Der schwarze Schattenjaeger
Stimme oder Mimik zu offenbaren. Ist es ihm doch egal, ob ich ja sagen würde? Oder ist er nur höflich?
Das Einzige, was mir übrig bleibt, ist, beschämt zu lächeln. Da hatte ich vor wenigen Stunden noch den sehnlichsten Wunsch, gefragt zu werden, und dann sage ich einfach nein. Obwohl er wirklich sympathisch erscheint und freundlich, sogar bitte gesagt hat bei der Bestellung, was man von Logan nicht erwarten kann. Er verlässt den Laden und ich ärgere mich, dass ich noch nicht einmal seinen Namen weiß.
Nachdenklich schlurfe ich zu Abby und Kimmy an den Tisch und betrachte ihr neuestes Werk. Eine Fee und ein Einhorn, ganz viel Glitzer und viele bunte Herzen.
„Oh, das ist aber hübsch geworden“, sage ich ruhig und verliere mich in diesem Bild. Eine perfekte Welt, wo solche schönen Kreaturen leben, in Frieden und Eintracht, alles ist gut. Was würde ich darum geben, wenn mir auch Flügel wachsen würden? Vielleicht hätte ich ja dann den Mut, ja zu sagen.
Ich sehe auf und schaue dem Fremden nach, der nach wenigen Schritten nicht mehr zu sehen ist.
„Der sieht echt süß aus, habt ihr euch gut verstanden?“, fragt Tante Abby mich plötzlich mit einem breiten Grinsen.
„Äh, er hat nur einen Tee bestellt“, meine ich erschrocken und starre wie gebannt auf das Bild von Kimmy, die es mit weiteren Herzen verziert.
„Und etwas Kuchen?“, fragt sie mich weiter, gluckst dabei recht auffällig und schaut, als wolle sie in meinen Kopf sehen.
„Äh … das habe ich ihm so mitgegeben, weil er so viel Trinkgeld gegeben hat …“ Was ja eigentlich nicht erlaubt ist.
„Ja, habe ich gesehen, ist aber okay. Es diente ja einem guten Zweck. Hat er dir auch seine Nummer zugesteckt?“ Als sie mich das fragt, spüre ich erneut eine Röte in meinem Gesicht aufsteigen.
„Abby!“, zische ich erschrocken.
„Was denn? Der hat doch einen super Eindruck gemacht.“ Abby kichert und freut sich wie ein kleiner Schneekönig, als hätte ich gerade meine ersten Schritte gemacht ohne hinzufallen.
„Ja, schon, aber … das kann ich nicht machen! Außerdem habe ich jetzt Feierabend …“ Meine Gedanken spielen komplett verrückt, als ich zurück in die Küche eile und die letzten Gläser und Tabletts wegräume, bevor ich meine Schürze ablege und zu meiner Jacke gehe.
„Bist du dann um 7.00 Uhr da?“ Tante Abby wackelt auffällig mit ihren Augenbrauen, verliert dabei aber ihr breites Grinsen nicht.
„Ich werde pünktlich sein …“, versuche ich sie zu beschwichtigen und komme noch einmal zu ihrem Tisch gelaufen.
„Mal schön weiter, ich sehe mir das fertige Bild dann morgen an“, sage ich zu Kimberley, die sich wie eine Meisterkünstlerin auf ihr Bild konzentriert.
„Bis morgen.“ Ich ziehe mir noch eilig meine Schuhe an und husche aus dem Buchcafé. Jetzt ist Joshua doch nicht mehr vorbeigekommen. Vielleicht macht er noch ein paar Überstunden oder spricht mit Chloe? Am liebsten würde ich noch im Supermarkt vorbeisehen, möchte ihn aber auch nicht stören oder gar verunsichern, wenn ich plötzlich auftauche.
Schnellen Schrittes laufe ich die Straße entlang. Sophie und Ellen müssten jetzt bei meiner Mom sein. Sie kommen fünf Mal am Tag. Um 7.00 Uhr das erste Mal, danach alle drei Stunden. Um 19.00 Uhr kommen sie ein letztes Mal, danach schläft meine Mom bis zum nächsten Morgen. Ich habe also nur die Zeit zwischen den letzten beiden Besuchen mit ihr. Nicht gerade viel. Nur der Sonntag gehört mir und meiner Mom, auch wenn Sophie und Ellen auch dann kommen, kann ich die Zeit dazwischen mit ihr verbringen.
Zweimal die Woche kommen auch andere Pflegerinnen, schließlich müssen sich Sophie und jetzt auch Ellen ausruhen und Freizeit haben.
Meine Mom mag die anderen beiden Pflegerinnen gerne, aber ich habe noch keinen richtigen Draht zu ihnen gefunden, auch wenn beide sehr freundlich sind.
Nichts geht über Sophie!
Es ist still heute in Pemberton. Ich vernehme ein Klavierspiel aus einem der Häuser und die Geräusche eines Autos, das durch die Straßen fährt. Auf der anderen Seite der Innenstadt ist das anders. Dort liegen die Hotels und die Schnellstraße. Hier ist es ruhiger, da die Wege eher von den Einheimischen benutzt werden. Aber das ist mir recht so. Plötzlich höre ich ein Rascheln und Stampfen. Es kommt mir bekannt vor. Neugierig drehe ich mich herum und erkenne eine Kutsche, die hinter mir auftaucht. Sie wirkt viel größer, jetzt, wo ich auf dem Bürgersteig laufe und nicht im Buchcafé
Weitere Kostenlose Bücher