Der schwarze Schattenjaeger
Knie verschafft. Er wirkt auf der einen Seite so erwachsen und bedacht und auf der anderen so vertraut.
„Ähm, danke …“, stammle ich vor mich hin und verstaue das Geld in der Kasse, bevor ich in die Küche stolpere und hektisch nach einem Becher suche, um ihm den Tee fertig zu machen. In der Zwischenzeit kommt Tante Abby dazu, mit Kimmy auf dem Arm.
„Alles okay hier?“, fragt sie mich und Tom.
„Ja“, antworten wir beide im Chor. Jenny stößt dazu und schnappt sich ein paar neue Kaffee, bevor sie damit zurück in die erste Etage eilt.
„Ich will auch einen Kakao …“, sagt Kimmy, die mit ihren Händen nach mir greift.
„Ich mache dir gerne einen fertig, in einem großen Becher für große Mädchen?“, frage ich sie, während Abby mich stolz ansieht, als würde ich eine tolle Mutter abgeben. Aber ich bin lieber eine große Cousine und möchte der Kleinen ein Vorbild sein.
„Riesengroß“, jubelt Kimmy und reißt dabei ihre Arme in die Luft.
„Super, aber hau mir nicht deine Hände ins Gesicht …“, lacht Abby und setzt ihre Tochter auf den Boden ab, sodass sie um meine Beine herumsaust.
„Ich mache dir einen ganz tollen, großen Zauberkakao, für große Mädchen? Ja?“ Ich muss lachen, denn Kimmy schafft es immer wieder, mein Herz zu erwärmen. Ihre Welt ist perfekt. Ihre Welt ist heil und ohne Unglück. Sie lebt so unbeschwert in den Tag hinein. Schlafen, spielen, essen, wieder spielen, mit Mommy und Daddy kuscheln und wieder schlafen gehen. In ihrer kleinen, heilen Welt gibt es nichts, was böse ist. Und das ist auch gut so. Jedes Kind sollte eine so schöne und unbeschwerte Kindheit genießen können.
„Komm, wir setzen uns nach vorne ans Fenster, dann kannst du mir noch ein schönes Bild malen, bevor ich nach Hause gehe?“, frage ich sie. Sofort macht Kimmy große Augen und jubelt laut und freudig los, während sie aus der Küche rennt.
„Dass sie immer noch so viel Energie hat …“, murmel ich.
„Das ist der Mittagsschlaf im Kindergarten. Danach ist sie voller Energie“, jauchzt Abby, die sehr erschöpft wirkt.
„Soll ich heute länger machen?“, frage ich sie, doch Abby schüttelt mit dem Kopf.
„Tom und Jenny sind ja da, es ist auch nicht so viel los, es passt schon“, antwortet sie mir und verschließt den Kakaobecher für ihre Tochter.
Ich gehe mit Tom wieder hinaus, der Logan seinen Kaffee gibt. Ich geselle mich zu dem Fremden, dem ich seinen Tee reiche.
„Bitte, er ist schön heiß. Bei dem Wetter draußen genau das Richtige“, sage ich und wundere mich zugleich, warum ich so nervös bin. Es kommen schließlich ständig neue Gäste in das Café, darunter auch sehr gutaussehende Männer in meinem Alter. Aber die waren mir bislang egal. Aber dieser hier … irgendetwas an ihm ist anders. Er ist so höflich, so zurückhaltend …
„Vielen Dank“, antwortet er mir knapp und lächelt mir entgegen, während er den Teebeutel betrachtet und den Duft des Tees einsaugt. Ich beobachte ihn dabei. Jede Regung von ihm wirkt so perfekt, so elegant, als sei er ein Edelmann aus einem historischen Roman. Vielleicht ein Zeitreisender? Mir entweicht bei dem Gedanken ein leises Kichern, bevor ich mich wieder daran mache, die Gläser zu spülen. Ich sehe aus den Augenwinkeln, dass der Fremde mich immer mal wieder ansieht und mich dabei beobachtet, wie ich die Gläser spüle, bevor ich mich zu Kimmy an den Tisch geselle.
„Oh, wird das ein Einhorn?“, frage ich sie voller Begeisterung, als ich den pinken Kreis mit dem Zacken begutachte. Ein Bild, das nur Menschen erkennen können, die so etwas öfters sehen. Aber dann weiß man jeden Strich zu schätzen.
„Ja, aber natürlich …“ Kimmy sieht mich entgeistert an und krallt sich dann den gelben Stift, um das Horn auszumalen. Ja, was für eine Frage. Natürlich ist das ein Einhorn.
Während Kimmy am Tisch sitzt und das Bild malt, wackelt sie mit den Beinen, summt das Lied im Radio mit und trinkt ab und zu einen Schluck Kakao. Tante Abby ist nun für das Erdgeschoss zuständig und hilft Tom, der noch ein paar Süßspeisen verteilt. In den letzten Minuten stehe ich noch an der Kasse und verkaufe ein paar Muffins und Brownies, die nach 17.00 Uhr aus der Auslage herausgeräumt werden, da sie ansonsten nicht mehr frisch genug sind. Die Gäste kommen, die Gäste gehen. Sie lassen Trinkgeld da, fragen nach dem Weg, bedanken sich und wünschen noch einen schönen Abend. Aber der Fremde bleibt. Gut, die meisten hier sind mir
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