Der schwarze Thron - Reiter reiter3
dass Siebenschlot von allen in Frage kommenden Verstecken am idealsten war. Professor Berry hatte obskure Gegenstände gesammelt, als die meisten anderen Leute nichts mit dergleichen zu tun hatten wollen.
Warum hatte sie nicht schon längst daran gedacht? Warum hatte sie nicht auf Professor Berrys Botschaft gehört? Sie stöhnte. So wenig sie auch den Umgang mit Toten mochte – in Zukunft sollte sie ihr geisterhaftes Geflüster wohl besser nicht als Einbildung abtun.
»Sie tut es schon wieder«, sagte Mara.
»Hä?«, fragte Karigan und blickte um sich.
»Ich würde das eher als Stöhnen denn als Seufzer bezeichnen«, antwortete Hauptmann Mebstone.
Karigan runzelte die Stirn.
»Wir haben gerade von Fergals neuer Fähigkeit gesprochen«, fuhr Hauptmann Mebstone fort.
Karigan richtete sich auf, sie war nun ganz Ohr und fragte sich, was sie wohl verpasst hatte. »Und?«
Hauptmann Mebstone lächelte. »Laut unseren Aufzeichnungen
ist es zwanzig Jahre her, seit sich das letzte Mal eine derartige Fähigkeit gezeigt hat.«
» Worin besteht denn seine Fähigkeit genau?«, fragte Karigan.
Hauptmann Mebstones Lächeln vertiefte sich, und Mara gluckste. »Wenn du zugehört hättest …«
» Bitte «, flehte Karigan. »Diesmal höre ich zu, ich verspreche es.«
»Also gut. Seine Fähigkeit hat mit dem Lesen der Aura-Energie zu tun, die jeden umgibt, der Magie beherrscht. Während des Langen Krieges war diese Fähigkeit nützlicher: damals konnten Reiter feindliche Magier dadurch entdecken und feststellen, welche Art von Magie sie einsetzten. Nach dem Langen Krieg starben die Magier im Laufe der Verfolgung aus, und deshalb war die Fähigkeit danach nicht mehr so nützlich. Wenn ein Reiter sie besaß, dann sah er hauptsächlich die Auren der anderen Reiter.
Aber als Fergal in Mirwellton die alte Frau sah, empfing er eindeutig irgendeine bösartige Art von Magie. Falls jetzt wieder mehr Magier auftauchen, wird sich Fergals Fähigkeit als äußerst nützlich erweisen.«
Karigan fragte sich, was er wohl wahrgenommen hatte, als er sie ansah – Dunkelheit. Bezog sich das einfach auf ihre Fähigkeit, unsichtbar zu werden, oder ging es tiefer? Er hatte »dunkle Flügel« erwähnt, und das gefiel ihr gar nicht.
In diesem Augenblick klopfte es an der Tür, und ein Grüner Läufer betrat den Raum. »Verzeihung, Hauptmann«, sagte er. »Aber Seine Majestät befiehlt Euch in den Thronsaal.«
Hauptmann Mebstone sah enttäuscht aus, als sie ihre Tasse abstellte. »Pflicht kennt keine Teepause«, meinte sie.
»Ich könnte an Eurer statt gehen«, bot Mara an.
»Nicht im Nachthemd«, antwortete Hauptmann Mebstone.
»Versprecht ihr mir, dass ihr euch nicht wieder in Schwierigkeiten bringt?«
»Ja«, sagte Karigan mit Nachdruck.
»Nein«, sagte Mara. »Zumindest ich hätte nichts gegen ein paar klitzekleine Schwierigkeiten einzuwenden. In letzter Zeit war mir so langweilig.«
Glucksend und kopfschüttelnd verließ Hauptmann Mebstone die beiden.
Wäre Karigan so lang eingeschlossen gewesen wie Mara, hätte sie auch einen Koller bekommen, aber da sie in letzter Zeit mehr als genug Schwierigkeiten gehabt hatte, genoss sie die Ruhe, zu der sie sowohl Meisterheiler Destarion als auch Hauptmann Mebstone verdonnert hatten. Anscheinend tat Mara ihr Bestes, um sich während ihrer unfreiwilligen Ruhepause zu beschäftigen: Ein Stapel Bücher türmte sich auf dem Tisch neben ihrem Bett, und Hauptmann Mebstone hatte ihr einen neuen Berg Papiere gebracht. Ganz zu schweigen davon, dass sie häufig Besuch von ihren Freunden erhielt – in letzter Zeit vor allem von Karigan.
»Vielleicht könnten wir eine Weile die Plätze tauschen«, überlegte Karigan.
»Ich habe gesagt, ich will klitzekleine Schwierigkeiten«, antwortete Mara. »Keinen unüberwindlichen Berg. Du meine Güte, deine Geschichten waren spannender als all die Romane, die Tegan für mich ausgesucht hat. Ich will nichts mit Weißen Welten und ekligen Gräbern zu tun haben, und ich will auch keine Edelfrauen befreien. Obwohl ich nichts dagegen hätte, Damian Frost kennenzulernen«, fügte sie hinzu. »Und Lady. Heißt sie wirklich so? Und sie ist keine Adlige? Wenn sie so hieße und von Adel wäre, müssten wir sie mit Lady Lady ansprechen. ›Hallo, Lady Lady. Wie nett, Euch kennen zu lernen, Lady Lady.‹« Mara hatte in affektiertem Ton gesprochen
und spreizte geziert den kleinen Finger der Hand ab, in der sie ihre Teetasse hielt. »›Hättet Ihr gern ein oder zwei
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