Der schwarze Prinz
andere, was er tat. Gute Gründe. Damit gab es nur ein Rezept für ihre Liebe:
Blindes Vertrauen.
TEIL 5
ZURÜCK IM JETZT
UND HIER
45
Gotland
Hier draußen auf offener See fuhr das goldene Schiff, ohne dass es Svenya aufgefallen wäre, offenbar noch sehr viel schneller als auf den Flüssen und Kanälen. Denn es war gar nicht lange, nachdem sie Bornholm hinter sich gelassen hatten, dass vor ihnen bereits eine weitere Landmasse am Horizont auftauchte. Um einiges größer als das einstige Reich König Gjükis.
»Schweden?«, fragte Svenya.
»Gotland. Wir sind gleich am Ziel.«
»Verdammt!«, rief sie aus. »Wie schnell, zur Hölle, segeln wir?«
Hagen lachte auf mit der rauen Freude eines Mannes, der stolz war auf sein Gefährt - wie es Männer gerne sind ... und woran scheinbar auch Tausende von Jahren Alter nichts änderte. »Inzwischen knapp unter Schallgeschwindigkeit«, sagte er. »Zwölfhundert Kilometer pro Stunde. Fast sechshundertfünzig Knoten. Und das auch nur, weil ich nicht durch das Durchbrechen der Schallmauer auf mich aufmerksam machen will.«
»Du spinnst«, sagte sie. »Bei über dreihundert Metern pro Sekunde könnten wir doch überhaupt nicht hier so seelenruhig stehen, wie wir es gerade tun.«
Er schmunzelte. »Magie und Physik. Wir sind Teil des Schiffes und bewegen uns komplett mit ihm - ist nicht viel anders, als in einem Zug oder in einem Flugzeug zu sitzen. Jetzt bei voller Fahrt auszusteigen oder eine Vollbremsung machen zu müssen, wäre allerdings selbst für deine Kräfte und deinen Panzer eine ziemlich große Herausforderung.«
Sie lehnte sich an seine Schulter und sprach den Gedanken aus, den sie vorhin bei Berlin schon einmal gehabt hatte. »Können wir damit mal Urlaub machen?«
»Urlaub? Bist du doch schwerer verletzt, als du zugegeben hast?«
Die Besorgnis in seiner Stimme hinderte sie daran, grantig zu werden. »Nein, ich meine ganz normale Ferien. Abschalten. Seele baumeln lassen.«
»Seele baumeln?« Er zog eine Augenbraue hoch.
»Ja. Nur du und ich. Keine Pflichten. Keine Mission. Einfach nur auf und davon und einmal rund um die ganze Welt. Mit ganz, ganz vielen Zwischenstopps natürlich, um all die wunderbaren Orte zu besuchen, an denen wir dabei vorüberkommen.«
»Hmm. Das klingt...«
»Na?«
»Das klingt... schön.«
Svenya kuschelte sich ein Stückchen dichter an ihn. »Ja, nicht wahr?«
»Dann sollten wir das wohl tun.«
Svenya musste sich beherrschen, nicht zu grinsen über seine Unbeholfenheit ihr gegenüber in solchen Momenten.
»Gut«, sagte sie stattdessen. »Dann haben wir jetzt ein Date.«
»Ein...?«
»Ein Date«, wiederholte sie. »Du und ich. Sobald Gram in Sicherheit ist.«
Er nickte feierlich. »So sei es. Du und ich - wir haben ein Date.«
Svenya hätte ihn am liebsten geknutscht vor Glück - aber jetzt, da er zugestimmt hatte, hatte das Zeit. Zeit, bis sie endlich Zeit haben würden ... für diesen Kuss ... füreinander ... und für Dinge, die - das spürte sie mit wohliger Zuversicht im Bauch und tiefer - ganz bestimmt geschehen würden, wenn sie sich erst einmal küssten. Dinge, für die jetzt, so kurz vor dem Ziel, zu wenig Raum wäre.
Sie fuhren östlich an der Insel vorüber und hatten trotz ihrer enormen Länge schon bald das Ende erreicht - da, wo der Farösund das viel kleinere Eiland Farö von Gotland trennte. Auf einen Wink Hagens hin, nahm Skidhbladhnirs Geschwindigkeit rasch ab und sie bog in die von steilen Klippen umgebene Meerenge. Zu Svenyas großer Verwunderung beschrieb das Schiff gleich darauf noch einmal eine Neunziggradkurve und hielt steil auf die schroffe Felswand im Süden zu. Die Skidhbladhnir war zwar jetzt sehr viel langsamer als zuvor - aber immer noch wahnsinnig schnell im Vergleich zu normalen Schiffen, und Svenya hatte das Gefühl, sie würde in wenigen Sekunden frontal in die Klippen hineinkrachen. Ohne dass sie es zunächst merkte, griff sie nach Hagens Hand. Er schaute sie an und lächelte. Sie wusste, dass ihnen nichts passieren würde ... dass gleich irgendetwas geschehen würde - geschehen musste! -, das den Aufprall in letzter Sekunde verhinderte ... so, wie man das auf einer Achterbahn weiß ... aber wie eben auch auf einer Achterbahn waren da Nervosität... Anspannung ... Schrecken.
Die Skidhbladhnir passierte die ersten Felsnadeln, die spitz aus der sie umschäumenden Gischt hervorragten - und machte dann plötzlich einen leichten Schlenker nach Steuerbord. Svenya entdeckte, was sie
Weitere Kostenlose Bücher