Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)
Aufstöhnend sank er zurück in seinen Thronstuhl. »Mehr Ale, Rothaar, los!«
Er winkte mit dem Horn, das sie hastig entgegennahm. Eine andere Sklavin stand am rußgeschwärzten Durchgang zur Küche und goss aus einem wuchtigen Krug so viel Ale hinein, dass Caitlín Mühe hatte, nichts zu verschütten, als sie zu Eirik zurückkehrte.
»Besser. Ja, so ist es besser«, brummte er, nachdem er seinen Durst gelöscht hatte. »Wie heißt du, Mädchen?«
Sie reckte sich. »Ich bin Caitlín, die Tochter von …«
»Schon gut. Es genügt, dass ich den irischen Namen des Skalden in den Mund nehmen muss. Ich werde dich Rothaar nennen.« Er schnippte mit den Fingern, woraufhin Edana an die Seite des Thronstuhls eilte. »Sag dem Schmied, er soll ein Halseisen bringen.«
»Ja, Herr.« Die Sklavenaufseherin machte sich auf den Weg. Bang sah ihr Caitlín nach. Ein Halseisen? Was wollte der Herse damit?
Sie schnappte nach Luft, als er ihren Kopf am Kinn herumzwang. »Du hast ein stolzes Funkeln in deinen grünen Augen, Mädchen. Merkst du gar nicht, was? Aber das werde ich dir schon austreiben. Ach!« Er ließ sie wieder los und lehnte sich zurück. »Wirklich schade, dass ich dich nicht mögen kann, denn eigentlich tu ich’s.«
Seine wirren Äußerungen schürten nur mehr ihre Furcht vor ihm. Verzweifelt sah sie sich um. Patrick saß an der Wand, seine Harfe vergessen auf dem Schoß. Aufmunternd zwinkerte er ihr zu, und sie lächelte dankbar. Wenigstens ein Mensch, der mit ihr fühlte.
Mit stampfenden Schritten betrat ein vierschrötiger Kerl die Halle. Ein Troll, so dachte Caitlín im ersten Augenblick. Seine Kleidung war voller schwarzer Flecken; seine bloßen Arme voller Brandwunden, und in die Falten seines Gesichtes hatte sich Ruß eingegraben, der sich, so sah es aus, niemals wieder abwaschen ließ. Wirr standen seine angesengten Haare in alle Richtungen ab.
»Wem soll ich das Eisen umlegen, Herr?«, dröhnte er und schüttelte einen Lederbeutel, in dem es drohend klapperte.
»Der Rothaarigen, Haukr. Nimm aber eins, das ihrer Schönheit keinen Abbruch tut.«
Caitlín wich zwei Schritte zurück, als der Schmied in seinen Beutel griff und einen flachen eisernen Reif zutage förderte, in dem Runen eingeritzt waren. Sie wollte gar nicht wissen, was sie bedeuteten.
»Heiliger Patrick!«, rief sie verzweifelt. Patrick eilte herbei, wollte sich dem Mann in den Weg stellen, doch der schob ihn einfach beiseite.
»Herr, diese Schönheit will besungen werden!«, rief der Barde über ihren Kopf hinweg dem Hersen zu. »Sie verdient keine Schmähungen, sie verdient …«
»Du jedenfalls verdienst eine Klinge, die dich von deiner Zunge befreit, Skalde«, schnaubte Eirik. »Ruhe jetzt!«
Der Schmied bog den Reif auf, um ihn um Caitlíns Hals zu legen. Sie fühlte sich leer und schwach, doch ihre Hand schien ein Eigenleben zu führen. Sie schlug dem hässlichen Mann in sein dreckiges Gesicht, doch sein Grinsen schwand nicht. »Du willst also vorher übers Knie gelegt werden?«, grölte er. »Darf ich, Herr? Diesen Hintern möchte ich wohl gern unter meiner Hand fühlen!«
Noch während Caitlín überlegte, ob sie den einzigen Fluchtweg nehmen sollte, der ihr in den Sinn kam – den in die Küche –, lag das kalte Eisen um ihren Hals. Der Schmied drückte es in ihrem Nacken zusammen und hantierte mit einer Zange, um es zu schließen. So schnell war er, dass sich Caitlín überrumpelt fühlte. Noch voller Erstaunen betastete sie das Metall. Es saß so locker, dass es auf ihren Schlüsselbeinen auflag, hatte aber ein ziemliches Gewicht.
»Das könnt Ihr nicht mit mir machen«, krächzte sie, sich zu dem Hersen umwendend. Sie hatte die Worte schreien wollen, doch der Berg von einem Mann schüchterte sie ein.
»Wie du siehst, kann ich das«, erwiderte Eirik. »Du wirst es vorerst Tag … und … Nacht …«
Er stöhnte, kniff das Auge zusammen und rieb sich das plötzlich gerötete Gesicht. Schwer atmend erschlaffte sein gesamter Oberkörper, sodass er wie ein Mehlsack in seinem Stuhl hing. Es bereitete ihm sichtliche Mühe, sich seinen Nacken zu massieren. »Diese von Loki verfluchten Schmerzen wieder …«
Caitlín starrte ihn an. War es das, wovon Njal gesprochen hatte?
»Patrick, hol meine Söhne«, befahl Eirik.
Nicht das noch! Genügte es denn nicht, dass immer mehr neugierige Leute näher traten? Krieger, Frauen, Kinder, sogar säumige Sklaven, alle wollten sich das entwürdigende Schauspiel nicht entgehen lassen.
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