Der Schwur des Piraten
weiter kam er nicht.
»RUMMY DRINKER?«, riefen die vier Piraten erstaunt im Chor.
»Ja, so nannte er sich.«
Goldmerry bebte vor Zorn. »Verfluchter Dieb!«, presste er wütend zwischen den Zähnen hervor. »Er hat mir einen Degen gestohlen, zweihundert Stück Silber, einen mit Gold verzierten Kompass und einen Platinlöffel!«
Spinn zog die Augenbrauen hoch. »Na ja, er ist eben ein Pirat un d …«
»Der, ein Pirat? Dass ich nicht lache!«, schrie Goldmerry nun außer sich vor Wut.
O’Fire legte Spinn die Hand auf die Schulter. »Weißt du, Spinn, echte Piraten folgen einem Ehrenkodex und leben nach Werten wie Respekt und Treue. Für Rummy Drinker und Skull gibt es so etwas nicht.«
»Das Schlimmste ist ihre Bösartigkeit«, fügte Kook hinzu.
Die Piraten schwiegen nachdenklich. Dann verkündete O’Fire entschlossen: »Wir dürfen nicht länger warten! Wir müssen in See stechen und den Schwarzen besiegen! Zuerst schnappen wir uns Skull, er wird uns zu seinem Herrn führen. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht.«
Goldmerry, Kook und Keepfit stimmten in feierlichem Ton zu: »Es ist Zeit zu kämpfen, Kameraden!«
Verrat
Allmählich wurde es ruhiger in den Gassen der unterirdischen Stadt und ein betrunkener Pirat nach dem anderen zog sich müde auf sein Nachtlager zurück.
Der Wächter hingegen war hellwach und hielt am großen Portal pflichtbewusst Stellung. Trotz seiner verantwortungsvollen Aufgabe als Hüter der Stadt achtete niemand auf diesen unscheinbaren, etwas sonderbaren Alten mit dem faltigen Gesicht.
Ehrfürchtig betrachtete er das Eingangstor und war wie immer tief beeindruckt von seinem majestätischen Anblick. Kein Feind würde dieses Tor je überwinden können, dank ihm war die Stadt vor jedem Angriff gefeit und jeder Neuankömmling musste beim Anblick dieses Tors in Ehrfurcht erstarren. So überlegte der Alte, als ihn ein lauter Schlag gegen das Tor aus seinen Gedanken riss.
Alarmiert kniff der Wächter die Augen zusammen. Das klang nicht, als würde jemand anklopfen. Das war ein dumpfer, ungewöhnlicher Schlag.
Als man ihn von hinten beim Schopf packte und eine kühle Klinge seine Kehle durchschnitt, ging alles so schnell, dass er kaum einen Schmerz verspürte. Bevor er die Augen schloss, blickte er noch ein letztes Mal auf und schaute ins Antlitz seines Mörders: O’Brien grinste ihn hämisch an.
Dieser alte Tölpel hatte nicht den geringsten Laut von sich gegeben, bevor er krepierte. Alles lief ganz nach Plan. Voll Spott betrachtete O’Brien das Tor. Mochte es auch noch so groß und mächtig sein, jetzt war es nutzlos. Endlich war der Augenblick gekommen, der ihn für all die Jahre der Enttäuschungen entschädigen würde.
Diese Stadt war der Inbegriff all dessen, was er geliebt und gleichzeitig zutiefst verabscheut hatte. Endlich würde er sich an den Männern rächen, die er über alles hasste. O’Fire und seine Freunde Goldmerry, Keepfit und Kook würden die Nacht nicht überleben.
Die Fackeln waren gelöscht und Spinn starrte in die Dunkelheit. Er konnte nicht schlafen. Dieser Ort wirkte noch sehr fremd auf ihn, und wenn er an all das dachte, was er an diesem Tag erfahren hatte, und daran, was ihm in den kommenden Tagen bevorstand, empfand er eine seltsame Unruhe. Er wälzte sich auf seinem unbequemen Nachtlager hin und her. Es war totenstill.
Sollte die Welt wirklich in Gefahr sein, dachte Spinn, dann gab es bestimmt nicht nur die Kräfte des Bösen. Sicher waren auch andere Kräfte im Spiel, die auf der Seite des Guten standen und die dazu Auserwählten in ihrem Kampf gegen den Schwarzen unterstützten.
Doch diese Gedanken konnten ihn nicht beruhigen. Immer wieder überkam ihn ein Frösteln, das ihn wach hielt, bis er schließlich das Gefühl hatte, eine Art dunkles, zottiges Wesen rühre sich in seinem Leib. Er wusste, dass er keine Ruhe finden würde.
Leise stand er auf, um sich in der Stadt ein wenig die Füße zu vertreten und auf andere Gedanken zu kommen. Tastend versuchte er sich im Dunkeln zu orientieren und fand schließlich den unterirdischen Gang, der in die Stadt führte.
O’Brien ließ einige Minuten verstreichen und beobachtete die schlafende Stadt. Er wollte sichergehen, dass niemand seine Pläne durchkreuzte. Doch alles blieb still.
Er wandte sich um und ging an dem leblosen Leib des Alten vorbei zum Tor. Kaum hatte er die Luke geöffnet, schlug ihm ein abscheulicher Gestank nach verwesendem Fleisch entgegen.
Er überwand seinen Ekel und
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