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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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und der vielen Prüfungen, die uns bevorstanden, auf der Welt keinen Menschen gab, der besser befähigt war, sein Leben mit mir zu teilen.
    Mochte das Schicksal bringen, was es wollte, Fernando von Aragón und ich waren füreinander bestimmt.

12
    Der Schnee kam früh. Über den bleiernen Novemberhimmel heranwehend, hüllte er die Meseta in eine kalte weiße Decke. Den Winteranfang hatte ich immer geliebt. Und stets vergaß ich in meiner Vorfreude, dass der herankriechende Frost am Ende schrecklich bitter werden würde, bis ich irgendwann befürchtete, der Atem würde mir in der Lunge gefrieren. Dieser Winter war besonders streng. Auch wenn es scheinen mochte, wir wären der Gefahr entronnen und in die Sicherheit unseres früheren Lebens zurückgekehrt, war dies eine Illusion, von der ich fürchtete, dass sie früher zerplatzen würde, als wir alle es für möglich hielten.
    Gleichwohl schwelgten wir in unserer Freiheit und ritten jeden Tag mit Don Chacón aus, der uns erzählte, wie standhaft er an der Seite meines Bruders geblieben war, obwohl Villena alles getan hatte, um ihn in Verruf zu bringen.
    »Erzbischof Carrillo ist ein Mann, den ich respektieren kann«, erklärte Chacón. »Als Priester hat er schließlich die Pflicht, über das Wohlergehen des Infanten zu wachen. Aber dieser Marquis ist ein Teufel. Er hat wirklich alles getan, um Alfonsos Moral zu verderben. Eines Nachts habe ich ihn sogar bei dem Versuch ertappt, zum Infanten ins Bett zu kriechen. Ihr hättet sehen sollen, wie ihm das Gesicht gefror, als er über meine Pritsche stolperte und ich mit dem Dolch in der Hand aufsprang.«
    Ich warf Beatriz einen Blick zu. Nach allem, was wir am Hof gesehen hatten, konnte uns diese Offenbarung nicht mehr überraschen. Ich hatte schon vorher vermutet, dass Villena irgendwie einen geheimen Einfluss auf Enrique ausübte – jetzt war mir klar, worin dieser bestand.
    Chacón fuhr fort: »Seine Hoheit hat mir anvertraut, dass dies nicht das erste Mal war. Offenbar haben sich sowohl Villena als auch sein Bruder Girón wie die Mauren ihrer Vorliebe für Knaben hingegeben, wann immer es sie überkam. Abstoßend, wenn Ihr mich fragt.« Er spuckte auf den Boden, nur um jäh zu erröten. »Eure Hoheit müssen mir verzeihen«, murmelte er. »Wie es scheint, weiß ich mich in der Gesellschaft von Damen nicht zu benehmen.«
    Ich schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. »Ich kann Euch gut verstehen. Eure Treue zu meinem Bruder verdient Lob, Don Chacón. Es ist ein Segen, dass Ihr zugegen wart und über ihn gewacht habt.«
    »Für Alfonso würde ich sterben. Wie auch für Eure Hoheit. Bei mir werdet Ihr und Euer Bruder immer Vorrang vor allem anderen haben.«
    Als er seinem Pferd die Sporen gab, um meinen Bruder einzuholen, der schon auf der Pirsch war, wandte sich Beatriz an mich. »Bezweifelt Ihr immer noch, dass Girón wegen seiner üblen Gewohnheiten tot umgefallen ist?«
    »Nein.« Ich beobachtete, wie mein Bruder, jetzt dicht gefolgt von Chacón, sein Pferd abrupt zügelte. Dann erhob sich Alfonso geschmeidig im Sattel und schoss einen Pfeil ab. Mitten im Sprung fiel weiter vorn ein Hase getroffen zu Boden. »Aber das bedeutet nicht, dass mit ihm auch das Böse gestorben ist. Villena lebt noch und hat Enrique völlig unter seiner Kontrolle.«
    »Ist das der Grund, warum Ihr letzthin so still wart? Sorgt Ihr Euch um Alfonso?«
    »Wie ließe sich das wohl vermeiden?« Der Hase zuckte, als Alfonso ihn an der Hinterhand hochhob, und verspritzte dunkelrote Tropfen auf den gefrorenen weißen Boden. »Kastilien hat immer noch zwei Könige.«
    Beatriz musterte mich aus zusammengekniffenen Augen, wie sie es auch getan hatte, als wir die Nachricht von Giróns Tod vernommen hatten. Ich wandte mich von ihrem forschenden Blick ab und tätschelte Canela am Hals, der ähnlich wie ich darauf brannte, endlich wieder die Muskeln zu dehnen, nachdem er viel zu lange im Alkazar von Segovia eingesperrt gewesen war. »Hüh!« , rief ich. »Los, Beatriz, ich fordere dich zu einem Rennen heraus! Die Verliererin muss den Fasanen fürs Abendessen die Federn ausrupfen.«
    Beatriz protestierte, dass das gemein von mir sei, weil ich das schnellere Pferd hätte, aber sie nahm die Wette an, und so jagten wir laut lachend über die Ebene auf den geduckten Weiler und die Burg zu, während uns der Wind um die Wangen schlug und unsere Röcke blähte.
    Für einen kurzen Moment vergaß ich, dass irgendwo draußen im Lande Enrique auf Rache sann.
    Die

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