Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
Kraft, um mir jetzt auch noch was Besseres auszudenken.«
»Und ich dachte immer, du wärst so ein kluges Kerlchen!« Bahzell führte die Tiere an das Ufer der Insel, bis in die Brandung. Das Wasser lief ihm in seine ausgetretenen, löchrigen Stiefel, doch er beachtete es gar nicht. Seine Füße waren ohnehin noch feucht von seinem Marsch zu der Insel, und er wollte keine sichtbaren Spuren am landeinwärts gerichteten Ufer der Insel hinterlassen.
»Du wirst es nicht schaffen, nicht alleine«, bemerkte Brandark ernsthafter.
»Ich glaube, da irrst du dich. Außerdem brauchen wir uns darüber nicht den Kopf zu zerbrechen. Wir haben so gut wie keine Chance, ihnen zu Fuß zu entgehen, und diese List werden sie nicht erwarten.«
»Das zeigt nur, dass sie erheblich klüger sind als du!«, knurrte Brandark, der immer noch nicht von seiner Balalaika aufblickte.
»Das mag sein«, stimmte ihm Bahzell zu und lauschte dem gurgelnden Atem des Meeres, »aber klug oder nicht, ich muss jetzt los. Schlaf du nur nicht ein!«
»Mach dir um mich keine Sorgen, du Verrückter! Pass lieber auf deinen Hintern auf und …«, jetzt sah Brandark endlich hoch. Sein Blick war ungewohnt ernst. »Viel Glück.«
Bahzell nickte, hob eine Hand, winkte knapp und watete dann in die Brandung hinaus.
Es war Niedrigwasser, als sie zur Insel gegangen waren. Als Bahzell das Festland wieder betrat, rollten die Wellen der Flut zischend an den Strand. Der Vollmond tauchte den Sand in silbriges Licht, und Bahzell schaute sich zufrieden um, während er die ungesattelten Tiere aus dem Wasser führte. Ihre früheren Spuren waren bereits von dem Wasser verwaschen worden, und nichts verriet, dass sie zu der Insel abgebogen waren. Er ging mehr als eine Meile zwischen Brandung und Flutmarke entlang, bevor er weiter nach oben stieg. Falls ein Spurensucher seine Fährte an der Küste verfolgte, würde er genau das finden, was er sollte. Die Spuren von Stiefeln, einem Pferd und einem Maultier. Nichts würde ihren Verfolgern verraten, dass ihre Beute nicht mehr länger vor ihnen weglief. Er hoffte zwar, dass überhaupt niemand diese Spuren sah, aber wenn doch, so befand sich Brandark wenigstens in Sicherheit. Außerdem hatte er ihren restlichen Proviant bei der Blutklinge gelassen. Sie dürften seinen Freund eine Woche am Leben erhalten, wenn er sich die Wasservorräte umsichtig einteilte. Bis dahin sollten die Verfolger längst weitergezogen sein. Und Brandarks verletztes Bein müsste ebenfalls so weit heilen, dass er eine ausgezeichnete Chance hatte, es allein bis ins Reich des Speeres zu schaffen.
Allerdings gab es keinen Grund, dass Brandark das überhaupt tun musste, jedenfalls nicht, wenn Bahzells Plan glückte.
Er trieb die Tiere über den Strand in den Windschatten der
hohen Dünen, damit sich seine Silhouette nicht gegen das Meer abhob, und lief dann nach Osten.
Bahzell war vielleicht ein Werst weit gekommen, als er den Kopf hob und die Stirn runzelte. Er spitzte die Ohren und versuchte, das Geräusch zu erkennen, das er selbst über dem dumpfen Rauschen der Brandung gehört hatte, und blinzelte ungläubig. Der hohe, schrille Schrei des Jagdfalken ertönte erneut, und Bahzell verfolgte staunend, wie ein schwarzer Umriss über den sternenübersäten Himmel glitt.
Einen Augenblick lang zuckte kalte Furcht in ihm hoch. Es war völlig unmöglich, dass ein Falke so spät in der Nacht jagte, und noch unwahrscheinlicher war es, dass sich ein solches Tier ausgerechnet auf ihn herabstürzte, als würde es von einem Magneten angezogen. Es war höchst unnatürlich, und Bahzells Instinkte schlugen Alarm, doch ein stärkerer Reflex veranlasste ihn, seinen Arm hochzureißen und sein Gesicht zu schützen, als der mit einem scharfen Schnabel und ebenso scharfen Klauen bewehrte Raubvogel gezielt auf ihn herabschoss. Er spannte die Muskeln an, um sich dem Angriff dieser mächtigen Krallen zu erwehren, doch er blieb aus. Stattdessen umfassten diese tödlichen Krallen mit unglaublicher Zartheit sein Handgelenk, als sich der Vogel auf seinem Arm niederließ.
Bahzell stieß seine Anspannung mit einem zischenden Atemzug aus, war jedoch keineswegs erleichtert. Vorsichtig ließ er den Arm sinken und hielt ihn weit von sich weg. Der Raubvogel breitete die Schwingen aus, um das Gleichgewicht auf seinem Handgelenk zu halten. Dann neigte er den schlanken Kopf zur Seite, und in seinen kleinen, runden Augen spiegelte sich das Mondlicht. Bahzell schluckte. Er trug keinen
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