Der schwarze Regen
die für die Bücher taugen, flüstert das schlaflose Unterbewusstsein des Maresciallo, für die erfundenen Geschichten, in denen alles der Logik und Regeln folgt, aber so ist es nicht, sagt sich Crissanti, denn im Leben ist der Zufall König, und die Ermittlungen sind ein Krieg gegen diesen Herrn, den niemand verehrt, der aber vieles entscheidet, und die Sätze der Bücher taugen für die Bücher und ihre Leser, und fast nie stimmt alles zusammen und vor allem nie im richtigen Augenblick, und vielleicht bekommt man Hilfe, Hilfe vom Zufall oder von einem unruhigen Traum, eine Einflüsterung der Hexe, die mich wenigstens ein wenig lenkt, verdammte Hexe, die du mir den Schlaf raubst, verdammter Kaffee, Morgen rufe ich den Jungen an, sagt sich Crissanti, streckt sich aus und versucht wieder zu schlafen, draußen scheint es nicht zu regnen.
8
Schließlich war die Nacht vorbei, und auch der Regen schien verstummt zu sein, von den Bäumen des Platzes fielen die kalten Tropfen, die in den Zweigen hängen geblieben waren, die Sonne trocknete die Straße, groß gelb an einem wolkenverhangenen Himmel, die Sonne trocknete allerdings ohne zu wärmen, denn es blies ein verschrobener und böser Mistral, der die Frauen zittern ließ, die unterwegs waren, um einzukaufen, oder vor der Schule standen und schwatzten, während sie mit den Augen den Kindern in ihren Kitteln folgten, die schreiend und sich schubsend durchs Schultor liefen.
Maresciallo Crissanti und der Gefreite Meloni waren bis spät in die Nacht aufgeblieben, der eine am Telefon mit dem Richter und seinem Freund Giovanni, der andere am Computer, wo er versuchte, Ordnung in das Durcheinander der Worte der Zeugin zu bringen, einer siebzigjährigen Frau, die in der Wohnung unter der von Marta Deiana wohnte.
Er hatte ziemlich geschwitzt, der Gefreite, denn jedes dritte Wort von Zia Luigina war sardisch, und sie durchsetzte ihre Aussagen mit flehentlichen Bitten an das Herz Unseres Herrn und an die Heilige Jungfrau und an den Heiligen Antonius und an alle Märtyrer und Seligen, und auch, weil der Gefreite Meloni es nicht so sehr mit dem Schreiben hatte, und so wurde es eine harte Nacht für ihn, so sehr, dass er am Morgen in seinem Bett das erste Klingeln des Weckers geflissentlich überhörte und es sich gönnte, erst gegen zehn in der Kaserne zu erscheinen.
Der Maresciallo war dagegen aufgewacht, als es noch dunkel war, hatte eiskalt geduscht und war, in Uniform und zu Fuß, zur Bar an der Ecke gelaufen, wo eine sechzehnjährige Kellnerin mit leicht geschminkten Lippen und einem schönen ehrlichen Gesicht dem neuen Tag und den Stammgästen zulächelte, vor allem aber Crissanti anlächelte, den Maresciallo aus Barbagia, wobei sie sich leicht in die Lippen biss und sich eine Sekunde lang fragte, wie es wohl wäre, mit ihm verlobt zu sein.
In der Bar wurde von Marta gesprochen, als Crissanti eintrat, worauf alle verstummten, als sei ein heraufbeschworenes Gespenst hereingekommen, verstummten, weil es ihnen unpassend erschien, vor dem Maresciallo über das Verbrechen zu sprechen, als wäre er ein Verwandter der Ermordeten gewesen oder einer ihrer trauernden Liebhaber.
Der Maresciallo bemerkte die Stille, die verlegenen Begrüßungen, den warmen Blick des Mädchens, aber er kam gar nicht dazu, darüber nachzudenken, denn er zog es vor, den Kaffee hinunterzustürzen und das Lokal zu verlassen, in die Kaserne zurückzukehren, sich an seinen Schreibtisch zu setzen und zu versuchen, Ordnung in seine Gedanken zu bringen, während er sich eine kleine kubanische Zigarre anzündete, die er seit Monaten für eine besondere Gelegenheit aufbewahrte, und dies war ja wohl eine, denn in Nuraiò starb man gewöhnlich nur an Langeweile oder an Altersschwäche.
Maresciallo, sagte der junge Mann am Telefon zu ihm, mit leicht erregter – wegen der frühen Morgenstunde, zu der er normalerweise noch schlief – etwas heiserer Stimme, Maresciallo, ich störe dich nur einen Augenblick, denn ich kann mir vorstellen, dass du viel zu tun hast, aber ich wollte dir eines sagen: Fang an, Fragen zu stellen, vergiss die Routine, den Richter, frag herum, ob jemand Efisietto gesehen hat, als er die Bar verließ, ob jemand einen Schatten in Martas Haus hat gehen sehen, mache die Liebhaber der Frau ausfindig, denn sie hatte mehr als einen, durchleuchte ihrer aller Leben, denn das ist schließlich dein Beruf. Ich weiß, antwortete der Offizier in den Hörer, Aber ich habe keine Lust dazu.
Er schwieg, er
Weitere Kostenlose Bücher