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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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Kinnlänge geschnitten. Beherzt machte sie sich daran, ihr Haar erst einmal auf die richtige Gesamtlänge zu bringen. Sie geriet ins Schwitzen, als sie ihr Spiegelbild sah. Ein gerupftes Huhn war nichts gegen sie. Ich muss es sorgfältig ange-hen, durchfuhr es sie, so wie bei Louise. Das war ihre Puppe aus Kindertagen gewesen, der sie aus Zorn über das Verbot ihrer Mutter jene Frisur verpasst hatte. Sie wusste also, was für eine Arbeit das war.
      Ihr war nicht wohl. So konnte sie auf keinen Fall zum Frühstück erscheinen. Ein Klopfen an der Tür ließ sie zusammenfahren. Sie verhielt sich still und tat so, als wäre sie nicht im Raum. Da ging die Tür einen Spaltbreit auf, und Fred steckte den Kopf herein.
      »Was fällt Ihnen ein, einfach in mein Zimmer zu kommen?«, fauchte sie ihn an und versuchte, notdürftig mit den Händen ihr Haar zu verdecken.
      Fred aber überhörte ihre Worte, trat ein und schloss die Tür hinter sich, während er den Blick amüsiert auf ihre abgerupfte Mähne heftete.
      »Was gucken Sie denn so?«, knurrte sie ihn an. Tränen schossen ihr in die Augen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, ihr schönes Haar abzusäbeln? Nun lag es wie tot am Boden.
      »Kann ich Ihnen vielleicht irgendwie helfen?«, fragte er nun. Täuschte sie sich oder verkniff er sich ein Schmunzeln? Das brachte Vivian in Rage.
      »Was wollen Sie mir denn helfen? Nun sagen Sie mir schon, dass Sie mich nicht in die Northlands mitnehmen wollen, und dann verschwinden Sie!«
      »Wie kommen Sie denn darauf? Warum sollte ich Sie nicht mitnehmen? Ich habe Sie doch gestern erst dazu eingeladen.«
      »Na ja, weil Ihre Verlobte jetzt mitkommt. Es war jedes Wort zu verstehen, das Sie beide im Garten gesprochen haben.«
      »Dann hätten Sie aber auch hören müssen, dass ich ihr gesagt habe, wir würden zu dritt reisen. Die neue Reisebegleitung ist doch kein Grund, dass ich Sie hier in der Höhle des Löwen allein zurücklasse«, entgegnete er, musterte ihr neues Kleid und pfiff bewundernd durch die Zähne. »Sie können das tragen.« Dann wandte er sich wieder ihrem Kopf zu.
      »Ich glaube, ich weiß, was Ihnen vorschwebte«, bemerkte Fred verständnisvoll. »Ich habe eine Kollegin, die kürzlich aus Europa zurückkam. Mit dieser neuen Mode. Oje, da war was los! Es gab regelrecht zwei Lager in der Redaktion. Die einen sprachen von Verschandelung, die anderen von interessanter Veränderung. Wir, die Letzteren, aber waren in der Minderheit. Kommen Sie, geben Sie mir die Schere!«
      Vivian war zu verblüfft, um etwas zu erwidern. Stumm reichte sie ihm die Nagelschere.
      »Um Himmels willen, deshalb sieht das so aus! Sie setzen sich jetzt auf den Stuhl und warten auf mich«, befahl Fred ihr, bevor er aus dem Zimmer stürmte.
      Doch ehe sich Vivian die Frage beantworten konnte, ob sie es wirklich gut fand, mit Fred und seiner Verlobten hinauf in den Norden zu reisen und womöglich das fünfte Rad am Wagen zu spielen, kam er fröhlich pfeifend zurück, eine anständige Schere in der Hand.
      »Sie dürfen sich nicht rühren. Ich muss mich sehr konzentrieren, um Ihnen keine Löcher in den Schädel zu schneiden.«
      Ohne Widerworte tat Vivian, was er verlangte. Sie war froh, dass sie von diesem Platz aus nicht in den Spiegel schauen konnte, denn sie befürchtete das Schlimmste. Ihre Sorge wurde zusätzlich noch dadurch geschürt, dass sie Frederik immerzu fluchen hörte.
      Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis er endlich mit seinem Werk zufrieden schien.
      Er betrachtete sie noch einmal von allen Seiten und murmelte: »Das hätte ein Friseur auch nicht besser machen können. Trauen Sie sich ruhig zum Spiegel. Ich würde sagen: perfekt. Meine Kollegin Clarissa wird sich freuen, dass sie nun nicht mehr die Einzige mit solchem Haarschnitt in ganz Auckland ist. Sie kam sich schon vor wie ein Fabelwesen.«
      Schade, dass nicht Clarissa mit nach Whangarei reist, sondern die blond gelockte Schönheit, durchfuhr es Vivian, während sie vor den Spiegel trat. Doch dann stutzte sie. Was sie dort im Spiegelbild sah, konnte sie kaum glauben. Es war genau die Frisur, die sie sich erträumt hatte. Akkurater hätte auch kein Londoner Friseur schneiden können, und sie passte ausgezeichnet zu ihrem schwarz glänzenden Haar. Sie fand, dass sie erwachsener aussah und kämpferischer.
      »O danke, Fred!«, jubelte sie und fiel ihm vor lauter Begeisterung um den Hals. Fred hielt sie im Arm und sah ihr in die Augen.
     

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