Der schwarze Prinz
auf dem Thron der Hunnen saß, künftig nur mit ihm und seinen Erben handelte, wenn es um Waren aus dem Norden ging.
Dem Vertrag stimmte Sigurd augenblicklich zu, aber dass ich die Kampagne anführen sollte, das wollte er nicht zulassen. Immerhin sei er der Stärkste, meinte er, und der Stärkste solle nun einmal auch der Anführer sein. Ich fragte ihn, welche Erfahrung er denn in der Kriegskunst hätte, und er prahlte damit, dass er den Drachen und dessen Bruder getötet und einem Gott getrotzt hatte. Ich versicherte ihm, dass das eine nicht das Geringste zu tun hatte mit dem anderen und dass sich in eine Grube zu legen und einem ahnungslosen Drachen den Bauch aufzuschlitzen nicht das Gleiche wäre, wie gegen einen Drachen wirklich zu kämpfen und ihn zu besiegen. Natürlich wurde er daraufhin wütend und ging mit gezogenen Schwertern auf mich los. So war er nun einmal - und genau damit hatte ich auch gerechnet... es gar absichtlich provoziert. Drei Herz- und vier Schwertschläge später lag er im Staub und meine Klinge an seiner Kehle. Und da, nachdem Sigurd zum ersten Mal bezwungen worden war, geschah etwas Seltsames: Ich sah etwas von seiner früheren Unschuld in seinen Augen aufblitzen ... ja sogar Schutzbedürftigkeit ... und mein Herz wurde von Zuneigung erfüllt ... und von Mitgefühl. Ich half ihm auf die Füße, und es schwang eine Spur Demut mit in seiner Stimme, als er einwilligte, dass ich der General des Feldzuges gegen die Hunnen sein sollte.
Da nannte ich ihm die letzte meiner Bedingungen - denn das war von Anfang an der Plan: Sollten wir den Krieg gegen die Hunnen gewinnen und er den Thron besteigen, verlangte ich als Preis dafür den Ring, den er im Drachenhort gefunden hatte.
Sobald Sigurd das hörte, verschwand sofort die Freundlichkeit aus seinem Blick, und er beschuldigte mich, im Dienste Odins zu stehen. Ehe die Feindseligkeit in seinem Herzen wieder wachsen konnte, legte ich daher geschwind einen Schwur ab, dass ich nicht dem Odin diente und auch keiner seiner Agenten war. Da war er wieder besänftigt und willigte in den Handel ein: Sollte er den Thron der Hunnen besteigen, würde er mir den Ring als Belohnung geben.
So machten wir uns daran, Schiffe bauen und Waffen und Rüstungen schmieden zu lassen, und nach Ablauf eines Jahres waren wir so weit, sie nach Burgundaholmr zu bringen.
König Gjüki, seine Frau Grimhild und ihre Kinder, Prinz Gunnar und Prinzessin Gudrun, empfingen uns voller Freundlichkeit und mit offenen Armen. Die Geschichte, die sich im weiteren Verlauf zwischen Sigurd, Gudrun und Gunnar, abspielte, ist, wie schon einmal gesagt, eine eigene und muss hier nicht gesondert erzählt werden. Sie hatte auch - selbst wenn die Legenden anderes behaupten - nicht viel mit dem Ring zu tun. Auf jeden Fall machten wir mobil für den Zug ins Land der Hunnen.
Du musst wissen, die Weichsel fließt durch das heutige Polen bei Gdansk oder Danzig in die Ostsee - ihre Quellflüsse aber sind weit verzweigt und reichen bis in die Slowakai, Weißrussland und in die Ukraine. Die Schiffe, die Sigurd und ich hatten bauen lassen, waren seefest, aber auch flach und schmal genug für die Flussschifffahrt, und so konnten wir ohne Umwege bis ins Herz der damals von den Hunnen besiedelten Gebiete Vordringen.
Die Weichsel war bedeckt mit der Unzahl unserer Segel, und niemand war dazu in der Lage, uns zu stoppen. So stießen wir vor bis zu den Grenzen des Hunnenreiches, wo ich die Flotte teilte und durch zwei verschiedene Arme des Flusses weitersegeln ließ, um den Gegner zu umflanken und in die Zange zu nehmen. Als die verabredete Zeit gekommen war, landeten wir und marschierten von zwei Seiten aus auf die Hauptstadt der Hunnen zu.
Da war nichts, was sie uns hätten entgegensetzen können; und, wie ich gehofft hatte, ergaben sie sich uns ohne Kampf und Blutvergießen und lieferten Borghild und ihre Söhne aus. Auch waren sie sofort dazu bereit, König Gjüki Reparation zu leisten für die Schiffe, die sie ihm beraubt hatten, und mit ihm einen exklusiven Handelsvertrag für Waren aus dem Norden zu schließen.
Zu einem hingegen waren sie nicht bereit: Sigurd zu ihrem König zu machen. Die Fremdherrschaft durch die Völsungen war ihnen schon lange ein Dorn im Auge, und sie wollten einen Mann von ihrem Blute auf dem Thron; einen Krieger namens Atli, der sich in vielen Schlachten bewährt hatte. Fast wären an dieser Forderung die Friedensverhandlungen gescheitert, aber Gjüki redete auf Sigurd ein,
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