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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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sich zu ihr hinunter und berührte ihre Stirn mit der seinen. Dann tat er dasselbe mit der Nase.
      »Weißt du noch? So haben sich alle bei uns im Dorf begrüßt«, bemerkte er mit einer gewissen Sehnsucht in der Stimme, verbunden mit der Erinnerung daran, wie Hone Heke ihm am Fahnenmast einen Nasenkuss gegeben hatte.
      »Ja, ich entsinne mich dunkel«, erwiderte Maggy, aber das war gelogen. Sie hatte kaum Erinnerungen an ihre Kindheit. Nur an jenen Tag, an dem die Feinde in ihr Dorf eingedrungen waren und alle niedergemetzelt hatten. Manchmal hörte sie nachts noch die Schreie. Dann sah sie sich wieder mit ihrem Bruder oben im Vorratshaus hinter den Kumara hocken, in der schrecklichen Erwartung, dass man sie gleich finden und ebenso grausam umbringen werde. Doch die Feinde hatten das Vorratshaus übersehen. Ja, sie hatten es weder durchsucht noch geplündert oder niedergebrannt. Nach endlosen Stunden des Wartens hatten die beiden Kinder ihr Versteck verlassen und ihre abgeschlachteten Stammesschwestern und Brüder entdeckt. Matthew hatte Maggy gezwungen, die Augen zu schließen, und sie dann sicher aus dem Dorf gebracht. Seitdem war die Süßkartoffel für sie eine heilige Frucht, denn wenn ihre Eltern sie nicht geschickt hätten, einen Korb davon für das Hangi aus dem Vorratshaus zu holen, sie wären heute nicht mehr am Leben gewesen. Leider hatten die Feinde sie dann doch noch entdeckt und verschleppt, bis der gütige Missionar sie gerettet hatte. Daran erinnerte sich Maggy öfter, als ihr lieb war, doch an den Nasenkuss, den Hongi, nein, daran nicht.
      »Ich gehe dann mal.« Mit diesen Worten riss ihr Bruder sie aus ihren Gedanken.
      »Ja, geh nur.«
      Nachdem Matthew das Zimmer verlassen hatte, hätte Maggy gern geweint, doch ihre Tränen waren inzwischen versiegt. Ausgetrocknet wie ein Flussbett im heißen Sommer. Maggy schlug stattdessen so lange mit den bloßen Fäusten gegen die Wand, bis ihre Fingerknöchel wund waren.
     
     

Paihia, zur gleichen Zeit, September 1844
     
    Walter überlegte kurz, ob er auf das Fest zurückkehren sollte, doch dann folgte er seiner Frau in den Garten. Er wurde nicht schlau aus ihr. Was war bloß in sie gefahren? Dass Matthew seine kranke Schwester besuchen wollte, war doch mehr als verständlich. Warum hatte sie auf solch schroffe Weise versucht, den Jungen davon abzubringen? Und wie konnte sie nur schmollend davonlaufen, obwohl sie das Haus voller Gäste hatten?
      Die ständige Abwesenheit der Gastgeberin würde der gehässigen Misses Hobsen bestimmt nicht verborgen bleiben. Walter schüttelte sich bei dem Gedanken an Henrys Schwiegermutter. Sie war in seinen Augen nicht nur eine äußerst unattraktive, sondern überdies eine besonders zänkische und eingebildete Person. Sie betonte bei jeder Gelegenheit, dass ihre June ganz andere Partien hätte machen können. Gemeint waren reichere, und das glaubte ihr Walter aufs Wort. Trotz ihrer fehlenden Anmut war June eine der begehrtesten heiratsfähigen jungen Frauen in der Bay of Islands gewesen, wenn nicht gar der gesamten Northlands. Amanda Hobsen hatte auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie, wenn es nach ihr gegangen wäre, die Hochzeit ihrer Tochter mit dem nicht gerade wohlhabenden Missionarssohn verhindert hätte. Doch June liebte Henry nun einmal über alles, und John Hobsen konnte seiner Tochter keinen Wunsch abschlagen.
      Suchend blickte sich Walter um. Wo zum Teufel steckt Emily nur?, fragte er sich. Da entdeckte er sie unter einem Kauribaum. Er holte einmal tief Luft, bevor er festen Schrittes in ihre Richtung ging. Entschieden straffte er seine Schultern. Sosehr er sie auch liebte, aber das ging jetzt zu weit. Er musste ein Machtwort sprechen und konnte ihr die Wahrheit nicht ersparen: Ihr Benehmen war schlichtweg töricht!
      Nachdem er Emily auf die Schulter getippt hatte, weil sie stur über das Wasser stierte, räusperte er sich noch einmal. Dieses Mal wollte er nicht nach ihrer Pfeife tanzen. Langsam kam er sich in dieser Rolle nämlich mehr als lächerlich vor. Die hämischen Worte dieses jungen Maori vorhin am Steg hallten noch in ihm nach. Er war der Herr im Haus, und das galt es in diesem Augenblick zu beweisen.
      »Was denkst du dir dabei, beleidigt das Haus zu verlassen, während wir es voller Gäste haben? Das ist unhöflich. Dieses Verhalten kann ich nicht dulden ...« Walter hatte einen noch strengeren Ton angeschlagen als beabsichtigt. Als sich seine Frau jetzt zu ihm umwandte

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