Der Schwur der Venezianerin
dass ich dir treu bin.“
„Und was ist mit deinem Mann, diesem Pietro, wie oft hast du es mit ihm getrieben?“
„Nun höre auf, das ist doch etwas ganz anderes. Pietro war mein Mann, der hatte ein Recht auf mich.“
„So, der hatte ein Recht auf dich. Nichts hatte er, der Halunke, ein besoffener Herumtreiber war er.“
„Lass Pietro in Ruhe, er ist ohnehin in den Fängen eines Wolfes gestorben.“
„Was sagst du da? In den Fängen eines Wolfes? Wer soll dieser Wolf sein? Bisswunden hat man bei ihm nicht gefunden, als man ihn sehr spät im Arno fand.“
„Dafür aber Stichwunden, die Stichwunden eines herzoglichen Dolches.“
„Sag das nicht noch einmal, ich warne dich.“ Francesco wandte sich ab und verließ den Raum. Es hieß, er sei für ein paar Tage zur Jagd geritten mit ein paar Freunden.
„Mit ein paar Freunden und ein paar Freundinnen, Lena“, ich bin nicht glücklich. Ich kann nicht sagen, was mein Herz verletzt.“
„Ihr braucht ein wenig Abwechslung, Durchlaucht, wir sollten ein wenig vor die Tür in den Garten Boboli gehen“, empfahl ihre Damigella.
„Das können wir tun. Du weißt, meine Abwechslung würde niemals so aussehen, dass ich Francesco untreu würde. Ich will es einfach nicht. So lass uns ein wenig gehen. Ein paar Herren mögen uns wegen der Dunkelheit begleiten.“
Sie wanderten durch den Herrlichsten der Gärten in Florenz, den Garten Boboli, der an den Palazzo Pitti angrenzte. Eine Weile schlenderten sie dahin. Eine unbekannte Unruhe hatte die Großherzogin befallen. Es zog sie an den Rand des Gartens bis zur Abgrenzung. Hinter dem Zaun lauerte auf der Straße eine Frau.
Ihr Haar war stark ergraut, die Züge in ihrem Gesicht verroht, die Wangen eingefallen. Ihr Körper zeigte eine gebückte Haltung.
„Was schaut Ihr mich so herausfordernd an?“, fuhr Bianca sie an.
„Habe ich Euch endlich erreicht“, rief die Frau zornig aus, „seit Wochen versuche ich Euch zu begegnen, durchlauchtigste Hoheit.“
„Ihr hättet eine Audienz erbitten können.“
„Habe ich. Doch habt Ihr sie mir nie gewährt.“
„Also, was ist? Wenn Ihr schon einmal da seid. Was schaut Ihr mich so böse an? Was wollt Ihr von mir?“
„Da Ihr mich so fragt, Eure durchlauchtigste Hoheit, dann kennt Ihr auch die Antwort auf die Frage. Ihr habt sie zuvor gegeben durch Eure bösen Taten, Ihr habt sie jetzt mit Euren Worten in der Frage gegeben und Ihr wollt es endlich von mir bestätigt wissen. Was Ihr denkt, was Ihr wisst, ist wahr. Was soll ich Euch eine Antwort geben? Ihr habt sie längst.“
Wie ein eisiges Schwert durchschnitten die Worte der betrübten Frau die Sinne der Großherzogin. Sie nahmen feste Formen an und in den aus dem Tal heraufziehenden Nebel erschien das fragende Bildnis Pietros, des Ermordeten. Ihr gegenüber stand traurig und mit Gram im Gesicht seine Mutter.
Am ganzen Körper bebend und mit flatterndem Blick wurde Bianca von dem Strudel der ungewollten Tat erfasst, erhob ihre Hand durch den Zaun gegen die alternde Frau. Noch während die Finger die Mutter des Gatten von einstmals spärlich durch den Zaun auf der Wange trafen, lächelte diese erhaben und mit kühlem Mund warf sie der Regentin die vernichtende Frage entgegen:
„Straft Ihr Euch selbst, Fürstin? Mich straft Ihr so nicht. Wozu auch? Gewalt und Intrigen, Hinterlist und Betrug waren allzeit Eure Begleiter. Auch jetzt sind nur diese Eure Waffen. Ihr wollt mich erniedrigen, um Eure Tat vor Euch selbst zu rechtfertigen, und doch erhebt Ihr mich über Euch, Ihr wollt mich vernichten und doch kettet Ihr Euch an mich.
Eure Schuld, Großherzogin, ist es, die Euch dereinst in dem Schlamm des Arnos versinken lässt. Keine Robe in Gold wird Euch davor bewahren, keine Knie fallenden Zofen können Euer Leid im Angesicht des Todes lindern. Euer stolzes Lächeln wird im Erdenschmerz erstarren.
Helft Euch selbst, Euch mit Euren Schlössern und Villen, von der Schuld zu befreien. So, wie Ihr Euren einsamen Weg geht, wird es Euch nicht gelingen.
Nun genug der Hilfe von meiner Seite. Ich gehe heim und koche meinem Mann eine warme Kohlsuppe.“
So stolz, wie Bianca einst den Pietro zu Beginn in den Gärten in Venedig erlebt hatte, so hoch erhoben wandte sich nun seine Mutter ab und verließ die Stätte der Begegnung. Der Schatten Pietros umschloss schützend die stolze Mutter.
„Wer hat Euch geheißen zu gehen? Wer hat Euch gesagt, Ihr seid entlassen?“ entfuhr es der erschütterten Regentin, noch ehe sie die
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