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Der Schwefelfluss

Der Schwefelfluss

Titel: Der Schwefelfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Einhorn in die neue Richtung, und tatsächlich erreichten sie gleich darauf ein kleines Nadelgehölz.
    Im nächsten Moment fuhren erneut Flammen auf die Erde herab. Ein berstendes Krachen ertönte. Mit unwiderstehlicher Gewalt wurde der Krieger von seinem Reittier herabgezerrt. Etliche Schritt weit wirbelte er durch die Luft, bevor er unsanft aufschlug.
    Eine unheimliche Macht schien ihm in die Glieder zu fahren. In seinem Schädel dröhnte und hämmerte es; feurige Ringe tanzten vor seinen Augen, und er hörte wie aus unendlich weiter Ferne das erschrockene Wiehern des Einhorns und das Heulen des Bitterwolfs.
    Arme und Beine waren taub und brannten gleichzeitig in höllischem Feuer. Ein unsagbarer Schmerz raste durch seinen Körper - ein Dämon, der von ihm Besitz ergreifen wollte?
    Mythor schrie auf. Und sein Schrei mischte sich in das lauter werdende Prasseln, das ringsum war und ihn in die Wirklichkeit zurückrief.
    Flackernder Feuerschein lag über dem Schnee. Der Geruch brennenden Harzes breitete sich aus.
    Mühsam stemmte Mythor sich hoch. Er war benommen und fühlte sich schwach, und er zitterte. Aber als er die brennenden Bäume sah, von denen die Flammen in den Himmel stiegen, wusste er, dass die Götter ihm gnädig gewesen waren.
    Wintergewitter waren selten. Ob das Unwetter von Dämonen herbeigerufen wurde, ihn zu vernichten? Mythor wusste es nicht. Immerhin war er dem Blitzschlag nur um Haaresbreite entgangen. Und seither blieb es still, kein Donner rollte mehr über das Land, keine glühenden Finger leckten gierig vom Firmament. Der Sturm zerstreute die schwarzen Wolken.
    Noch immer fiel Schnee.
    Mythor versuchte einige unbeholfene Schritte. Er war von einer inneren Unruhe erfüllt, die ihn aus der Nähe der lodernden Flammen wegführte. Er sah noch Pandor auf sich zukommen, dann wurde ihm schwarz vor Augen. Dass er stürzte, nahm er schon gar nicht mehr wahr.
    *
    Die Legende
    Es hielt den Heroen Maynos nicht lange in der neugegründeten Stadt. Sein Leben war der Kampf, und er zog wieder aus, um sich zu bewähren. Vielleicht trieben ihn die Mächte der Schattenzone vorwärts, vielleicht auch nur sein Weib Arza, das schon bald, nachdem die Kunde vom Tod des Drachen in aller Munde war, in Ugalos erschien.
    Dieses Weib war schlimmer noch als ein Drache mit zwei Köpfen. Sie hasste Maynos ob seiner unzähligen Liebschaften und scheute nicht davor zurück, einer seiner Mätressen die Augen auszukratzen.
    Eines Tages aber führte die Lorana blutrotes Wasser...
    Maynos war beim Baden in einem Seitenarm des Flusses hinterrücks getötet worden. Sein Weib hatte den Meuchelmörder gedungen, der wenig später an dieser Stelle auch Hand an sich selbst legte, von dunklen Mächten dazu gezwungen.
    Beides geschah eine halbe Tagesreise von Ugalos entfernt flussaufwärts. Der Heroe lebte noch lange genug, um diesen Ort verfluchen zu können. Sein Fluch öffnete die Erde, der für lange Zeit blutrote Fluten entströmten. Ob es das Blut des Drachen war, das den Fluss vergiftete, oder der Speichel von Dämonen, wagte niemand zu sagen.
    Erst nach vielen Sonnenwenden versiegte der Blutstrom. Von da an wurde die Lorana von der Blutquelle mit klarem, reinem Wasser gespeist, dem man gar oft wohltuende Wirkung zuschrieb. Es hieß, dass es Krankheiten heile und Gebrechen bis ins hohe Alter hinein lindere.
    Ugalos blieb die Stadt auf den sieben Inseln, und viele ihrer Bewohner, die aus Furcht vor Siechtum und Besessenheit geflohen waren, kehrten wieder zurück. Seither ist das Stadtwappen der sechsbeinige, kriechende Drache mit hochgestelltem Schweif, der gelbes Feuer in die Höhe speit. Als Erinnerung an die Gesänge des Barden und zur steten Mahnung vor den unbegreiflichen Mächten der Schattenzone ist das Tier schwarz und blutrot gefärbt der Hintergrund. Über dem Drachen kreuzen sich Breitschwert und Zauberstab. Auch in den Wappen der zwölf Grafschaften findet sich der feuerspeiende Drache.
    Noch heute heißt es, dass großes Unheil der Stadt Ugalos drohe, wenn sich eines Tages das Wasser der Blutquelle wieder trübt...
    *
    Leise, schlurfende Schritte huschten über den Boden aus weißem Marmor. Kein Laut drang von den oberirdischen Gemächern des Sonnenpalastes bis hierher.
    Die Gestalt im schwarzen Umhang verhielt, schien kurz zu lauschen und eilte dann weiter. Im Schein rußender Fackeln flammten in die Kleidung eingewebte magische Symbole auf. Sie vermochten Einblick in das Leben und Wirken ihres Trägers zu geben und

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