir gelungen, Oegis gefangen zu nehmen. Ich ließ ihn später nach Elbenthal transportieren, um die Menschen vor ihm zu schützen. Zuerst aber durchsuchte ich seinen winzigen Hort. Der Ring war nicht dabei. Also musste ich Sigurd finden.«

44
    Weit vorne am Horizont sah Svenya eine größere Landmasse auftauchen und wusste, dass es Bornholm war. Da das Schiff nicht genau darauf zusteuerte, sondern leicht östlich daran vorbei, ahnte Svenya, dass ihr Ziel noch weiter entfernt war - vermutlich Gotland. Der Wind hatte aufgefrischt, sich in eine ziemlich steife Brise verwandelt und sprühte Svenya vom in den Wellen tanzenden Bug her kühle, frische Gischt auf Stirn und Wangen.
    »Wie passend«, sagte Hagen mit Blick auf die Insel, und Svenya wartete schweigend darauf, zu erfahren, was er damit meinte. »Nachdem ich Oegis nach Elbenthal gebracht und meine Augenwunde hatte versorgen lassen, machte ich mich wieder auf die Suche nach Neuigkeiten von Sigurd. Ich hörte davon, dass er eine Armee rekrutieren wollte, mit der er den Thron der Hunnen, der rechtmäßig wohl ihm gehören sollte, zurückerobern wollte. Also fasste ich einen Plan und reiste hierher, nach Burgundaholmr. Hier saß auf dem Thron König Gjüki, den ich von meinen früheren Reisen her kannte und von dem ich wusste, dass auch er einen Groll gegen die derzeitigen Herrscher der Hunnen hegte - die Halbbrüder Sigurds. Sie hatten mehrere seiner Schiffe, mit denen die Burgunden über die Weichsel bis tief in ihr Reich hinein handelten, überfallen und beraubt. Ich versprach Gjüki, frische Schiffe und Waffen zu organisieren für einen Rachefeldzug - unter der Bedingung, dass er mich zum General machen und die Kampagne leiten lassen sollte. Nachdem ich ihm außerdem versprochen hatte, dass der künftige Anführer der Hunnen einen Vertrag eingehen würde, künftig exklusiv nur noch mit ihm und seinen Erben zu handeln, stimmte Gjüki nur zu gerne zu, und ich machte mich auf den Weg, Sigurd zu finden. Wegen seiner großtuerischen Art und seinem Unvermögen, sich irgendjemandem unterzuordnen, war es ihm trotz all seines Reichtums bisher immer noch nicht gelungen, irgendeinen König in seine Dienste zu bringen - denn trotz oder vielleicht auch gerade wegen seines eigenen Stolzes verstand er nicht, dass es die Natur von Königen ist, niemandem dienen zu wollen. Könige gehen Allianzen ein, aber niemals Vasallenschaften - außer unter Zwang. So streifte Sigurd durch die Lande, ohne seinem Ziel, sich an seines Vaters verstoßener Frau Borghild und ihren Söhnen zu rächen, auch nur einen Schritt näher gekommen zu sein.
    Ich fand ihn in Gotland, wo er unter den Erben der Kampfgefährten seines Vaters zu rekrutieren versuchte. So stark er auch war, er hatte einfach nicht das Zeug zum Anführer. Sicher, wenn es zu einem Kampf kam, weil er es wieder einmal versäumt hatte, seinem Gegenüber den nötigen Respekt zu erweisen, blieb er ohne Ausnahme siegreich. Doch anders als seinem Vater Sigmund gelang es ihm nie, aus den Besiegten auch Kampfgefährten zu machen. Sigurd machte sich immer nur Feinde. Im Nachhinein betrachtet, denke ich, lag das vielleicht doch nicht nur an seinem Hochmut, sondern auch an seiner wirklich unvergleichlichen Kraft und Stärke. Sicher, auch Sigmund war stark gewesen - aber es war die Art von Stärke, bei der andere sich beschützt fühlten oder sicher, wenn er mit ihnen auf ihrer Seite kämpfte. Die Stärke Sigurds aber war so unnatürlich groß, dass sie den Leuten einfach Angst machte. Und Angst ist nie ein guter Nährboden für Vertrauen und Kameradschaft.
    Als daher ich auf ihn traf und ihm sagte, ich hätte eine Armee für ihn, wenn er nur das Gold aufbrächte für Schiffe und Waffen, war er durch seine bisherigen Fehlschläge mehr als bereit, mir zuzuhören. Ohne ihm zu verraten, um welchen König es sich handelte - damit er sich nicht selbst aufmachen und den Pakt mit Gjüki durch seine Art ruinieren konnte schilderte ich ihm die Menge der zur Verfügung stehenden Krieger. Ich nannte ihm außerdem die Bedingungen:
    Zum einen, dass ich den Feldzug anführen würde - weil ich so wenig Blut wie nur möglich vergießen wollte -, und zum anderen, dass er mit dem König einen Vertrag abschließen musste, laut dem er, sobald er

Weitere Kostenlose Bücher