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Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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sagen.
    »Es ist nicht rechtens.«
    »Er ist nur ein Bastard, aber er ist immerhin auch der Sohn des Hersen.«
    »Aber es war auch nicht rechtens, dass der Herse ihn Thorir des Öfteren vorzog.«
    »Jetzt straft ihn Odin für diese Anmaßung.«
    So ging es hin und her. Über seinen eigenen schweren Atem hinweg hörte Njal plötzlich auch Álfdis’ Stimme, die ihrem Sohn leise Einhalt gebot. Ach? Bedeute ich dir etwas? Oder fürchtest du nur, dass Thorir die Tat schlecht zu Gesicht steht?
    »Steh auf.« Eine Hand rüttelte an seiner Schulter. Benommen stemmte Njal sich hoch. »Hinüber zu den Pfählen, los!«
    Er lief wie von selbst. Ohne sein Zutun hoben sich seine Arme, um an den Pfosten festgebunden zu werden. Noch immer bewegte er sich wie in einem Traum … Er biss die Zähne zusammen, um sich vor Erleichterung nicht zu erbrechen. Thorir ließ ihm seine Hände. Stattdessen würde man ihn peitschen, bis die Haut seines Rückens in Fetzen hing, aber das kam einer Erlösung gleich.
    »Fang an, Haukr«, befahl Thorir dicht hinter ihm. »Und sei nicht zimperlich; er war es auch nicht.«
    »Ja, Herr.«
    Schritte und Befehle erklangen – es dauerte einen quälend langen Augenblick, bis jemand eine Peitsche gebracht hatte. Njal konnte sie nicht sehen, doch zweifellos war sie nicht mit dem Spielzeug zu vergleichen, mit dem Edana die Sklavinnen schlug.
    Er schlang die Finger um die Seile, die seine Handgelenke hielten, suchte einen festen Stand und schloss die Augen. Caitlín, Caitlín. An sie musste er denken, wenn er das hier überstehen wollte … Als der erste Schlag durch die Luft zischte und seinen Rücken in zwei Hälften zu spalten schien, warf er erschrocken den Kopf in den Nacken.
    Ich werde nicht schreien. Sie wird mich nicht schreien hören .
    Er schrie nicht. Doch das Knallen der Peitschenhiebe ging ihr durch Mark und Bein. Caitlín kauerte sich am Eingang des Langhauses zusammen und presste die Hände auf die Ohren. Zum Glück redeten die versammelten Bewohner Thrymheimrs wild durcheinander und milderten so ein wenig den grässlichen Lärm der Peitsche. Patrick saß neben ihr und streichelte hilflos ihren Rücken, während sie die tränenverklebten Lider fest zusammenpresste. Vor Grauen musste sie sich schütteln, als sie daran zurückdachte, wie sie geschrien und sich vor Thorir erniedrigt hatte. Beinahe hätte sie sich ihm angeboten, wenn er dafür nur von Njal abließe.
    Ja, das hätte sie für ihn getan, doch dann hatte Thorir, dem allmächtigen Gott sei Dank, selbst die Peitschenhiebe vorgeschlagen.
    Njal behielt seine Hände – aber würde er nach dieser Tortur sein Leben behalten?
    »Ich halte das nicht aus, ich halte das nicht aus«, wimmerte sie, sich vor und zurück wiegend.
    »Er wird es überstehen«, versuchte Patrick sie zu beruhigen. »Lasst uns in die Halle gehen, dann erfreue ich Euch mit einem Lied aus der Heimat. Wie wäre das?«
    Sie wandte ihm ihr Gesicht zu, die Hände immer noch an den Ohren, und sah ihn vorwurfsvoll an. Ein Lied? Während Njal ausgepeitscht wurde?
    »Dummkopf«, murmelte sie.
    »Es tut mir leid, dass ich keine bessere Hilfe anbieten kann«, erwiderte er kläglich.
    Caitlín sprang auf und rannte ins Haus. An Álfdis vorbei kletterte sie die Leiter zum Gemach des Hersen hinauf. Eirik lag unter Bärenfellen auf seinem Bett und schnarchte.
    »Eirik!« Sie rüttelte ihn an seiner Schulter. Grunzend öffnete er kurz die Augen, schlief aber sofort weiter. »Euer Sohn wird gefoltert, Ihr müsst dem Geschehen Einhalt gebieten!«
    »Was …? Mein Sohn? Was redest du da …«
    »Thorir lässt Njal auspeitschen!«
    Ihre Finger krallten sich in sein Hemd und zogen und zerrten, bis der Stoff riss. Den Hersen ließ das alles unbeeindruckt. Es war sinnlos. Eirik war nur noch müde und schläfrig, und wenn er wach war, so begriff er oft nicht mehr viel, sondern polterte einfach nur zornig herum. Sein einstmals so gewaltiger Bauch war sichtbar geschrumpft, da der Schlaf ihn vom Essen abhielt. Wie Caitlín es befürchtet hatte, fand sie bei ihm keine Hilfe.
    »O Gott, o ihr Heiligen.« Sie raufte sich ihre Locken. So viel Glück am gestrigen Tag – und jetzt solch ein Unglück! Wie sollte ein Mensch, wie sollte eine liebende Frau dies nur ertragen?
    Draußen durchschnitten die Laute der grässlichen Hiebe noch immer die Luft. Von Njal war kein Ton zu hören.
    Caitlín wankte die Treppe hinunter. Unten auf ihrem Platz in der Nähe des Thronstuhls saß die Hausherrin und kämmte auf

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