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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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ihr Blick an Vivians Frisur hängen blieb. Sie verzog sichtlich irritiert das Gesicht.
      Fred konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Probieren Sie ihn doch mal!« Widerwillig setzte sich Vivian den Hut auf und brach, kaum dass sie in den Spiegel blickte, in lautes Lachen aus. Der Hut war so ausladend, dass er fast wie ein Wagenrad auf ihrem Kopf thronte. Sie entledigte sich hastig des riesigen Teils und besah sich noch einmal kritisch die anderen Hüte. Plötzlich breitete sich ein Strahlen auf ihrem Gesicht aus. Ganz versteckt hatte sie einen Hut ohne Krempe entdeckt. Ein helles Strohhütchen, verziert mit einer grünen Blume. Begeistert setzte sie es auf- und tatsächlich, es passte wie angegossen.
      »Ich nehme diesen Hut«, erklärte sie, doch die Verkäuferin rümpfte die Nase. »Der schmeichelt Ihnen aber gar nicht.«
      »Da bin ich anderer Meinung«, lachte Fred. »Er steht Ihnen vorzüglich. Wir nehmen ihn.« Und schon hatte er seine Geldbörse gezückt und bezahlt.
      Vivian strahlte über das ganze Gesicht und hakte ihn übermütig unter, als sie das Geschäft verließen und auf die Straße traten.
      »Wissen Sie, dass Sie der netteste Mann sind, der mir je begegnet ist?«, raunte sie ihm ins Ohr.
      »Das hört doch jeder Mann gern, dass er nett ist«, erwiderte Fred mit einem spöttischen Unterton. »Kommen Sie, wir müssen der Bank Street nur immer geradeaus folgen.«
      Schon während sie sich dem Kirchenvorplatz näherten, erblickten sie einen Pulk von Schaulustigen. Fred nahm Vivian bei der Hand und drängte sich mit ihr bis nach ganz vorn. Es bot sich ihnen ein seltsamer Anblick: Auf dem Rasen vor der Kirche hockte ein alter Mann mit weißem Haar und einem gegerbten Gesicht, auf dem das auffällige Tattoo aussah, als schlüge es Falten. Er hatte die Augen geschlossen und die Arme gen Himmel gestreckt. Dabei umgab ihn eine ungeheure Würde. Er stieß Worte in einer für Vivian völlig unbekannten Sprache hervor. Und obwohl der Gesang in ihren Ohren fremdartig klang, zogen die Töne, die der alte Mann von sich gab, sie sogleich in ihren Bann. Vivian konnte gar nichts dagegen tun. Die Intensität, die dieser Mann ausstrahlte, nahm sie vom ersten Augenblick an gefangen. Sie war froh, dass Fred immer noch ihre Hand hielt und sie in diesem magischen Augenblick nicht allein ließ. Jeder einzelne Ton berührte sie bis in die Tiefen ihrer Seele. Sie lauschte nur noch der Stimme des alten Mannes und hätte ihm stundenlang zuhören können. Erst als sie Fred mit einem der Umstehenden tuscheln hörte, erwachte sie aus ihrem schwebenden Zustand. Sie wandte sich um und blickte in die braunen Augen eines schwarzhaarigen schlanken Mannes. Er trug einen Anzug - dem von Fred nicht unähnlich - und reichte erst ihr und dann Fred die Hand. »Ich bin Ben vom Chronicle aus Wanganui. Ich habe hier im Norden meine Maori-Verwandtschaft besucht und bin zufällig über diese Sache gestolpert. Und weil es um einen Vorfahren von Bischof Newman geht, habe ich meinem Chef telegrafiert, und der ist interessiert. Aber Sie sehen auch nicht aus, als stammten Sie aus diesem Nest. Von welcher Zeitung sind Sie?«
      Dabei blickte er Vivian, nicht Fred an, was diesen aber nicht davon abhielt, dem Kollegen auf seine Frage zu antworten. »Ich bin Frederik vom Herald, und das ist meine Mitarbeiterin Vivian.«
      »Sehr erfreut«, erwiderte Ben und ließ den Blick nicht von Vivian.
      »Ja, Ben, ich habe Sie nur angesprochen, weil ich dachte, dass Sie mir vielleicht übersetzen könnten, was er singt. Ich habe Sie für einen Maori gehalten, der seine Sprache kennt«, fuhr Fred geschäftig fort.
      »Das haben Sie richtig gesehen, jedenfalls zur Hälfte. Ich spreche seine Sprache. Er besingt eine Pakeha namens Lily Ngata und nennt sie den Engel der Maori. Aber Sie werden sich an diesem Mann die Zähne ausbeißen. Er führt keine Gespräche mit der Presse. Nicht einmal ich als halber Maori habe Glück bei ihm. Wenn man ihn fragt, was er möchte, dann wiederholt er immerzu, dies könne nicht der richtige Platz für den alten Reverend sein ... Aber mich interessiert die Geschichte dahinter. Na ja, wem erzähle ich das? Hinter der sind Sie jawohl selbst her. Natürlich will man wissen, was der Alte gegen den Reverend hat. Der soll doch eigendich ein Maori-Freund gewesen sein. Und über diese Frau ist auch nichts herauszukriegen. Haben Sie denn schon Ihr Glück versucht?«
      »Nein, wir sind gerade erst angekommen«,

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