Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
Ruhe zu lassen. Vor allem Bahzell brauchte nur wenige Arme zu brechen und Schultergelenke auszukugeln, um diese Neuigkeiten zu verbreiten. Brandark dagegen musste sich etwas mehr Mühe geben. Mit seiner Balalaika und seiner dandyhaften Manier wirkte er weniger bedrohlich.
Nachdem er jedoch eines Nachts vier kräftige Hafenarbeiter der Reihe nach durch ein Fenster im zweiten Stock der Kaschemme geworfen hatte, dämmerte ihren Kameraden die Erkenntnis, dass es wohl gesünder wäre, auch um ihn einen Bogen zu machen.
Natürlich schloss die Stadtwache sie wegen dieser Vorfälle nicht gerade ins Herz, und außer ihren anderen Problemen hatten sie jetzt noch mit dem unerfreulichen Ruch offiziellen Missfallens zu kämpfen. Alles in allem war Riverside nicht gerade eine Stadt, mit der sie warm wurden, nur leider war es überhaupt nicht einfach, eine Möglichkeit zu finden, sie schleunigst hinter sich zu lassen.
Der Sold, den ihnen Kilthan gezahlt hatte, und der Rest von Bahzells Börse hielt sie für eine Weile über Wasser, vor allem bei den Preisen, die man für ihre trostlose Unterkunft verlangen konnte. Aber trotzdem reichte es bei weitem nicht, um in Riverside zu überwintern. Und sie würden auch nicht weit kommen, wenn sie sich einfach auf den Weg machten. Auf lange Sicht mussten sie arbeiten, wenn sie essen wollten, doch selbst mit Kilthans Empfehlungsschreiben gab es für Hradani in Riverside wenig zu tun. Jedenfalls nicht auf der richtigen Seite des Gesetzes. Und die Kriminellen gaben sehr schnell auf, sie zu rekrutieren.
Sie hätten Kilthans Empfehlungsschreiben gern benutzt, um sich bei einer anderen Karawane zu verdingen, wenn diese Möglichkeit bestanden hätte. Aber der Herbst hatte sie eingeholt. Norfressa richtete sich auf den Winter ein, und keiner war willens, im Winter zu reisen. Was es noch dringender für die beiden machte, Geld zu verdienen, um die eisigen Monate zu überstehen, die vor ihnen lagen. Aber die Tage dehnten sich zu einer Woche, zu zwei Wochen, schließlich zu drei Wochen, und die Nächte wurden kälter, bis ihnen dämmerte, dass sie keine Wahl hatten. Wenn sie hier nichts bewerkstelligen konnten, mussten sie weiterziehen und ihr Glück woanders versuchen. Außerdem kehrten Bahzells Träume zurück. Seine Erinnerungen daran waren so fragmentarisch und verwirrend wie zuvor, nur noch viel
bestürzender, und dem Pferdedieb brannte allmählich der Boden unter den Füßen.
Es war eine mondlose, stockfinstere, windige und kalte Nacht. Wolken, die gerade so dicht waren, dass sie die Sterne verbargen, aber nicht dicht genug, um die Kälte abzuhalten, lasteten wie eine ungeheure Hand über Riverside und tauchten die Schatten in eine noch finsterere, fast schon spürbare Schwärze. In diesem Stadtviertel hatte man an der Straßenbeleuchtung gespart und nur gelegentlich erhellten privat unterhaltene Brennöfen vor Spielhallen oder Bordellen das Dunkel. Bahzell ging in gereizter Stimmung die schäbige, schmale Straße entlang. Er hatte eine Tagelöhnerarbeit als Rausschmeißer gefunden, aber damit war es jetzt zu Ende. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wer dieser von Krahana verfluchte Trottel gewesen war, oder warum er versucht hatte, ihm ein Messer in den Rücken zu rammen. Und das würde auch niemand mehr herausfinden. Die Stadtwache verirrte sich selten in den »Löchrigen Eimer« und der Wirt schien auch nicht sonderlich geneigt gewesen zu sein, sie zu rufen, als Bahzells Angreifer mit gebrochenem Rückgrat im Sägemehl landete. Aber der Halbling, dem die Bar gehörte, wollte danach auf Bahzells Dienste verzichten. Also marschierte er jetzt mit nichts als ein paar kümmerlichen Silberlingen in der Börse zu Brandark zurück und …
Er blieb auf der schattigen Gasse stehen und spitzte die Ohren, als er vor sich ein Geräusch hörte. Dann presste er die Kiefer zusammen.
Langsam ließ er die Ohren wieder sinken, und ein schweres Gefühl von Widerwillen senkte sich über ihn, als er die dunklen Männerstimmen und die hellere, etwas atemlosere Frauenstimme hörte, die vergeblich versuchte, ihre Furcht zu verbergen. Sie kamen aus einer Gasse vor ihm, und er hob den Kopf und starrte in den wolkenverhangenen Himmel hinauf.
»Warum immer ich, verdammt?«, verlangte er von niemandem im Besonderen zu wissen. »Warum bei Fiendarks Frevel muss es immer mich treffen?«
Die Wolken hüllten sich in Schweigen, was er mit einem bösen Grollen quittierte. Die Stimmen wurden lauter, und plötzlich
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