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Der schwarze Prinz

Titel: Der schwarze Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Netty
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aus dem anderen Winkel heraus nicht hatte sehen können: Es gab einen Spalt in den Klippen - mit Meerwasser gefüllt; aber er war eben erst sichtbar, wenn man ihn schon fast erreicht hatte.
    Doch ihre Erleichterung wich rasch einer neuen erschreckenden Erkenntnis. »Er ist zu schmal für das Schiff!«, rief sie. Hagen drückte nur ihre Hand, und sie fluchte lachend in sich hinein, darüber, dass ausgerechnet sie, die schon so vielen Gefahren begegnet und dem Tod mehr als einmal von der Schippe gesprungen war, jetzt so mädchenhaft den Hasenfuß gab.
    Blindes Vertrauen!, dachte sie - aber ihre Kehle war trocken, und ihr Puls raste. Jeden Moment würde das Schiff in tausend Stücke zerschellen. Doch Skidhbladhnir wusste es besser: Nur wenige Meter, ehe sie den Spalt erreichte, schrumpfte sie - wurde schmaler ... sehr viel schmaler.
    Erst jetzt wurde Svenya bewusst, dass sie den Atem angehalten hatte - und sie stieß ihn erleichtert aus. Das Lachen, mit dem sie eben das Fluchen hinuntergeschluckt hatte, stieg wieder empor und brach erleichtert aus ihr heraus.
    »Sehr witzig!«, sagte sie und hieb Hagen den Ellbogen in die Seite.
    »In der Tat«, erwiderte er - und grinste. »In der Tat.«
    »Ich hab mir fast in die Hose gemacht.« Lachtränen stiegen ihr in die Augen.
    »Ich mir beim ersten Mal auch«, gestand der Elbengeneral und ließ sich von ihrem Lachen anstecken.
    Der Spalt weitete sich zu einer Höhle, und sobald sie das Tageslicht hinter sich gelassen hatten, wurde es stockfinster. Doch nur für wenige Augenblicke. Dann nämlich begann das goldene Schiff von innen heraus zu glühen und warf sein Licht auf das schwarze Wasser vor ihnen, das, je tiefer sie in den Felsen hineinfuhren, immer ruhiger wurde.
    Svenya stieß einen Laut begeisterten Erstaunens aus. Das Licht des Schiffes erfüllte die riesige Höhle und ließ sie wie einen Palast aus Gold erstrahlen. Mehr noch als die Höhle, die Elbenthal umgab, erschien diese hier wie ein Übergang in eine andere Welt, fand Svenya und sprach es aus.
    »Das war sie früher auch einmal«, antwortete Hagen. »Hier befand sich einst eines der Tore in die Schattenwelten - viel weiter hinten allerdings.« Er deutete auf das Wasser, das sich mehr und mehr zu einem Fluss verjüngte. »Die Griechen nannten diesen Fluss Styx und die Welt hinter dem Tor Hades. Hier war es, wo Herkules die zwölfte seiner Aufgaben erfüllte und außerdem den Theseus rettete.«
    »Du machst Witze!«
    »Nein, Svenya«, sagte er. »All diese Dinge sind auf die eine oder andere Art wirklich geschehen. Damals, als es noch viele der Tore gab ... und noch früher, ehe die Magie aus Midgard verschwand.«
    Das Schiff steuerte auf eine kleine Insel inmitten des schwarzen Wassers zu.
    »Tritt bitte zurück«, sagte Hagen und schritt selbst so weit in den Bug vor, wie es ging.
    Svenya gehorchte und beobachtete ihn gespannt, während das Schiff langsam und lautlos zum Stillstand kam. Etwa hundert Fuß vom Ufer der Insel entfernt.
    Einige Herzschläge lang geschah gar nichts. Dann begann das Wasser vor dem Bug des Schiffes plötzlich zu wallen und zu sprudeln - es sah aus, als würde es von innen heraus bersten ... regelrecht explodieren ... und wenige Sekundenbruchteile später brachen vier oder fünf gewaltige Tentakel daraus hervor. Wahrhaftige Tentakel - glatt und glitschig ... lila bis schwarz. Zwei davon waren länger als die anderen und allein über der Wasseroberfläche sieben bis zehn Meter lang und so dick wie zwei Männeroberschenkel.
    »Halt!«, rief Hagen, als Svenya instinktiv ihr Schwert ziehen wollte. Auch ohne sie zu sehen, wusste er offenbar, wie sie reagieren würde. Er selbst stand inmitten der wirbelnden Tentakel völlig still ... die Füße weit auseinandergestellt... den Körper in perfekter Balance.
    »Pass auf!«, rief Svenya, als einer der beiden langen Tentakel in einer weit kreisenden Bewegung durch die Luft Schwung holte und sich wie eine Peitsche um Hagen schlang.
    »Sie ist harmlos.« Hagen tätschelte den Tentakel um seine breite Brust, wie ein Schlangenliebhaber sein Haustier tätscheln würde. »Sie bewacht das Schwert für mich.«
    Das, was Svenyas Ansicht nach nur ein Riesenkrake sein konnte, schien mit den Saugnäpfen zu wittern, und schon wenige Momente darauf ließ der Tentakel Hagen wieder los und verschwand mit den anderen zurück ins Wasser, das noch einmal heftig aufsprudelte, aber gleich darauf so still war wie zuvor.
    »Boah!«, rief Svenya und atmete erleichtert

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