Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
Vom Netzwerk:
entgegnete Fred rasch.
      »Na dann viel Erfolg. Vielleicht läuft man sich wieder einmal über den Weg«, entgegnete Ben und funkelte Vivian mit einem dermaßen feurigen Blick an, dass ihr die Knie weich wurden. Nun hatte sie also ihren ersten Maori kennengelernt. Sie blickte ihm noch eine Zeit lang hinterher.
      »Dem würde ich meine Geschichte auch nicht unbedingt anvertrauen wollen«, bemerkte Fred missbilligend.
      »Warum nicht? Weil er anders aussieht als Sie? Weil er ein Maori ist?«, fuhr Vivian ihn an, ohne zu überlegen.
      Fred war knallrot angelaufen. »Nein, das hat nichts, aber auch gar nichts mit seiner Herkunft zu tun. Wie kommen Sie dazu, mir solche Vorurteile zu unterstellen?«
      Vivian wurde es abwechselnd heiß und kalt. Sie hatte Fred offenbar tief getroffen. Das hatte er nicht verdient.
      »Entschuldigen Sie, das ist mir so herausgerutscht, weil Sie sich so abwertend über ihn geäußert haben. Und da wurde ich an all das erinnert, was ich durchleiden musste, weil ich anders aussehe.«
      »Ich glaube nicht, dass Ben darunter leidet. Er ist sehr von sich überzeugt. Und so etwas ist unabhängig von der Hautfarbe. Ich traue dem Burschen nicht.«
      »Ich habe mich bei Ihnen entschuldigt. Können wir jetzt das Thema wechseln? Wir wollen uns doch nicht um einen Menschen streiten, den wir beide nie wieder sehen werden«, bemerkte Vivian versöhnlich.
      »Darauf würde ich nicht wetten«, entgegnete Fred spöttisch und deutete hinter sie. Sie fuhr herum und erblickte Ben, der breit lächelte. »Ach, ich habe es mir übrigens anders überlegt. Ich werde noch ein wenig dranbleiben. Notfalls werde ich mich Ihnen anschließen, wenn Sie Ihr Glück versuchen.«
      Vivian war hin- und hergerissen. Der Bursche hat es faustdick hinter den Ohren, vermutete sie. Trotzdem erwiderte sie sein Lächeln, bevor sie sich wieder dem Spektakel auf der Wiese zuwandte.
      In dem Augenblick riss der alte Mann auf dem Rasen die Augen weit auf. Sein Blick war eindringlich und strahlte jugendliche Kraft aus, als ob er nicht zu der alt gewordenen Hülle des Maori gehöre. Und dann trafen sich Vivians und seine Blicke. Grenzenloses Erstaunen stand in seinen Augen zu lesen. Er fixierte sie, schien sie mit seinem Blick aufzusaugen, und sie konnte nichts dagegen tun. Sie starrte ihn ebenfalls unverwandt an. Dann machte er eine Bewegung mit seiner knochigen Hand. Es dauerte einen Augenblick, bis sie begriff, was er ihr damit sagen wollte. Er winkte sie zu sich heran. Vivian zögerte. Ringsum war es totenstill geworden. Jeder der Zuschauer spürte, dass zwischen der jungen Frau und dem alten Mann etwas Außergewöhnliches vor sich ging.
      Vivian ließ den Blick nicht von ihm, während sie sich ihm Schritt für Schritt langsam näherte. Er machte ihr ein Zeichen, sich zu ihm auf den Rasen zu setzen. Sie gehorchte und ließ sich in das warme grüne Gras sinken. Als er zu sprechen begann, gab es für sie nur noch seine Stimme. Alles andere ringsum war vergessen. Er redete sie in dieser fremden Sprache an, die ihr aber, ohne dass sie ein einziges Wort verstand, merkwürdig vertraut vorkam. Erst nach einer ganzen Weile bemerkte sie schüchtern: »Ich verstehe Ihre Sprache nicht, aber sie klingt wunderschön.«
      Ein Lächeln huschte über das Gesicht des alten Mannes. »Woher kommen Sie?«, fragte er dann ganz und gar irdisch und in ihrer Sprache. Das holte Vivian auf den Boden der Realität zurück. »Ich ... ich komme aus London und bin erst gestern in diesem schönen Land angekommen.«
      »Und Sie waren noch nie zuvor in Neuseeland?«
      »Nein, noch nie.«
      Er musterte sie voller ungläubigem Staunen. »Entschuldigen Sie, dass ich Sie so angestarrt habe. Sie besitzen große Ähnlichkeit mit einer Frau, die ich einst im Stich gelassen habe, und zwar als sie mich am meisten gebraucht hätte ...« Er stockte, und sein Blick schweifte in die Ferne. Plötzlich war sein Gesicht von Schmerz gezeichnet. Vivian hielt den Atem an. Sie vermutete, dass er jetzt lieber allein sein wollte. Vorsichtig machte sie sich zum diskreten Rückzug bereit, doch der Alte wandte sich ihr nun wieder zu und bat sie zu bleiben. Dann sah er an ihr vorbei in die Ferne und murmelte: »Es ist mir, als wäre sie mir von den Ahnen zurückgeschickt worden. Sie hatte das längste schwarze Haar, das ich je gesehen hatte ...«
      Langes schwarzes Haar. So wie ich es gestern noch besessen habe, durchzuckte es Vivian. Langsam wurde ihr die Sache

Weitere Kostenlose Bücher