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Der schweigende Mund

Der schweigende Mund

Titel: Der schweigende Mund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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ich tatsächlich ein Risiko auf mich.«
    »Warum eigentlich?« fragte sie. »Warum opfern Sie sich derart für mich auf?«
    »Verflixt noch mal, das weiß ich selbst nicht. Vielleicht ist auch der Kuß schuld daran, den Sie mir gestern abend mit auf den Weg gaben.«
    »Donald, das darf es auf keinen Fall sein.«
    »Was?«
    »Ich wollte Sie durchaus nicht verführen.«
    »Das weiß ich.«
    »Ich mag Sie gern, Sie sind nett, und daher möchte ich nicht, daß Sie meinetwegen in Schwierigkeiten geraten.«
    »Ich tue es ganz von mir aus.«
    »Das Risiko ist für Sie sicher größer, als Sie es mir gegenüber darstellen.«
    Ich schüttelte den Kopf und sagte: »Geben Sie mir jetzt den Schlüssel zu dem Schließfach.«
    Sie öffnete ihre lederne Handtasche, sah in der Geldbörse nach, runzelte die Stirn, lächelte dann und griff in die Seitentasche ihres Kostüms.
    Plötzlich zeigte sie ein bestürztes Gesicht, was mich zu der Frage veranlaßte: »Was ist nun los?«
    »Ich habe den Schlüssel in der Tasche des anderen Kostüms gelassen, das ich gestern anhatte.«
    »Und was haben Sie mit dem anderen Kostüm gemacht? Haben Sie es etwa zur Reinigung gebracht?«
    »Nein, es hängt in meinem Schrank.«
    »Und der Schlüssel steckt in der Seitentasche?«
    Sie nickte und fragte mich: »Soll ich hingehen und ihn holen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Jetzt können Sie nicht nach Hause gehen. Geben Sie mir die Schlüssel.«
    Sie nahm einen Türschlüssel aus ihrer Geldbörse und reichte ihn mir.
    »Wo finde ich das Kostüm?«
    »Wenn Sie in das Zimmer kommen, dann ist gleich links der Kleiderschrank. Das Kostüm hängt auf einem Bügel, und der Schlüssel steckt in der linken Jackentasche.«
    »Gut«, sagte ich. »Warten Sie also hier, bis ich zurückkomme. Und denken Sie daran, was ich Ihnen über Telefonanrufe gesagt habe.«
    »Donald, ich... « Sie war von ihrem Stuhl aufgestanden und kam mit halbgeöffneten Lippen und feuchten Augen auf mich zu.
    »Donald«, sagte sie noch einmal kaum hörbar.
    Und dann wandte sie sich plötzlich wieder von mir ab.
    »Was ist denn nur?«
    Sie drehte mir den Rücken zu, sah zum Fenster hinaus und schüttelte den Kopf.
    »Was ist denn los, Ruth?« fragte ich nochmals.
    »Ich hätte das gestern abend nicht tun dürfen«, sagte sie. »Dadurch fühlen Sie sich verpflichtet, meinetwegen ein solches Risiko auf sich zu nehmen.«
    »Das war gestern abend«, sagte ich. »Und das Risiko ist durchaus nicht größer für mich geworden.«
    Sie kehrte mir noch immer den Rücken zu.
    Ich schritt zu ihr hinüber, legte meine Hände auf ihre Schultern, um ihren Blick wieder zu mir zu lenken.
    »Bitte, Donald, seien Sie vorsichtig. Merken Sie denn nicht, wie sehr ich um Sie bange?«

14

    Vor Ruths Haus in der Lexbrook Avenue stoppte ich meinen Wagen und ging zum Eingang hinüber. Als ich die Außentür aufstieß, blickte ich mich erst vorsichtig nach allen Seiten um. Niemand schien auch nur das geringste Interesse an meiner Person zu nehmen. Links und rechts der Straße parkten ein paar Autos, aber niemand saß darin.
    Ich nahm zwei Stufen auf einmal und lief dann den Korridor zu Ruths Zimmer entlang. Ohne vorher anzuklopfen, steckte ich leise den Schlüssel ins Schloß, hielt dann kurz inne und überblickte noch einmal den Flur in beiden Richtungen, um mich zu vergewissern, daß mich auch niemand beobachtete. Dann erst drehte ich den Schlüssel herum, stieß ruckartig die Tür auf und trat ein.
    Ein Instinkt warnte mich zur Vorsicht. Blitzschnell zog ich den Kopf ein, doch es war zu spät. Einen winzigen Moment war mir zumute, als fiele die Decke auf mich herab. Ich spürte noch, wie die Kraft aus meinen Beinen wich. Der ausgebleichte Teppich kam auf mich zu. Er klatschte gegen mein Gesicht - und im selben Augenblick trat ich die Fahrt ins Traumland an.
    Auf unergründliche Weise spürte ich, wie die Zeit verging. Ich wußte nicht, wieviel Zeit, denn sie war recht bedeutungslos geworden. Mir war so übel, und irgend etwas surrte in meinem Kopf. Es war ein merkwürdiges Surren, das ich abwechselnd als laut und dann wieder als abklingend empfand, ähnlich dem Geräusch eines Zahnarztbohrers, nur mit dem Unterschied, daß ihn niemand in Betrieb zu setzen brauchte.
    Unter Aufbietung aller noch verfügbaren Energie zwang ich mich, die Augen zu öffnen... Langsam kehrte mein Bewußtsein zurück. Ich lag auf dem dünnen Teppich in Ruths Zimmer und roch den Staub des Fußbodens. Das Geräusch, das ich vernommen hatte

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