Der schweigende Mund
Bertha. »Die Recherchen sind deine Angelegenheit, ich sorge für die Finanzen. Gerade jetzt denkt Bertha darüber nach, wie sie die kleine Heuchlerin mit den beiden Namen dazu bringen kann, mehr Geld auszuspucken.«
»Das wird nicht so ganz einfach sein«, sagte ich. »Wirklich nicht. Du hast doch schon eine finanzielle Abmachung mit ihr getroffen.«
»Einfach?« fuhr Bertha mich an. »Was verstehst du schon von Geldangelegenheiten? Du wirfst mit dem Geld um dich wie ein nasser Hund, der sich schüttelt und dabei die Möbel bespritzt. Du würdest noch nicht einmal Saft aus einer Wassermelone drücken können. Ich dagegen habe mein Leben darauf verwandt, Blut aus Zuckerrüben zu pressen. Mach, daß du hier herauskommst, und laß Bertha nachdenken.«
Ich ging in mein Büro hinüber und wartete auf den Bericht über Daphne Ballwin. Der Detektiv, der sie beobachtete, rief erst um f ünf Uhr an. Er glaubte etwas Interessantes festgestellt zu haben Un d fragte, ob er mir seine Beobachtungen telefonisch durchgeben sollte.
Ich sagte ihm, er solle zu uns kommen.
Er versprach, in zehn Minuten bei uns zu sein.
Ich schob ihm einen Stuhl hin und stellte fest, daß er sehr mit sich zufrieden war.
»Nun«, fragte ich, »was hat sie angestellt?«
»Der Chauffeur hielt vor dem Pawkette Building. Sie stieg aus und ging hinein. Ich konnte noch den gleichen Fahrstuhl wie sie erwischen. Ihre Gedanken schienen so stark auf irgendeine Sache konzentriert zu sein, daß alles andere bei ihr in den Hintergrund geriet. Wenn man sie nur ansah, konnte man merken, daß ihr Vorhaben wichtiger Natur war und sie möglichst schnell an ihr Ziel kommen wollte.«
»Sie glauben nicht, daß sie nur geblufft hat? Vielleicht hat sie Ihre Aufgabe erkannt und hat darum versucht... «
Er winkte entschieden ab. »Das ist mir auch schon passiert«, sagte er, »aber es gelingt ihnen nie, mich abzuschütteln. Früher oder später werfen sie dann doch einen schnellen Seitenblick auf einen. Oder sie bleiben plötzlich stehen, um sich zu vergewissern, ob man ihnen noch auf den Fersen bleibt. Die meisten Menschen sind solchen Situationen nicht gewachsen.«
»Vielleicht war sie es aber doch.«
»Gut«, sagte er zweifelnd, »vielleicht - aber überzeugt bin ich davon nicht.«
»Weiter, was tat sie dann?«
»Sie ging zu ihrem Zahnarzt.«
»Zu ihrem Zahnarzt?«
Er nickte.
»Wer ist das?«
»Doktor George L. Quay.«
»Seine Adresse?«
»Pawkette Building sechshundertfünfundneunzig.«
»Gut, weiter.«
»Da ich auch einen Zahn habe, der behandelt werden muß, dachte ich mir, ich könnte einmal hineingehen und mir den Zahnarzt an-sehen.«
»Das war gefährlich.«
»Da haben Sie recht, aber die Frau war völlig von ihrem Vorhaben in Anspruch genommen. Sie wirkte wie eine Schlafwandlerin.«
»Weiter«, sagte ich zweifelnd.
»Sie ging also in Doktor Quays Praxis, und ich folgte ihr. Sobald
die Sprechstundenhilfe sie sah, bemerkte ich eine Feindseligkeit zwischen den beiden Frauen. Mrs. Ballwin setzte sich gar nicht erst hin, sondern blieb herausfordernd stehen und nickte der Sprechstundenhilfe zu. Nun saß da noch ein anderer Patient im Wartezimmer, der ziemlich ungeduldig war und zu der Assistentin sagte: »Wollen Sie etwa die Dame vor mir ’reinlassen?< Die Assistentin lächelte und sagte: »Diese Dame befindet sich in einer sehr komplizierten Spezialbehandlung.< Da ging der Patient hoch und sagte, er sei für diese Zeit bestellt worden, und nun seien schon zwei Leute vor ihm behandelt worden. Die Assistentin forderte in ihrer Not Mrs. Ballwin auf, sie möge doch Platz Platz nehmen, aber das wollte sie durchaus nicht. Sie trug der Assistentin auf, Doktor Quay zu bestellen, daß sie da sei. Ihr Benehmen war so, daß man annehmen mußte, ihr gehöre die ganze Praxis. Die Assistentin ging hinein, dann hörte man aus dem Arztzimmer einen Wortwechsel. Als sie wieder herauskam, forderte sie Mrs. Ballwin auf, hineinzugehen. Dabei waren ihre Lippen aufeinandergepreßt, und ihre Augen sprühten Funken.«
»Und was geschah mit dem anderen Patienten?«
»Er stand auf und ging weg.«
»Wie lange war Mrs. Ballwin bei ihm?«
»Ungefähr zehn Minuten.«
»Kam ein anderer Patient ’raus, als Mrs. Ballwin ins Behandlungszimmer ging?«
»Wieso das?«
»Na, er muß doch jemanden in seinem Stuhl gehabt haben. Was geschah mit dem Patienten, den er gerade behandelte?«
»Das weiß ich nicht. Ich nehme aber an, daß Doktor Quay mit Mrs. Ballwin ins Laboratorium
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