Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
kontrollieren konnten. Es war ihnen strikt verboten, sich in den Handel zu mischen. Mehr als ein Fischerdorf war von den Landungstruppen der Handelsbarone und von ihren Kriegsschiffen niedergebrannt worden, falls die Barone seine Einwohner auch nur des Schmuggels verdächtigten. Ironischerweise war deshalb die lang gestreckte Küste eines Landes, dessen ungeheuerer Wohlstand auf dem Seehandel beruhte, beinahe vollkommen menschenleer.
Beinahe, aber nicht ganz. Der Mond stand hoch im Westen, als Bahzell ein kleines Kap umrundete und plötzlich vor einem größeren Dorf stand. Nur wenige Lampen brannten in den Häusern und am Wasser, und er betrachtete nachdenklich die Fischerboote, die an den Strand gezogen worden waren oder an den baufälligen Kais dümpelten.
Seine Tiere schnaubten dankbar, als er sich hinhockte und seine Möglichkeiten abwog. Es schien verlockend, aber nach einer Weile schüttelte er den Kopf. Er war zwar kein Seemann, doch diese Boote wirkten selbst auf eine Landratte wie Nussschalen. Die meisten waren kaum mehr als aufgetakelte Ruderboote, oder kleine Einmastsegler. Nein, er brauchte etwas Größeres, das für offenes Wasser geeignet war. Allerdings war dieses Dorf dennoch nicht gänzlich nutzlos für ihn.
Er führte das Pferd und das Muli landeinwärts und sah sich aufmerksam im Dunkeln um. Selbst wenn es ein Fischerdorf war, mussten sie doch irgendwo …
Er grinste, als er die kleine, von einer Steinmauer umringte Weide fand, auf der vielleicht ein Dutzend Kühe und Ponys standen, und ging zu dem Tor, das in die niedrige Mauer eingelassen war. Nicht einmal Hundegebell störte die ruhige Nacht, als er das Tor leise öffnete und seine Tiere auf die Weide führte. Sie blieben einen Augenblick lang unschlüssig stehen, sahen ihn neugierig an, schüttelten dann ihre Köpfe, und näherten sich vorsichtig den anderen Bewohnern der Weide. Bahzell lachte leise, als er das Tor hinter ihnen schloss.
Er müsste sich schon sehr täuschen, wenn der Besitzer dieser Weide nicht tunlichst davon absähe, diesen unverhofften Nachwuchs
von zwei großen, gesunden und ziemlich wertvollen Tieren irgendjemandem zu melden. Vermutlich würde er sich sogar bemühen, diese unerwarteten Geschenke gut zu verstecken, was Bahzell ausgezeichnet entgegenkam. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass er es den Bütteln meldete, war Bahzell längst unterwegs, wenn sie herausfanden, von wem sie stammten. Er fühlte sich besser, wenn er die Tiere in jemandes Obhut ließ, denn sie hatten Brandark und ihm gut gedient. Es hätte ihm nicht gefallen, sie einfach auszusetzen.
Er ging weiter und kam jetzt – der Tiere ledig – deutlich schneller voran. Er trabte an zwei weiteren Dörfern vorbei, deren Lage wohl darauf hindeutete, dass er sich seinem Ziel allmählich näherte, und der Mond stand immer noch hoch über dem Horizont, als er schließlich dämmriges Licht vor sich sah, das von hohen Mauern herunterleuchtete.
Bortalik schlummerte friedlich im Mondlicht. Bahzell trabte zu einem felsigen Küstenabschnitt, lehnte sich an einen hohen Felsbrocken und ruhte sich ein wenig aus, während er über die breite Bucht von Bortalik auf die schlafende Stadt sah. Wachlichter tupften die äußere Ringmauer und die zahllosen Wachtürme, die sie in regelmäßigen Abständen unterbrachen, und an den Kais, die ihren Fuß säumten, verbreiteten noch mehr Lampen einen dunstigen Schimmer. Selbst um diese Nachtzeit herrschte rege Betriebsamkeit am Hafen. Die Masten und auch die Takelage der Schiffe hoben sich wie ein dunkel wogender Schleier aus Spitzenklöpplerei gegen das Licht ab. Andere Schiffe ankerten verstreut in der Bucht oder lagen an Bojen, und Bahzell staunte unwillkürlich über die Größe dieser Hafenstadt.
Die nördlichen Hradani wussten genauso wenig über die Roten Lords, wie diese über sie, aber sie hatten von der Bucht von Bortalik zumindest gehört, und Zarantha und Tothas hatten ihm viel darüber erzählt. Bortalik war die unumschränkte Herrscherin der südlichen Küste und fest entschlossen, es auch zu bleiben. Die gewaltige Bucht war nicht nur ein ausgezeichneter natürlicher Ankerplatz, von hier aus kontrollierte man auch das gesamte Mündungsdelta des Speerflusses und jeden seiner Seitenarme.
Diesen Vorteil nutzten die Roten Lords rücksichtslos aus, und die Macht, die ihnen das verlieh, wurde deutlich, als Bahzell ihre Stadt betrachtete.
Nach einem Moment riss er sich von dem Anblick der Stadtmauern los und
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