Der Schwur der Königin
Erschöpfung ausgetobt und ihre Amme sie in den Schlaf gewiegt hatte, setzten wir uns auf die Steinbänke unter der Arkade und plauderten über Belangloses.
Oft leistete uns Cabrera Gesellschaft. Er hatte Wort gehalten und über mich gewacht, so weit ihm das möglich war. Er kümmerte sich darum, dass wir immer genügend Kerzen und und frische Bettwäsche hatten. Seine Mutter versah meine Gemächer, leistete mir Dienste als Ehrendame und half uns auch mit unseren Kleidern, denn trotz ihres Versprechens, mich neu einzukleiden, hatte mir die Königin keine einzige Robe gebracht, und die wenigen Kleider, die ich hatte, waren bald verschlissen. Ich begann in jenen Tagen, Cabrera mehr und mehr als so etwas wie einen Onkel anzusehen. Dieser Mann mit der breiten, braun gebrannten Stirn und den intelligenten braunen Augen, der in seinem schmucklosen schwarzen Wams eine tadellose Figur abgab, war freundlich, ohne dabei aufdringlich zu wirken, und bewies stets vollendetes Taktgefühl. Aber mir entging keineswegs, dass Beatriz jedes Mal errötete, wenn er sie ansprach, und seine Augen dann immer lange auf ihr verweilten. Sie war jetzt siebzehn Jahre alt, eine aufregend schöne und extrem unabhängige junge Frau. Ich wusste bereits, dass sie Cabreras Zuneigung erwiderte, auch wenn sie das noch nicht bekennen konnte. Wie ich es ihr versprochen hatte, verzichtete ich darauf, sie aufzuziehen oder ihr nachzuschnüffeln. Aber die Vorstellung, dass sie vielleicht die Liebe gefunden hatte, war eine der wenigen Freuden, die ich hier hatte. Ich beneidete sie darum und konnte nur hoffen, dass solches Glück auch mir eines Tages zuteilwurde.
Von Fernando hatte ich nichts mehr gehört, obwohl ich ihm vor einiger Zeit in einem aus einer Laune heraus verfassten Brief mein Herz ausgeschüttet hatte. Meine treue Beatriz hatte ihn dann heimlich abgeschickt. Am Anfang hatte mich sein Schweigen unerwartet tief getroffen. Ich hatte geglaubt, uns verbinde eine einzigartige Seelenverwandtschaft, die auch ihm viel wert sei. Er selbst hatte versprochen, er würde schreiben, aber bislang hatte ich nur diese eine kurze Notiz bekommen. Jetzt schämte ich mich dafür, dass ich ihm gegenüber so forsch gewesen war und mich von ihm hatte berühren lassen und dass ich ihm mehr über mein Innerstes anvertraut hatte, als ich das normalerweise getan hätte. Irgendwie musste mir meine Enttäuschung anzumerken gewesen sein, denn eines Tages im frühen Juni ließ mich Beatriz in der Galerie wissen: »Ich habe soeben mit Cabrera über die Lage in Aragón gesprochen. Leider muss ich Euch mitteilen, dass sie nicht gut ist.«
Ich blickte erschrocken von dem Buch in meinen Händen auf. »Stimmt etwas nicht? Ist Fernando …?« Ich brachte den Satz nicht zu Ende. Die bloße Vorstellung war zu entsetzlich.
Beatriz musterte mich nachdenklich. »Ich dachte es mir schon. Seit dem Tag, als wir diesen Brief abgesandt haben – und das war schon vor Wochen –, blast Ihr Trübsal.«
»Tue ich nicht!«, erwiderte ich scharf, doch mir war natürlich klar, dass sie recht hatte. Sonst wäre sie nie so weit gegangen, Cabrera um Auskünfte zu bitten, damit sie mir die neuesten Nachrichten mitteilen konnte. Seufzend gab ich mich geschlagen. »Du hast recht. Ich war beunruhigt.«
»Ihr hattet auch allen Grund dazu.« Sie setzte sich neben mich und fuhr mit gesenkter Stimme fort: »Er ist in den Krieg gezogen, Isabella. Die Franzosen haben das umkämpfte Grenzgebiet in Katalonien erobert. Anscheinend streiten sich Aragón und Frankreich schon seit Jahren um dieses Territorium. Fernando führt das Heer, weil seine Mutter immer noch schwer krank ist und sein Vater nicht von ihrer Seite weicht. Außerdem ist König Juan offenbar …«
»Am Erblinden«, unterbrach ich sie sanft. »Fernando hat es uns gesagt, weißt du noch? Das ist ja der Grund, warum er anstelle seines Vaters zur Taufe gekommen ist.«
Sie nickte. »Eben. Es ist also nicht so, als ob er Euch vergessen hätte, versteht Ihr. Er kämpft für sein Reich. Das ist der Grund, warum er Euch nicht geantwortet hat. Aber ich bin sicher, dass Euer Brief ihn erreicht hat und er zurückschreiben wird, sobald er kann.«
Ich biss mir auf die Lippe. Den Blick gesenkt, um ihren wissenden Augen auszuweichen, murmelte ich: »Wir müssen für seine Sicherheit beten. Er ist zu jung, um in den Krieg …«
»Allerdings. Und bei der Gelegenheit sollten wir auch ein paar Gebete für Euch sprechen.«
»Für mich?« Ich hob abrupt den
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