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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Bildhauerei gedeihen unter der Gönnerschaft vieler gelehrter Herrscher, von den Medici in Florenz bis zu den Habsburgern in Österreich, die ihren Malern Zugang zu klassischer Literatur verschaffen. Seine Gnaden, König Edward IV., will erreichen, dass dieser unvergleichliche Schatz, Gelehrtheit und Wissen, auch in England eine Blütezeit erlebt.«
    »Wie wunderbar!« Ich war begeistert. Mir war schon zu Ohren gekommen, dass die Druckerpresse Hunderte von Büchern in weniger als der Hälfte jener Zeit vervielfältigen konnte, die Schreiber in mühseliger Handarbeit für ein einziges benötigten; mit einer Flotte dieser erstaunlichen Geräte würde ich damit beginnen können, unsere in Jahren des Aufruhrs und Bürgerkriegs arg dezimierten Bibliotheken wieder aufzufüllen. In Kastilien war die Schriftkunde auf Mönche, rührige Gelehrte und die sehr Wohlhabenden beschränkt. Von den gewöhnlichen Menschen konnten sich nur die wenigsten Bücher leisten, geschweige denn sie lesen.
    Endlich sah ich etwas Bedeutsames, zu dem ich einen Beitrag leisten konnte.
    Ich beschloss auf der Stelle, einen wohltätigen Bildungsfonds einzurichten. Cárdenas erhielt den Auftrag, zwanzig Druckerpressen aus Deutschland zu besorgen und in Salamanca und einer Reihe anderer bedeutender Universitätsstädte aufstellen zu lassen. Zum Dank für meine Bemühungen sandte mir Valencia das erste, mit der neuen Presse gedruckte Werk – mir und meinem ungeborenen Kind gewidmet – mit Lobliedern an die Heilige Jungfrau. Dieses kostbare, in Kalbsleder gebundene Büchlein, das intensiv nach Tinte roch, fesselte mich. Es fiel mir schwer zu glauben, dass eine Maschine es hergestellt hatte, wie ich Fernando ein ums andere Mal begreiflich zu machen suchte. Er meinte nur schmunzelnd: »Warum diese Aufregung? Das ist doch trotzdem bloß ein Buch, oder?«
    Ich starrte ihn verblüfft an und vergaß für einen Moment meinen gewölbten Leib. »Begreifst du nicht, dass wir mithilfe dieser Pressen anfangen können, die Bildung jedes Einzelnen in unserem Reich voranzubringen?«
    Er beäugte mich über seinen Weinkelch und die fettigen Überreste eines abgenagten Rebhuhns auf seinem Teller hinweg. Wir hatten es uns angewöhnt, abends in meinen Gemächern zu speisen, weil es hier gemütlicher war und es mir so erspart blieb, jetzt, im sechsten Monat meiner Zeit, die tückischen Stufen auf das Podest im Thronsaal hinauf und wieder herab zu bewältigen.
    Fernandos Grinsen wurde breiter. »Ich nehme an, dass du mit ›jedem Einzelnen‹ auch die Frauen meinst?«
    »Aber natürlich! Warum nicht? In Italien ist es Frauen erlaubt, an der Universität zu studieren und akademische Ehren zu erwerben. Hast du vielleicht etwas dagegen, dass Frauen noch andere Dinge lernen als nur Haushaltskünste?«
    »Ich? Etwas dagegen haben?« Er hob die Hände in gespielter Kapitulation. »Gott behüte!«
    Ich musterte ihn skeptisch. »Gibst du jetzt bloß deshalb nach, weil die Hebammen das befohlen haben? Ich bin mir nämlich sehr wohl bewusst, dass viele Männer den weit verbreiteten Glauben teilen – besonders weit verbreitet übrigens unter denjenigen, die selbst des Lesens nicht kundig sind –, dass Bildung die naturgemäß unzureichend ausgeprägte Charakterstärke einer Frau nur schwächen würde.«
    »Das ist mir neu«, erwiderte er. »Allerdings nehme ich an, dass dieses Argument durchaus etwas für sich hat.«
    Mit einem Zischen atmete ich ein und bezähmte mich gerade noch rechtzeitig, als ich das Funkeln in seinen Augen bemerkte. Er gab sich alle Mühe, nicht in schallendes Gelächter auszubrechen.
    »Sehr gut.« In irrationaler Verärgerung über seine Art, dieses wichtige Thema auf die leichte Schulter zu nehmen, ließ ich mich auf die Kissen meines gepolsterten Stuhls zurückfallen. »Denn ich beabsichtige, ein Dekret zu erlassen, nach dem es Frauen erlaubt sein wird, an Universitäten sowohl zu lernen als auch zu lehren. Außerdem habe ich vor, eine Frau in meine Dienste zu nehmen, damit sie mir Lateinunterricht erteilt.«
    »Ich frage mich, ob ein solches Wunder wirklich existiert«, witzelte Fernando.
    »Und ob!«, blaffte ich. »Und sie wird mich unterrichten, solange ich noch etwas zu sagen habe.«
    Jetzt konnte er nicht länger an sich halten. Er lachte los, woraufhin ich mir ein verkniffenes Lächeln abnötigte. Als er das sah, beugte er sich über mich und küsste mich. »Dann mach das unbedingt«, flüsterte er. »Erlass dein Dekret, auch wenn ich keinen

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