Der Schwur der Ritter
Gefängnis von Orléans unter sich.«
Bei diesen Worten glättete sich die Stirn des anderen Mannes. »Natürlich! Gottverdammt, jetzt erinnere ich mich wieder. Es war die Rüstung, deshalb habe ich ihn nicht erkannt. Der Folterknecht! Auch ohne die Uniform des Königs war er ein widerwärtiger Hurensohn, für den es keine größere Genugtuung gab als andere zu quälen. Aber ich war ja nicht der Einzige, der ihm am liebsten den Hals umgedreht hätte. Ihr hattet die Hand doch auch schon am Dolch, und ich dachte, ihr würdet ihn in seinem eigenen Kerker in Stücke schneiden.«
»Aye, genau. Geoffrey de irgendwie … Martinsville, das ist es. Ich wusste es, ich wusste es. Aber es ist wirklich großes Pech, dass ich ihm ausgerechnet hier begegnen musste. Er hat mich nicht erkannt, weil ich meinen Bart abrasiert habe, aber anscheinend hat er wirklich ein gutes Gedächtnis für Gesichter.«
»Da kommen sie«, erklang eine Stimme aus der hinteren Reihe.
»Wie viele, und wo sind sie?« Sir William sah sich gar nicht um, und es war Tam, der ihm mit angespannter Stimme antwortete.
»Drei mal zwei. Hundert Schritte hinter uns. Am anderen Ende der Straße.«
»Gut, geht weiter und seht euch nicht um, es sei denn, ihr hört sie rennen.«
Die sieben Männer setzten ihren Weg ohne ersichtliche Eile, aber doch mit großen Schritten fort. Nur Sir William und Tam kannten sich in den gewundenen Straßen der alten Stadt aus; die anderen fünf waren noch nie hier gewesen, und sie hielten mit gereckten Hälsen nach den grauen Mauern der Kommandantur Ausschau, während sie auf rennende Schritte oder erregte Stimmen lauschten. In den Häusern, an denen sie vorüberkamen, brannte noch kein Licht, und es war, als seien sie die einzigen lebenden Menschen in ganz La Rochelle.
Der weiß gewandete Ritter blickte weder nach rechts noch links. Er schritt erhobenen Hauptes über die Straße; die Mönchssandalen an seinen bloßen Füßen machten kein Geräusch. Die Kommandantur von La Rochelle war nur noch wenige Minuten entfernt, und damit rückte auch die unangenehme Aufgabe näher, die ihn nach La Rochelle geführt hatte. Er hatte eine Botschaft zu überbringen, die nichts anderes hervorrufen konnte als Wut, Unglauben, Bestürzung und Zweifel an seinem gesunden Menschenverstand.
Sir William stand in dem Ruf, sein ganzes Leben in den Dienst der Ideale des Templerordens gestellt zu haben. Er reiste schon so lange im Auftrag der Templer durch die Welt, dass er sich in Frankreich und Italien besser auskannte als in seiner schottischen Heimat. Frühzeitig ergraut, aber immer noch im Vollbesitz seiner Kräfte, stand er an der Schwelle der mittleren Jahre, und es erfüllte ihn mit großem Stolz, dass man ihn in den Kreis der Eingeweihten aufgenommen hatte, in den Ordensrat. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war auch nur die leiseste Vermutung, dass er unter Wahnvorstellungen leiden könnte. Und doch wusste er, dass er die Nachricht, die er zu überbringen hatte, ebenso wenig glauben würde, wenn jemand anders sie ihm mitteilen würde: Sir William musste die Ritter der Kommandantur von La Rochelle davon überzeugen, dass ihre Welt – die Macht und der Einfluss, den die Templer über die Grenzen der Christenwelt hinweg genossen – im Lauf der nächsten Woche untergehen würde.
Und wenn sie ihm nicht glaubten, so hatte ihn Jacques de Molay, der Großmeister des Ordens, mit der Befugnis ausgestattet, sich den unbedingten Gehorsam der Kommandantur von La Rochelle zu verschaffen. Er brauchte den Rittern nur zu befehlen, ihre Männer ins Innere der Kommandanturmauern zu beordern und sich dort gegen den tödlichen Verrat des Königs von Frankreich zu verschanzen.
Erregung durchfuhr ihn, als er um die letzte Ecke der schmalen Straße bog und den Lichtstreifen sah, der auf den gepflasterten Platz vor dem Eingang zur Kommandantur fiel und ihm das Ende seiner Reise anzeigte.
Die Präzepturgebäude standen direkt am Hafenkai, um der Flotte des Ordens den direkten Zugang zu ermöglichen – den Frachtschiffen, die sämtliche Gewässer der Handel treibenden Welt befuhren, und den Kriegsschiffen, die dem Zweck dienten, Überfälle auf die Handelsschiffe zu verhindern.
Sir William Sinclair griff automatisch mit beiden Händen hinter sich, um das Schwert in seiner Scheide zu lockern, obwohl er in Sichtweite des beleuchteten Platzes eigentlich keine Schwierigkeiten mehr erwartete. Die Wachen, die ihnen gefolgt waren, waren verschwunden – so glaubte er,
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