Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
auch der Gott der Gerechtigkeit, und obwohl Gerechtigkeit hart sein konnte, log sie nicht. Ebenso wenig wie ihr Schutzheiliger.
Mehr noch, Tomanâk hatte gar keinen Grund, ihn in eine Falle zu locken. Jetzt nicht mehr, jedenfalls. Denn der Gott hatte Recht gehabt. Bahzell hatte nur geglaubt, eine genaue Vorstellung von dem zu haben, was böse ist. Jetzt sah er die Verkörperung allen Bösen über den schlammigen Hügel auf sich zu kriechen und begriff, dass ihn der Kriegsgott offenbar besser kannte als er sich selbst. Bahzell Bahnakson konnte einen solchen widerwärtigen Schrecken nicht betrachten oder sich etwa vorstellen, wie es jemanden angriff, ohne dagegen zu kämpfen. Allein bei dem Anblick des Dämons drehte sich ihm der Magen um. Er löste ein derart scharfes Entsetzen ihn ihm aus, wie er es noch bei keinem sterblichen Feind je empfunden hatte. Es war nicht die Blutrunst, die ihn davon abhielt, sich umzudrehen und zu fliehen, und die seinen Widerstand stärkte. Es war eine Wut, die seine Furcht bei weitem übertraf. Eine Wut, die ihre Nahrung im Anblick dieser Verkörperung des Bösen fand, wie auch in dem Wissen, dass Bahzell geboren und erzogen worden war, um dagegen anzukämpfen. Jetzt endlich konnte er es akzeptieren.
»Einverstanden!«, brüllte er in den Wind. »Wenn du mich wirklich willst, kannst du mich bekommen!«
Er hob sein Schwert mit beiden Händen in die Luft, und der
Stahl blitzte wie ein Spiegel, als ein leuchtend blauer Blitz durch die Dunkelheit zuckte. Bahzell fühlte, da er in das Langschwert einschlug, wie die Klinge durch seine Arme in sein Herz drang. Und er fletschte die Zähne, als er das animalische Knurren der Blutrunst ausstieß.
»Bahzell, nicht!«, schrie Brandark. »Ich meinte doch nicht du allein, du Trottel!«
Die Blutklinge versuchte, den Freund am Harnisch festzuhalten, doch es war zu spät. Bahzell stürmte den Hügel hinunter auf das gepanzerte Monster zu, das seinen Namen brüllte, und stieß dabei einen neuen Schlachtruf aus.
»TOMANÂK!«
Der Dämon richtete sich auf vier seiner acht Beine auf, schlug mit den Flügeln und heulte beim Klang dieses Namens vor Wut. Zwei Vorderbeine spreizte er weit, und Bahzell wirkte trotz seiner gewaltigen Körpergröße wie ein Zwerg, als er geradewegs in diese tödliche Umarmung stürmte.
Brandark stieß einen verzweifelten Fluch aus und raste hinter Bahzell den Hügel hinunter, bis er mit einem knochenerschütternden Krachen gegen eine unsichtbare Barriere prallte. Er schwankte, behielt aber sein Gleichgewicht und schlug mit dem Schwert und der ganzen Wut seiner eigenen Blutrunst auf die Barriere ein. Doch sie gab nicht nach. Er konnte sie nicht überwinden, sondern blieb elend vor Entsetzen zurück und musste zuschauen, wie sein Freund den titanischen Feind allein angriff.
»BAHZELL!«, röhrte der Dämon und schlug mit krallenbewehrten Klauen zu, die dicker waren als Bahzells Arm. Der Pferdedieb wich ihnen mit einem schier unmöglichen akrobatischen Manöver aus und stürmte weiter auf ihn zu. Eine schleimüberzogene Klaue fegte über seinen Schuppenpanzer und riss einige Metallplatten ab. Bahzell ließ sein Schwert mit beiden Händen hinuntersausen. Es drang wie Stahl durch eine Lawine, und ein blendend blaues Licht blitzte auf, als die Klinge Hornpanzer und Fleisch zerfetzte und säurehaltiges Blut aufspritzte. Das Monster kreischte und riss sein versehrtes Glied zurück, als hätte es
sich verbrannt, rammte jedoch Bahzell sein anderes Bein in den Rücken.
Die Wucht des Aufpralls riss ihn von den Füßen. Er schlug hart zu Boden und rutschte auf dem Bauch durch die schlammige Asche des uralten Waldbrandes. Aber irgendwie gelang es ihm, sein Schwert festzuhalten. Er drehte sich herum und verlangsamte seine Rutschpartie, rollte sich schließlich auf die Knie und fand sich unter dem Bauch des Dämons wieder. Er schwebte weit über ihm und war mit dicken, schwarzen Schuppen gepanzert. Das Monster warf den Kopf herum und suchte heulend nach seiner Beute.
Bahzell Bahnakson spürte keine Angst mehr. Die Blutrunst tobte in ihm, aber da war noch etwas anderes. Etwas Schreckliches, ebenso gleißend, aber noch viel heißer, eine fokussierte Zielstrebigkeit, eine absolute Konzentration, die sich mit der Blutrunst vermischte. Sie fächerte sie auf, ließ sie höher lodern, umhüllte ihn darin und trieb ihn an.
Brandark tastete sich an der unsichtbaren Barriere entlang und sah fassungslos zu, wie Bahzell unter dem Bauch des Dämons
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