Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
gellte ein Schmerzensschrei auf. Er kam von einem Mann, nicht von einer Frau, und die Männerstimmen wurden sofort hässlicher und niederträchtiger. Der Pferdedieb riss seinen Blick von den Wolken los und stieß einen deftigen Fluch aus. Er befand sich nicht einmal in einem Hradani-Land, und er hatte lange genug unter den Menschenrassen gelebt, um zu wissen, dass Vergewaltigungen bei den so genannten »zivilisierteren« Rassen ein weit verbreiteteres Verbrechen war, als selbst der primitivste Hradani-Stamm es geduldet hätte. Wenn sie nichts dagegen unternehmen wollten, ging es ihn ganz bestimmt nichts an. Und bei der Frau handelte es sich vermutlich nur um eine Hure, die auf diesen elenden Straßen anschaffen ging.
Noch während er mit sich rang, hörte er schnelle, leichte Schritte, als würde die Frau fliehen, und dann das schwere Trampeln ihrer Verfolger. Wieder schrie jemand, doch diesmal war es eine weibliche Stimme. Bahzell Bahnakson stieß einen letzten, verzweifelten Fluch über seine eigene, unbesiegbare Dummheit aus und setzte sich in Bewegung.
Jemand hob erschreckt den Kopf, als der Hradani plötzlich aus der Nacht auftauchte. Dämmrige Lichtfetzen drangen durch den Laden eines erleuchteten Fensters hoch oben in einer Hauswand und warfen blasse Flecken von Helligkeit in die schattige Gasse. Bahzell fluchte erneut, als er erkannte, dass er es mit mindestens einem Dutzend Widersachern – wenn nicht sogar mehr – zu tun hatte. Drei von ihnen hielten eine um sich tretende, kratzende und fauchende Wildkatze direkt unter dem Fenster fest. Noch während Bahzell um die Ecke bog, hörte er das Reißen von Stoff, einen melodischen Sopran, der eine ziemlich derbe Verwünschung ausstieß, der ein heiseres Lachen antwortete. Er verlor keine Zeit.
Der erste Mann schaffte es noch, einen erstickten Schrei auszustoßen, als enorme Hände nach ihm griffen. Dann krachte er mit dem Kopf voran gegen die Wand der Gasse und sackte an ihr herunter, während seine Gefährten verblüfft herumfuhren. Messer
funkelten, aber Bahzell trug seinen Schuppenpanzer und wollte außerdem vermeiden, Tote zurückzulassen. Die Behörden würden einen Hradani vermutlich eher hängen, als ihm dafür danken, dass er die doch etwas fragwürdige Tugend einer Hure verteidigt hatte. Wütend über diese Ungerechtigkeit schmetterte Bhazell seine Faust in das Gesicht des nächsten Angreifers.
Sein Opfer segelte zurück und riss dabei drei Kumpane mit sich zu Boden, während sich der Nächste auf Bahzell stürzte. Vielleicht wollte er auch nur an dem Hradani vorbeilaufen und fliehen oder hatte möglicherweise, als er losrannte, nicht bemerkt, wie groß der Pferdedieb war, jedenfalls rutschten seine Sohlen über das Pflaster, als ihm klar wurde, dass er ganz allein gegen den Hünen stand und im letzten Moment seine Meinung änderte. Es war aber zu spät. Bahzell packte sein rechtes Handgelenk und drehte es zur Seite. Ein Messer fiel klirrend auf das Pflaster, und der Mann schrie, erst vor Schmerz und dann aus blanker Panik, als er am Handgelenk vom Boden hochgehoben wurde. Ein schuppenhemdbewehrter Ellbogen zuckte hoch, Knochen splitterten hörbar – und der Schrei verstummte wie von einem Fallbeil gekappt. Bahzell ließ den einen Mann fallen und griff den nächsten an.
Ein Messer zuckte über seinen Handrücken, es war jedoch nur eine oberflächliche Fleischwunde. Er brüllte wütend, während er die andere Faust wie einen Schmiedehammer auf den Schädel des Messerstechers hinunterdonnern ließ, der seinem bewusstlosen Kumpan auf dem Pflaster Gesellschaft leistete. Und eine Bassstimme, die Verwünschungen ausstieß, schlug in ein kreischendes Falsett um, als der Fluch in einem Schrei endete. Doch diese Geräusche kamen von der anderen Seite der Bande, und Bahzell hatte keine Zeit, lange nachzudenken, was da wohl los sein mochte, denn in diesem Augenblick glitt das Messer an den Rückenschuppen seines Panzers ab. Der Mann zog es hastig zurück und stieß dann erneut zu, diesmal von unten. Die schlanke, dünne Klinge hätte zweifellos einen Spalt zwischen den Schuppen gefunden, aber sie schwebte eine Sekunde lang wie zögernd in der Luft, lange genug für Bahzell. Er packte zu, erwischte
eine Hand voll Stoff in seiner Faust und riss die darin gekleidete Gestalt mit einem Ruck hoch. Sein Angreifer schrie gellend, während er armrudernd vorwärtssegelte. Sein Flug endete abrupt auf dem Pflaster der Gasse, auf dem er mit dem Hinterkopf landete und
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