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Der Schwefelfluss

Der Schwefelfluss

Titel: Der Schwefelfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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zeigte nur seine Handflächen, und der andere verschwand mit einem erstickten Laut.
    Pferde wurden gebracht. Diejenigen, die am lautesten nach Kampf schrien, schwangen sich in die Sättel. Armos sah zu, wie sich die Menge langsam zerstreute. Viele scheue Blicke warf man ihm zu, und jeder mied es, ihm nahe zu kommen. Dann brach die wilde Jagd auf. Hufe donnerten über hölzerne Brücken und ließen den Boden erzittern. Für eine Weile rissen die gelben Nebel auf, die in immer dichteren Schwaden durch die Stadt trieben. Als sie sich wieder verdichteten, schien es, als hätten sie die Reiter vom Erdboden weg verschluckt.
    Grabesstille breitete sich aus. Doch nur für kurze Zeit, denn dann sorgten die Bürger von Ugalos selbst dafür, dass ihre stolze Stadt zu einem Hexenkessel wurde.
    Kälte und Nässe ließen Duprel Selamy schnell zu sich selbst zurückfinden. Das Wasser hatte bereits seine Waden erreicht, und ihm blieb nur noch wenig Zeit. Er hätte sich ohrfeigen können dafür, dass er beinahe die Nerven verloren hatte.
    Mit fliegenden Fingern legte er die Rüstung an, deren hellen Schimmer auch die trübe Brühe des Flusses nicht beeinträchtigen konnte. Schon stand er bis zu den Knien im Wasser, das rasend schnell stieg.
    Der Brustpanzer.
    Das Rückenteil.
    Oft genug hatte er es in den vergangenen Tagen geübt und sich dabei ausgemalt, wie es wohl sein würde. Aber die Wirklichkeit war ganz anders.
    Der Tod kam mit Riesenschritten. Sein Begleiter war ein grauenvoller Gestank, der den Schmied in seinen Bewegungen lähmte, ihn zittern und krampfhaft nach Luft ringen ließ.
    Zischend starb die Glut in der Esse; das Wasser riss die Kohlen mit sich.
    Duprel Selamy zwängte sich in den Harnisch, der ihm passte, als sei er eigens für ihn angefertigt worden. Und in gewisser Weise stimmte das auch. Vielleicht war es Schicksal, dass der Erzmagier Vassander und der Schmied nahezu gleich groß waren, vielleicht Vorsehung oder gar der Wille der Götter. Wer würde es je ermessen?
    Meister Duprel jedenfalls, als er zu ahnen begann, was ihm bevorstand, hatte den Harnisch nach seinen eigenen Körpermaßen angefertigt. Und nun konnte er nur hoffen, dass Vassanders Magie auch ihn schützte und er nicht doch jämmerlich ertrank.
    In seinen Stulpenstiefeln, die ihm bis über die Knie hinaufreichten, schwappte das Wasser. Als er es bemerkte, erschrak er. War seine einzige Hoffnung vergebens gewesen? Selbst er konnte keine Rüstung herstellen, die die Nässe abhielt wie die Waffe eines Gegners.
    Duprel Selamy schloss die Armmanschetten über seinem Lederhemd, dann nahm er den Helm und setzte ihn auf. Wenig später schlug das Wasser über ihm zusammen.
    Er glaubte seinen Herzschlag zu hören, während sich ein ungewohnter Druck auf seine Ohren legte. Seltsam gedämpft und wie aus weiter Ferne klang jetzt das Rauschen des Wassers. Aber in der Rüstung blieb es trocken.
    Vorsichtig machte der Schmied einige Schritte. Es war, als würde er von einer unsichtbaren Kraft festgehalten. Jede Bewegung fiel ihm unsagbar schwer.
    Es kostete Duprel ungeahnte Überwindung, beim Anblick der gelben Fluten vor seinem Visier nicht in Panik auszubrechen. Ein wenig half es ihm, dass er sich sagte, Vassanders Magie müsse stärker sein als die Elemente. Immerhin war der Harnisch für den Erzmagier bestimmt gewesen, und der würde sich nicht mit Halbheiten abgeben.
    Nun öffnete sich auch die gegenüberliegende Wand. Sofort machte sich eine überaus starke Strömung bemerkbar. Der Schmied spürte nichts davon, aber er sah verschiedene Werkzeuge davonwirbeln. Sogar der schwere Amboss wurde umgeworfen. Duprel Selamy verdankte es nur der Rüstung, dass das Wasser ihn nicht längst schon mitgerissen hatte. Wenn der Raum wieder geschlossen und leer gepumpt war, würde Vassander kommen und sich seinen Harnisch holen.
    Zum erstenmal seit langem musste der Meister lachen. Der Erzmagier würde fluchen, wenn er das Verlies leer vorfand, und annehmen, dass die Strömung der Lorana doch stärker gewesen war als seine Beschwörungen.
    Duprel hatte es auf einmal eilig, den Raum zu verlassen, denn jeden Augenblick konnten die Wände sich wieder schließen. Eine zweite Möglichkeit, zu fliehen, würde er bestimmt nicht mehr erhalten.
    Ohne es eigentlich zu wollen, wandte er sich flussaufwärts. Schon nach kurzem fiel es ihm leichter, seine Kräfte einzuteilen. Er kam schneller vorwärts.
    Dicke, von vielerlei Pflanzen überwucherte Mauern blieben hinter ihm zurück. In

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