Der Schwur der Venezianerin
Medici, wird Johanna von Österreich, die Schwester seiner Hoheit Kaiser Maximilian II. ehelichen“, stellte er denn auch sogleich seinen Erbfolger vor. Und wie nebenbei brummte der alte Fuchs, der seine Welt mit Gewalt, Drohungen und Angst zusammenhielt, „in unseren Landen herrschen Friede, Ordnung und Sittlichkeit.“
Bianca schlug die Augen nieder und ein minimales Nicken deutete an, dass sie nichts aber auch gar nichts in dieser Richtung überlegt hätte.
An seinen Sohn gewandt erläuterte der Herzog:
„Kronprinz Francesco, die Venezianerin Bianca Cappello und ihr Gatte Pietro Bonaventuri bitten um den Schutz unserer Macht. Ein Paar, das sich aus Liebe verbunden hat, das von ihrer Familie und der Staatsmacht Venedigs verfolgt wird, bittet um unsere Fürsorge. Wie siehst du das mein Sohn?“
Die weichen Worte des Herrschers verblüfften Bianca, und sie stellte sich die Frage: „Das kann doch nicht der Mann sein, dessen gesamtes Weltbild angeblich nur aus Betrug und Totschlag besteht?“
Dem Sohn waren die Ränke schmiedenden Absichten seines Vaters ungeheuerlich. Welche Entscheidung würde der Vater treffen? Gleichgültig, wie er, Francesco, sich auch entscheiden mochte, Cosimo würde letztlich verfügen, was zu geschehen hatte. Um nicht sein Gesicht zu verlieren, müsste er die Wahl Cosimos vorhersehen.
Dabei griffen seine Gedanken nicht in die emotionale Kiste. Nicht die Not, sondern der Schutz und die Fürsorge für Hilfesuchende hatten für Cosimo Vorrang. Einzig und alleine galt seine politische Ränkeschmiede als Grundlage seines Handelns.
Unter diesem Aspekt überlegte Francesco, wie er seine Entscheidung treffen sollte. Sein Vater würde es aus politischen Gründen nicht zulassen, dass sich Florenz mit Venedig wegen einer jungen Göre in einem lang andauernden Krieg verzettelte. Und wenn auch kein richtiger Krieg anstünde, drohte doch aus Gründen der Familientradition, des Ansehens, der Beleidigung doch ein Krieg mit Handelswaren. Und auch das könnte sich Cosimo nicht leisten. Das Verhältnis zu Venedig war ohnehin in einem schlechten Zustand.
Francesco erinnerte sich an die Frage seines Vaters.
Mit festem Blick und noch festerer Absicht richtete er das Wort an die junge Frau:
„Tochter Veneziens, sagt uns, was sind die wirklichen Absichten, die Euch in die Stadt der Künste, des ruhmreichen Handels geführt haben?“
Arroganz und Überheblichkeit, Selbstsucht und Herrschersinn waren das eine, das sie aus seinen Worten nüchtern herauslas, die durchdringenden Augen und das zynische Lächeln um seinen Mund das andere.
Bianca erinnerte sich an Worte ihres Lehrers Valeriano Balzano: „Schon im Alter von 15 Jahren zwang der Vater den Sohn, die Leiden der Bevölkerung Sienas mitzuerleben. Obwohl Francesco ein Weichling ist“, urteilte Balzano, „und obwohl er grundlegend gegen Kriege eingestellt war, stellte er sich bei Gesprächen stets als der harte Feldherr dar.“
Bianca erlebte ihn bei dieser Audienz anders.
Seine elegante Gestalt, sein liebliches Gesicht forderten sie zum Nachdenken heraus, mehr noch zu einer Analyse ihrer ersten Gefühle zu diesem kommenden Herrscher in Florenz. Sie müsste sich in dieser schwierigen Situation so ausdrücken, dass ihre Worte sowohl dem Herrscher als auch dem unsicheren Sohn gefielen. Und so antwortet sie:
„Lebensfreude und Erfolg, Kunst und Reichtum unserer Handelshäuser, eine blühende Stadt und glanzvolle Feste sind die Attribute, die meinen Sinnen in meiner Vaterstadt gezollt werden. Doch was ich fliehe sind Verfolgung, Unterdrückung, Missgunst und Liederlichkeit. Die Zähne des toskanischen Löwen werden diesen Schwächen eines Staates entgegentreten.“
„Und Ihr glaubt, dass in unserem Staate diese von Euch sogenannten Schwächen nicht eine Geißel der Menschen sind?“, fragte Francesco listig.
Er hätte genügend vom Gegenteil berichten können, doch sollte die Schönheit ihm gegenüber sich äußern, wie man mit den Worten jonglieren könne.
Nur mit einem leichten Lächeln und einer angedeuteten Verbeugung gab sie ihre Antwort. Derartig begann für beide eine Zwiesprache des Unausgesprochenen, des Zurückgehaltenen und der nicht formulierten Wahrheiten und Unwahrheiten.
Die Gründe und Begründungen, Erklärungen, Rechtfertigungen des jungen Besucherpaares flogen an Francesco in Wirklichkeit vorbei wie das leise Murmeln eines Waldbaches, den niemand versteht, und dessen tausendfache Stimmen doch soviel zu berichten wissen. Er
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