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Der schweigende Mund

Der schweigende Mund

Titel: Der schweigende Mund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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das angrenzende Zimmer führte, war abgeschlossen.
    Wir fanden Mrs. Ballwins Schlafzimmer direkt daneben. Es hatte einen Wandschrank und einen kleinen Ankleideraum. An diesen schloß sich ein Badezimmer an, und von hier aus konnte man in ein drittes Schlafzimmer gehen. Dieses Zimmer schloß sich direkt an das von Mrs. Ballwin an und lag nach hinten hinaus.
    Ich öffnete alle Türen und sah in die verschiedenen Schränke. Als ich zu einer verschlossenen Tür kam, sagte Sellers: »Das ist die zu Ballwins Schlafzimmer. Merkwürdig, daß sie abgeschlossen ist.«
    »Wir wollen sie doch mal öffnen«, sagte ich.
    »Ja, warum auch nicht?«
    Ich drehte den Türknauf mehrmals hin und her und sagte zu Sellers: »Die Tür ist offenbar nicht von dieser Seite, sondern von innen zugeschlossen worden. Frank, vielleicht ist das gar nicht die Tür zu seinem Schlafzimmer?«
    »Natürlich, das muß sie sein«, sagte Sellers. »Sein Schlafzimmer liegt doch nach vorn heraus, unmittelbar an diesen Raum anschließend.«
    »Sehen Sie sich doch einmal genau an, wie eigenartig diese Wandschränke eingebaut sind«, sagte ich. »Und auf der anderen Seite befinden sich ebenfalls Wandschränke. Ich glaube auch nicht, daß die beiden Zimmer aneinanderstoßen. Das sollten wir uns doch mal etwas näher ansehen.«
    Ich betrachtete noch einmal den Einbau der Wandschränke und die Ausmaße der Zimmer, dann schritt ich die Entfernungen auf dem Korridor ab, ging in Ballwins Zimmer zurück, maß noch die Länge zu der verschlossenen Tür ab und drehte auch hier am Knauf.
    »Genau wie nebenan«, sagte ich. »Auch diese Tür ist von innen zugeschlossen worden. Zwischen den beiden Schlafzimmern muß sich also noch ein Raum befinden, Frank, weil beide Türen von innen abgeschlossen wurden.«
    Sellers sah mich ernst an. Seine Augen verrieten mir, daß er verstanden hatte. Dann schob er mich mit dem Bemerken zur Seite: »Machen Sie Platz.«
    Er ging etwa sechs Schritte zurück, schob eine Schulter nach vorn, spannte seinen Arm an und rannte mit äußerster Kraftanwendung gegen die Tür, ähnlich einem Rugbyspieler, der eine Mauer gegnerischer Spieler anläuft.
    Mit einem explosionsartigen Krachen wurde das Schloß aus dem splitternden Holz der Türfüllung gerissen.
    Unser Blick fiel in ein Badezimmer. Vor uns auf den Fliesen lag die zusammengekrümmte Gestalt einer Frau. Sie war wie zum Ausgehen angezogen, ihr Rock hatte sich bis zu den Hüften hochgeschoben. Die Lage ihrer mit teuren Strümpfen bekleideten Beine war leicht gewinkelt, ihr Gesicht war dem Fußboden zugewandt und das Haar vollkommen zerzaust. Ein Arm war halb um den Sockel eines Beckens geschlungen, der andere lag ausgestreckt, und es schien, als hätten ihre Finger nach einem Halt an den glatten, achteckigen Fliesen gesucht. Offensichtlich hatte sich die Frau heftig übergeben müssen, denn der Fußboden wies ringsherum diese Spuren auf.
    Ich trat an sie heran, um festzustellen, ob sie noch zu retten war, doch konnte ich keinen Pulsschlag verspüren. Ihre Haut fühlte sich feucht und klebrig an. Trotzdem hatte ich die Überzeugung, daß noch ein Funken Leben in ihr sein müsse. In meiner gebückten Haltung konnte ich eine Hälfte ihres Gesichtes erkennen.
    Es war Daphne Ballwin.
    Inzwischen ließ Inspektor Sellers eine Flut gemeinster Beschimpfungen gegen die Beamten los, die das Haus durchsucht hatten und deren Aufmerksamkeit die Existenz dieses Badezimmers zwischen den beiden Schlafgemächern entgangen war.
    Ich vernahm, daß jemand die Treppe heraufgestürzt kam. Einen Moment später stand der Beamte, mit dem wir uns vorher, als dieser die Anrichte untersuchte, unterhalten hatten, mit seiner Pistole in der Hand vor uns. Offenbar hatte ihn der Krach nach oben gerufen, der durch das gewaltsame öffnen der Tür entstanden war. Jetzt schien er bereit, auf mich zu knallen oder mich niederzuschlagen - je nachdem, wie die Umstände es verlangen würden.
    Als er uns durch die aufgebrochene Tür im Badezimmer stehen sah und für ihn die auf dem Boden liegende Frau sichtbar wurde, sank sein Kinn merklich herab.
    »Was haben Sie entdeckt, Inspektor?«
    »Was ich entdeckt habe, wagt der Kerl noch zu fragen?« fauchte Sellers ihn an. »Eine im Sterben liegende Frau haben wir gefunden.
    Euch Kerle hätte man im Kindergarten weiterspielen lassen sollen! Wie, zum Teufel, konnten Sie dieses Badezimmer nur übersehen?«
    »O je, Inspektor, ich dachte mir... Ich nahm an, das wäre eine Verbindungstür zwischen

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