Der Schwur der Königin
Burghof bereit, die Satteltaschen gepackt, die Pferde gezäumt und gesattelt. Auf seinem gewaltigen Streitross thronend, neben dem sich mein Canela zwergenhaft ausnahm, musterte mich der Erzbischof kritisch. Carrillos feiste Wangen waren von der Junisonne gerötet, und von seiner Stirn tropften unter einem breiten Strohhut, wie ihn die Bauern bei der Feldarbeit trugen, dicke Schweißperlen herab.
»Das bedeutet, dass Ihr mich begleitet, wie ich annehme?«, stellte er ohne Vorrede fest, als hätten wir erst eine Woche zuvor miteinander gesprochen.
Ich nickte. »Wohin auch immer mein Bruder geht, werde von jetzt an auch ich sein.«
Er lachte dröhnend. »Richtig, Arévalo eignet sich ja nicht als Versteck. Wie ich höre, ist Alfonso von Portugal immer noch begierig auf Eure Hand. Er hat sogar Villena ein Land in Afrika angeboten, wenn Ihr Euer Jawort gebt. Wir können doch nicht zulassen, dass die Kerle Euch an diesen dummen Intriganten verheiraten.«
Ich würdigte ihn keiner Antwort. Für mich stand fest, dass er mich ohne Zögern mit eben diesem dummen Intriganten verkuppeln würde, wenn das der Sicherung von Alfonsos Thron diente. In seinen Augen war ich nichts als eine Infantin, die man gewinnbringend zu benutzen hatte. Ich wandte mich von ihm ab und umarmte Doña Clara.
Sie drückte mich fest an sich. »Ich passe auf Eure Mutter auf«, flüsterte sie. »Das verspreche ich Euch.«
Ohne ein weiteres Wort bestieg ich Canela und folgte Alfonso.
Lavendelfarbenes Zwielicht beherrschte den Himmel über den Mauern von Ávila, unserem ersten Aufenthalt auf dem Weg nach Segovia, als sich der junge Cárdenas, einer von Carrillos Lieblingspagen, von der Stadt aus näherte. Er war vorausgeschickt worden, um sich zu vergewissern, dass unsere Unterkunft vorbereitet war. Jetzt tauchte er auf seinem Pony vor uns auf wie ein Gespenst, das Gesicht kreidebleich, und stieß hervor: »Die Pest wütet in Ávila. Wir müssen es meiden.«
Mein Herz begann zu hämmern. Die gefürchtete Seuche war dieses Jahr früh ausgebrochen; normalerweise war sie ein Fluch des Herbstes. Sofort bellte Carrillo Befehle für seine Soldaten und beorderte uns in den nahe gelegenen Weiler Cardeñosa, wo wir die Nacht verbringen sollten, um am Morgen mit dem ersten Licht wieder aufzubrechen.
»Wir werden unterwegs nur von unseren eigenen Vorräten essen und trinken«, bestimmte er, während wir, vom Sattel wund geriebenen, abstiegen. »Alles andere könnte verseucht sein.«
Alfonso schnitt eine Grimasse. »Wer hat je von einer Suppe die Pest bekommen? Ich gehe doch nicht mit nichts als Nüssen und getrocknetem Kaninchenfleisch ins Bett! Sucht jemanden, der uns eine richtige Mahlzeit kochen kann!«
Carrillo schickte Männer voraus, damit sie uns eine Unterkunft besorgten. Und der Bürgermeister des Städtchens bot uns bereitwillig sein eigenes Haus an, wo er uns mit einem späten Abendessen aus frisch gefangenen Forellen, Käse und Obst bewirtete. Etwas Besseres war so kurzfristig nicht möglich, und wir waren ihm dankbar. Danach zogen wir uns erschöpft in unsere Gemächer zurück, wo Beatriz und ich uns bis auf die Hemden entkleideten und auf der Stelle einschliefen.
Ein dringendes Klopfen riss uns aus dem Schlummer. Es war Cárdenas. Der Erzbischof wünsche, uns auf der Stelle zu sprechen, rief er. Eilig warf ich mir meine verschmutzten Kleider über, stopfte die Haare unter ein Netz und folgte dem blonden Pagen die Treppe hinunter. Durch die Fenster des Bankettsaals, wo wir am Abend gespeist hatten, konnte ich den ersten Schimmer der Morgendämmerung am Horizont erahnen.
Carrillo wartete vor Alfonsos Tür. Es bedurfte nur eines Blicks auf sein Gesicht, und ich bekam weiche Knie. Wortlos öffnete er die Tür. Drinnen lag mein Bruder in Strumpfhose und Hemd regungslos auf dem Bett. Chacón kniete an seiner Seite. Bei meinem Eintreten blickte er auf. Die Panik in seinen Augen zerriss mir das Herz.
»Ich habe ihn in diesem Zustand gefunden«, flüsterte Carrillo. »Als er sich schlafen legte, wirkte er noch ganz normal. Er zog mich damit auf, dass ich mich, nur mit meinem Umhang bedeckt, auf dem Boden erkälten würde. Aber als ich vorhin versucht habe, ihn zu wecken, hat er nicht reagiert. Er … er scheint mich gar nicht zu hören.«
Ich stand da wie festgenagelt. Angestrengt spähte ich zu Alfonso hinüber, suchte die verräterischen Pestbeulen. Mir schnürte sich die Kehle zu, bis ich kaum noch Luft bekam.
»Wunden hat er nicht«,
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