Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
Falknerhandschuh, der Vogel aber hielt sich so behutsam fest, dass er auch keinen benötigte, und öffnete plötzlich den Schnabel.
»Sei gegrüßt, Bahzell.« Der Pferdedieb fuhr heftig zusammen und legte die Ohren an, blieb jedoch regungslos stehen, denn er erkannte die Stimme, die aus dem gebogenen Schnabel des Tieres kam. Sie gehörte Zarantha! Er glotzte den Falken wie ein
Trottel an, riss sich jedoch zusammen und wollte gerade antworten. Dazu kam er jedoch nicht.
»Ich habe Wencit um einen Gefallen gebeten«, fuhr Zaranthas Stimme fort. »Vater hat eingewilligt, seinen kostbarsten Falken dafür herzugeben. Wencit hat zwar versprochen, dich zu finden, leider kann jedoch nicht einmal er garantieren, dass der Vogel anschließend auch wieder nach Hause zurückkehrt. Das hat Vater zunächst zwar ein wenig aufgeregt, aber er denkt wohl, dass es ein paar Opfer wert ist, seine Tochter wohlbehalten in die Arme schließen zu dürfen.«
Unwillkürlich grinste Bahzell, als er den vertrauten Übermut in Zaranthas Stimme erkannte. Den er umso lieber hörte, da er sich an ihren blassen, traurigen Gesichtsausdruck am Morgen ihres Abschiedes erinnerte. Der Falke schlug mit den Flügeln und trat von einem Fuß auf den anderen, als wollte er in sein Lachen einstimmen.
»Jedenfalls hat mich Wencit sicher nach Hause geleitet, teurer Freund«, fuhr Zarantha ernsthafter fort. »Er hat seinen Grammerhain befragt und vermutet, dass du und Brandark uns nicht besuchen könnt, jedenfalls nicht so bald. Deshalb wollte ich dir mitteilen, dass du dir keine Sorgen mehr um mich zu machen brauchst. Ich habe ebenfalls Kunde von Tothas und Rekah. Es geht ihnen gut. Sie sollten in einigen Wochen zu Hause eintreffen. Danke, mein Freund. Ich danke dir aus tiefstem Herzen. Sollten wir uns niemals wiedersehen, dann wisse, dass ich nie vergessen werde, was ihr – du und Brandark – für uns getan habt.«
Die Stimme verstummte, dann sprach jemand anders weiter. Es war die tiefe, gemessene Stimme eines Mannes.
»Ich verstehe nur wenig von Zauberei, Bahzell Bahnakson, aber falls sich Wencit nicht irrt und Ihr diese Botschaft tatsächlich vernehmt, dann wisset, dass Caswal von Jahsân auf ewig in Eurer Schuld steht. Ich wiederhole die Einladung meiner Tochter und bitte Euch, uns zu besuchen, falls Euch das jemals möglich sein sollte. Ich nenne Euch Bahzell und Brandark von Jashân, vom Stamme der Jashân. Sollten ich oder irgendjemand
aus Jashân Euch jemals zu Diensten sein können, lasst es uns wissen. Falls die Götter jedoch entscheiden, dass wir uns niemals treffen, dann sollt Ihr wissen, dass Ihr, wohin Ihr auch geht, Blut von unserem Blut und Fleisch von unserem Fleische seid, meine Freunde.«
Herzog Jashâns Stimme verstummte, und der Vogel hockte einen Augenblick lang regungslos auf Bahzells Handgelenk, während er ihn anstarrte. Dann sprach wieder Zarantha. Ihre Stimme klang sehr leise.
»Damit ist unsere Reise an ihr Ende gelangt, Freunde und Brüder. Mein Leben und das Leben derjenigen, die mir teuer sind, sind ein Geschenk von euch, und ich gebe euch jetzt das Einzige, was ich euch über diese Ferne zwischen uns geben kann: meine Liebe. Möge sie euch immerzu begleiten und mögen die Götter des Lichts euch beschützen und behüten, wie ihr mich beschützt und behütet habt. Lebwohl, Bahzell Bahnakson, Prinz von Hurgrum. Lebwohl, Brandark. Vergesst uns nicht.«
Bahzell brannten plötzlich Tränen in den Augen. Er vertrieb sie mit einem kurzen Blinzeln. Der Falke saß still auf seinem Handgelenk und schaute ihn immer noch starr an. Bahzell holte tief Luft.
»Lebwohl, Zarantha von Jashân«, flüsterte er. Der Falke warf den Kopf zurück, stieß einen schrillen Schrei aus und schoss davon wie ein Pfeil, der von einer Sehne schnellte. Er verschwand zwischen den Sternen und nur das Seufzen des Windes und das Rauschen der Brandung erfüllten die Nacht.
Bahzell brauchte länger, als er erwartet hatte, aber seine Reise verlief ohne weitere Zwischenfälle, denn es gab nur wenig nennenswerte Ankerplätze zwischen der Bucht von Falan und der von Bortalik. Die Handelsbarone, die die Stadt Bortalik regierten, verstanden ihre Stellung zu schützen und duldeten keine anderen Hafenstädte an ihrer Küste. Selbst Fischerdörfer waren höchst selten und konnten nur mit Duldung der Händler existieren. Bortalik erlaubte solche Siedlungen ausschließlich innerhalb von wenigen Werst Entfernung zur Stadt, wo die Agenten
der Händler sie
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