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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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und er in ein tränenüberströmtes, trauriges Gesicht blickte, hielt er erschrocken inne.
      »Liebling, was ist geschehen?«
      Emily aber maß ihn mit einem strafenden Blick und fuhr sich mit dem Ärmel ihres Festkleides energisch über die Augen.
      »Nichts ist«, erwiderte sie schnippisch.
      Walter aber ließ sich nicht abwimmeln. Er fasste sie zärtlich an den Schultern und sah ihr tief in die Augen.
      »Was ist geschehen? Hat Amanda Hobsen ihr Lästermaul nicht halten können? Hat sie uns noch einmal beleidigt?« Walter spielte auf einen Vorfall in der Kirche an. Kurz vor der Trauungszeremonie hatte Henrys frischgebackene Schwiegermutter für alle hörbar zu ihrem Mann gesagt, in was für anderen und viel prächtigeren Kirchen June doch hätte heiraten können. Dabei hatte sie gar nicht so unrecht. Die kleine Kirche in Paihia war kaum mehr als eine windschiefe Hütte aus Latten und Gips. Dafür stand sie auf dem Boden der ersten christlichen Kirche Neuseelands, einer einfachen Schilfhütte. Und darauf war der Reverend mächtig stolz.
      »Nein, sie hat nichts dergleichen gesagt. Es ist nicht wegen Amanda, es ist...« Sie brach gequält ab.
      »Nun rede schon, mein Liebling«, sagte Walter sichtlich betroffen.
      »Ich will dir den Tag nicht verderben«, entgegnete sie ausweichend.
      Walter sah sie flehend an. »Bitte, sprich mit mir!«
      »Gut, aber versprich mir, dass du dir nichts anmerken lässt. Wir gehen sofort zurück auf das Fest und machen gute Miene zum bösen Spiel. Einverstanden?«
      »Natürlich, ich mache alles, wenn du mir nur endlich verrätst, weshalb du geweint hast. Liebling, was ist geschehen?« Walter, der eben vor Entschlossenheit nur so gestrotzt hatte, überkam beim Anblick seiner unglücklichen Frau eine schreckliche Hilflosigkeit.
      »Versprich mir, dass wir gleich in das Haus zurückkehren, als wäre nichts geschehen«, wiederholte sie beschwörend.
      »Ich verspreche es dir.«
      Emily seufzte schwer. »Es ist wegen Maggy.«
      »Maggy?«
      »Maggy ist in anderen Umständen.«
      »Wer war das? Nenn mir seinen Namen, und er wird mit den Fäusten eines Reverends Bekanntschaft machen.«
      »Ich glaube, du wirst ihm kein Haar krümmen, wenn du erfährst, wer er ist.«
      »Nun sag schon! Ist es einer von den jungen Burschen aus dem Ort? Oder gar einer von diesen schwarzen Kriegern, die Hone Heke dienen?«
      Stumm schüttelte Emily den Kopf.
      »Ein Pakeha?«
      Sie nickte schwach.
      »Sie hat es doch freiwillig getan, nicht wahr?« Er war jetzt weiß wie eine gekalkte Wand.
      »Nein, nicht ganz, sie hat ihn in ihr Zimmer gelassen, aber sie schwört, dass sie ihm deutlich gezeigt hat, dass sie das nicht wollte.«
      »Ich bringe ihn um!«, zischte Walter.
      »Nein, das wirst du sicher nicht tun. So wenig, wie er jemals erfahren wird, welche Folgen seine abscheuliche Tat hatte.«
      »Heißt das, der Kerl weiß von nichts?«
      »Er ist ahnungslos.«
      »Oho, das lässt sich ändern, denn er wird sie heiraten. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht. Wer immer dieser Schuft sein mag, er kommt nicht ungeschoren aus der Sache heraus, nachdem er solche Schande über unsere Familie gebracht hat. Sag mir sofort, wer er ist und wo er wohnt!«
      »Er lebt dort.« Emily deutete auf ihr gemeinsames Haus.
      Walter blieb der Mund offen stehen. »Dort?«, wiederholte er wie betäubt.
      »Ja, dort, und er wird Maggy nicht heiraten, denn er hat gerade heute eine andere zur Frau genommen.«
      Der große Mann ließ sich fassungslos am Stamm des Kauribaumes entlang auf den Boden gleiten.
      »Seit wann weißt du das?«, fragte er nach einer halben Ewigkeit.
      »Ich habe es heute Morgen erfahren.«
      »Dann hättest du die Hochzeit also noch verhindern können?«, murmelte er ungläubig.
      »Wozu? Oder wolltest du allen Ernstes deinen Sohn mit einem Maori-Mädchen verheiraten?«
      Walter rang nach Luft. Er sah aus, als wäre er in den letzten Minuten um Jahre gealtert. Er wollte etwas sagen, doch seine Frau kam ihm zuvor.
      »Jetzt ist es zu spät. Vor Gott sind Henry und June Mann und Frau. Du selbst hast sie dazu gemacht.«
      »Ja, aber ... ich wusste doch nicht...«
      ».,. aber jetzt weißt du, was los ist, und wirst dich hoffentlich an dein Versprechen erinnern. Du darfst nicht zerstören, was du vor Gott zusammengefügt hast.«
      »Wenn ich gewusst hätte, dass ...« Er raufte sich die Haare.
      »Ich sagte doch bereits, es ist

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